„Schutzengel“: Til Schweiger fernab der Komödien-Front

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Bild: © Romolo Tavani - Fotolia.com
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Charmant, witzig, gelegentlich auch tollpatschig und gut aussehend – das macht die klassische Schweiger-Rolle im Grunde aus. Doch in „Schutzengel“ will sich der deutsche Mime als Elitesoldat von einer ganz anderen Seite zeigen. Wie bei seinen Filmen mittlerweile üblich, ist auch eine seiner Töchter wieder mit von der Partie.

Til Schweiger wechselt das Genre: Nach romantischen Komödien wie „Keinohrhasen“, „Zweiohrküken“ und „Kokowääh“ greift er zur Waffe. Und die Kugeln fliegen in „Schutzengel“ reichlich. Schweiger belässt es nicht dabei, Auseinandersetzungen nur anzudeuten. Nein, es werden Salven aus halbautomatischen Waffen abgefeuert, bis die Fliesen von der Wand fallen, bis sich Couch-Garnituren in eine Wolke aus Federn und Bröseln aufgelöst haben. Da ist er wieder, der knallharte Kämpfer, der echte Kerl, den der 48-Jährige so gerne gibt. Neben jeder Menge Action setzt er aber auch wie bisher auf Emotionen und Humor.
 
Hauptfigur des Films ist Max, ein ehemaliger Elitesoldat (Schweiger), der jetzt in einem Schutzprogramm für die Sicherheit der Zeugen sorgen soll, die in einem Prozess aussagen werden. Die Vollwaise Nina, 15 Jahre alt, hat miterlebt, wie ihr Freund mitten in Berlin erschossen wurde. In letzter Sekunde schafft es Max, sie vor einem Killerkommando in Sicherheit zu bringen. Sie tauchen unter. Der Gegner, mit dem sich Max anlegt, ist mächtig: Waffenhändler Backer hat Verbindungen bis ganz nach oben im Polizei- und Justizapparat.
 
Max muss sich alleine durchschlagen, nur unterstützt von seinem besten Freund Rudi (Moritz Bleibtreu), mit dem er als Soldat in Afghanistan war. Rudi mussten nach einer Minen-Explosion beide Beine amputiert werden. Langsam fasst die traumatisierte Nina, gespielt von Til Schweigers Tochter Luna, Vertrauen zu den beiden.
 
Rudi punktet mit seiner offenen, humorvollen Art sofort bei ihr, dadurch öffnet sie sich auch gegenüber dem eher wortkargen Max. Der Ex-KSK-Kämpfer wird langsam, aber sicher zum Ersatz-Vater für Nina. Und dann ist da noch Sara, die Ex-Freundin von Max. Als Staatsanwältin ist sie mit dem Fall der Untergetauchten befasst, fühlt sich aber noch immer zu dem charismatischen Ex-Soldaten hingezogen.

Drehbuchautor, Produzent, Regisseur und Hauptdarsteller Schweiger setzt dabei auf die bewährten Elemente seiner bisherigen Arbeiten: Humor und Zwischenmenschliches. Trotz aufwendig inszenierter Schießereien und Explosionen ist „Schutzengel“ kein echter Action-Film. Es scheint so, als habe Schweiger Angst, seine Fans durch zu harte Action zu verschrecken. Der Patronenverbrauch ist zwar immens, doch gerade dadurch wirken manche Szenen unfreiwillig komisch: Es hat etwas von einer Action-Persiflage, wenn ein Dutzend schwerbewaffnete Waffenmänner eine völlig frei auf einer Wiese stehende Scheune unter Beschuss nehmen, Max sie aber alle erledigt.
 
Man muss Schweiger zugutehalten, dass er thematisiert, wie sich Soldaten fühlen, die Frauen und Kinder alleine lassen, um in den Krieg zu ziehen. Doch wirklich tiefgehend will oder kann er sich nicht damit auseinandersetzen. Als im Film die Waffen kurz schweigen, sprechen Max und Nina darüber, wie es ist im Krieg, wie es sich anfühlt, jemanden zu töten. Wirklich nahe geht das leider nicht, der Zuschauer bleibt ratlos zurück.
 
Fest steht in jedem Fall: Diejenigen, die seine bisherigen Werke als Klamauk und Kitsch geschmäht haben, wird Schweiger auch mit seinem neuen Werk nicht begeistern können. Etwas mehr Risikofreude, existenzielle Fragen wirklich in den Mittelpunkt zu stellen, hätte sich hier ausgezahlt. Herausgekommen ist ein Unterhaltungsfilm, der es aber nicht schafft, den Zuschauer wirklich zu fesseln – es ist zu vorhersehbar, wie er ausgeht.
 
Von der Besetzung her kann man Schweiger keine Fehler vorwerfen. Es macht Spaß, Luna Schweiger zuzusehen, wie sie den Teenie spielt, der langsam Selbstbewusstsein tankt. Moritz Bleibtreu liefert als impulsiver Kriegsversehrter eine rundum gelungene Vorstellung ab, Karoline Schuch überzeugt als von Gewissensbissen geplagte Staatsdienerin. In weiteren Rollen sind unter anderem Heiner Lauterbach, Herbert Knaup und Hannah Herzsprung zu sehen. Kurzauftritte haben prominente Fernsehgesichter wie Frank Plasberg und Matthias Fornoff. Mathias Döpfner, Chef des Verlagshauses Axel Springer, sieht man für wenige Sekunden als Chirurgen im OP.
 
Nach dem Ausflug ins Action-Genre will Schweiger übrigens die Zuschauer wieder mit einer Komödie ins Kino locken: „Kokowääh 2“ soll lustige Einblicke in eine Patchworkfamilie bieten. Momentan wird gedreht, im Februar 2013 soll das Werk in die Kinos kommen.Kinokritiken im Überblick
[Dirk Steinmetz/fm]

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