Selbstmordattentate und Korruption beim neuen Wiener „Tatort“

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Bild: Destina - Fotolia.com
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Zwischen den Fronten politischer Machtspiele: Nach einem Selbstmordattentat auf einer Konferenz der Vereinten Nationen nehmen die Wiener „Tatort“-Kommissare ihre Arbeit auf – und müssen dabei schnell feststellen, dass ihnen von offizieller Seite Steine in den Weg gelegt werden.

Ein kleines Trüppchen treuer Kollegen auf einem Parkplatz ist alles, war Kommissar Moritz Eisner (Harald Krassnitzer) geblieben ist. Seine persönliche „Task Force“, denn offiziell ist sein 29. Fall längst abgeschlossen. „Ich find‘ das herrlich, ich find‘ das unglaublich – ich weiß gar nicht war ich sagen soll“, sagt er mit gebrochener Stimme. „Du bist ja richtig gerührt“, stellt seine Assistentin Bibi Fellner (Adele Neuhauser) fest.
 
In dieser Szene gegen Ende des neuen Wiener „Tatort“-Krimis „Zwischen den Fronten“ ist längst klar, was sich von Anfang an andeutet: Der grummelige Chefinspektor und seine unkonventionelle Assistentin ermitteln diesmal teils ohne Auftrag allein gegen den Rest der Welt – oder zumindest gegen das etablierte Österreich.
 
Die Geschichte ist an diesem Sonntag (20.15 Uhr) in der ARD zu sehen. Ein gelungenes und spannungsgeladenes Fest für Verschwörungstheoretiker – gäbe es nicht Bezüge zur politischen Lage in Österreich, die das Ganze dann doch nicht völlig unwahrscheinlich wirken lassen. Drehbuchautorin Verena Kurth und Regisseur Harald Sicheritz verzichten weitgehend auf imperial-schnörkelige Wien-Romantik, sondern stellen Hierarchie-Gläubigkeit und skrupellose „Freunderlwirtschaft“ in kalten Büroräumen und Neubauten aus.
 
Am Anfang steht ein Bombenanschlag auf eine Konferenz der Vereinten Nationen in Wien: Der irakischstämmige Online-Aktivist Kásim Bagdadi (Samy Hassan) sprengt sich mit seinem Wagen selbst in die Luft reißt einen Polizisten mit in den Tod. Alles deutet zunächst auf ein Selbstmordattentat mit islamistischem Hintergrund hin, auch wenn das die Mutter des jungen Mannes auf keinen Fall glauben will. Scheinbar zufällig soll bald darauf ein neues Sicherheitsgesetz im Parlament beschlossen werden, was der Anschlag nun dringend notwendig erscheinen lässt.

Das Bundesamt für Verfassungsschutz (BVT) nimmt sich mit seinem schleimig-ambitionierten Leiter Mag. Fred Michalski – gespielt vom österreichischen Kabarettisten Alfred Dorfer – dem Fall an. Chefin der Spezialeinheit ist die bis zur Grenze der Karikatur eiskalte Majorin Melanie Warig (Susanne Wuest), die Eisner und Fellner zum bloßen Beiwerk degradiert.
 
Als beide merken, dass ihnen wichtige Informationen vorenthalten werden und eine weitere schnell als Selbstmörder deklarierte Leiche auftaucht und wieder verschwindet, sind sie sich nichts mehr sicher: Warum wollen alle den Fall so schnell wie möglich abschließen? Was hat die schöne Tochter des amerikanischen Konferenzleiters und Ex-Freundin des vermeintlichen Attentäters mit dem Ganzen zu tun? Wem ist noch zu trauen und werden sie möglicherweise abgehört? Auf eigene Faust ermitteln beide weiter und stoßen auf einen rechten Geheimbund mit tausenden Mitgliedern und besten politischen Verbindungen.
 
Inspiriert ist der „Tatort“ klar von den zahlreichen österreichischen Korruptionsskandalen, die momentan aufgearbeitet werden. Auch die von der rechten Partei FPÖ stets vorangetriebene Islam-Hetze findet sich wieder. Demnach ist für den Kabarettisten Dorfer die Verschwörungsgeschichte „nicht nur eine Milieustudie, sondern ein ziemlich realistischer Befund“, wie er der österreichischen Nachrichtenagentur APA bei den Dreharbeiten sagte. Haben Eisner und Fellner da eine Chance, den Filz aufzudecken?

[Miriam Bandar/fm]

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8 Kommentare im Forum

  1. AW: Selbstmordattentate und Korruption beim neuen Wiener "Tatort" Es war, meiner Meinung nach, wieder ein spannender Tatort!
  2. AW: Selbstmordattentate und Korruption beim neuen Wiener "Tatort" Ich fand den Tatort auch gut, auch wenn manchmal etwas diletantisch vorgegangen wurde. Allein die Thematik, die ja allgegenwärtig ist, fand ich schon gut. Vielleicht öffnet das ja auch dem ein oder anderen in unserem Land ein bisschen die Augen, wenn nach immer mehr Überwachung geschrien wird. Was ist denn nun aus der Sache in Bonn geworden? Danach kräht mittlerweile kein Hahn mehr.
  3. AW: Selbstmordattentate und Korruption beim neuen Wiener "Tatort" ... toll was so ein Tatort kann. Mir war bereits am Anfang klar, wo der Hase herläuft. Da es bei uns ähnlich läuft, konnte man es schon fast für ein Doku-Drama halten. Es war spannend und lustig zugleich. Da verzichte ich gerne auf Kölner und Berliner Meckerfritzen, Stinkstifel und Kammerspieler.
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