So war die „Tatort“-Saison: von Quotenrekord bis Terrorkrimi

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Bild: Destina - Fotolia.com
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Ein „Tatort“-Saisonrückblick: Fragen und Antworten zu den drei Dutzend neuen Krimis seit letztem Spätsommer. Vom Bodensee-Bye-bye, dem Laienkrimi „Babbeldasch“, dem verschobenen Terror-„Tatort“ oder der neuen Rekordquote für Thiel und Boerne.

Ein Rückblick auf die „Tatort“-Saison 2016/17: Sie umfasste 36 neue Filme – vom Kölner Krimi „Durchgedreht“ (21.8.2016) bis zum Kieler Krimi „Borowski und das Fest des Nordens“ an diesem Sonntag (18.6.). Dann beginnt die Sommerpause. Der Zeitraum ohne „Tatort“-Erstausstrahlungen dauert mindestens acht Wochen. Wann es im August wieder losgeht, ist laut ARD-Programmdirektion noch unklar.

Klar ist aber, dass das Erste am 3. September (TV-Duell von Merkel und Schulz) und am 24. September (Bundestagswahl) keinen neuen „Tatort“ ausstrahlen wird. Ein Rückblick und Ausblick zum Saisonende:
 
Welcher „Tatort“ hatte die beste Einschaltquote in dieser Saison?
Die meisten Zuschauer hatte wieder ein Fall des Teams Thiel/Boerne aus Münster. Den WDR-Krimi „Fangschuss“ mit Axel Prahl und Jan Josef Liefers sahen am 2. April sensationelle 14,56 Millionen, was die höchste Zuschauerzahl seit 25 Jahren für einen „Tatort“ bedeutete.
 
Welcher „Tatort“ war besonders umstritten?
Für besonders viel Aufsehen sorgte der ursprünglich für den 1. Januar vorgesehene Dortmunder „Tatort“ mit dem Titel „Sturm“. Darin geht es um einen terroristischen Anschlag. Mit Rücksicht auf die Opfer des Terroranschlags auf den Weihnachtsmarkt am Berliner Breitscheidplatz kurz vor Weihnachten wurde er auf Ostermontag (17. April) verschoben.
 
Welche Teams waren diese Saison am häufigsten zu sehen?
Jeweils viermal kamen die Duos aus München und Köln zum Einsatz. Bei den Münchnern Batic und Leitmayr (Miroslav Nemec und Udo Wachtveitl) gab es, unterbrochen vom traurigen Weihnachtskrimi „Klingelingeling“, zwei Fälle als Fortsetzungsgeschichte: „Die Wahrheit“ (23. Oktober) und „Der Tod ist unser ganzes Leben“ (30. April).
 
Welche Ermittler der 21 aktiven „Tatort“-Teams hatten keinen Einsatz?
Til Schweiger als Tschiller und Wotan Wilke Möhring als Falke – beide vom NDR – kamen in dieser Saison mit keinem neuen Krimi ins Erste.
 
Gab es Abschiede in der „Tatort“-Welt?
Als ganzes Team verschwand der Bodensee-„Tatort“ vom SWR. Nach 14 Jahren war Schluss für Ermittlerin Klara Blum, gespielt von Eva Mattes, die in ihrem letzten Fall „Wofür es sich zu leben lohnt“ (4. Dezember) an der Seite ihrer Fassbinder-Kolleginnen Irm Hermann, Margit Carstensen und Hanna Schygulla zu sehen war. Beim inzwischen fünf Jahre laufenden Vierer-Team in Dortmund stieg nach zehn Fällen der Schauspieler Stefan Konarske alias Oberkommissar Daniel Kossik aus. In Frankfurt verschwand nach vier Fällen der Chef Henning Riefenstahl (Roeland Wiesnekker), stattdessen heißt der Vorgesetzte jetzt Fosco Cariddi (Bruno Cathomas) und ist noch skurriler. Zum letzten Mal nach sieben Jahren und 14 Episoden ist außerdem am 18. Juni im Kieler „Tatort“ Sibel Kekilli als Sarah Brandt im Einsatz.
 
Stehen weitere Ermittler-Abschiede an?
Ja. Der Schauspieler Andreas Hoppe hört auch auf – er war 21 Jahre Kriminalhauptkommissar Mario Kopper in Ludwigshafen. Ulrike Folkerts, die dienstälteste „Tatort“-Kommissarin Lena Odenthal (seit 1989 im Einsatz), macht jedoch weiter. Der letzte und 57. „Tatort“ mit Kopper trägt seinen Namen, soll recht düster sein und kommt wohl um Weihnachten herum. Künftig soll in Ludwigshafen die Rolle der Profilerin Johanna Stern (Lisa Bitter) noch größer werden. Im Februar wurde außerdem angekündigt, dass 2019 Schluss ist mit dem aktuellen Bremen-„Tatort“ mit Sabine Postel (seit 1997 Inga Lürsen) und Oliver Mommsen (seit 2001 als Ermittler Stedefreund im Einsatz).
 
Welche Fälle waren diese Saison die schrägsten?
Ulrich Tukur verwirrte wieder als hessischer LKA-Beamter Felix Murot. Im Film „Es lebe der Tod“ (20. November) hatte er es mit einem Serienmörder zu tun, der auch ihm ans Leben wollte. Der Ludwigshafen-Krimi „Babbeldasch“ (26. Februar) unter der Regie von Axel Ranisch („Dicke Mädchen“) kam ohne festes Drehbuch aus. Ergebnis für den ersten Improvisations-„Tatort“ mit Laiendarstellern: viel Dialekt, viel Kritik und miese Quote (nur etwas über 6 Millionen Zuschauer).
 
Welche Fälle waren die besten?
Das ist natürlich Geschmackssache. Fragt man aber Experten wie den „Tatort-Fundus“-Gründer François Werner, nennt er den Frankfurter Fall „Wendehammer“ vom 18. Dezember. Darin hatten es die Ermittler Janneke und Brix (Margarita Broich und Wolfram Koch) mit einer kuriosen Nachbarschaft und Big-Data-Machenschaften zu tun. Auch der Berliner Krimi „Amour fou“ vom Pfingstmontag (5. Juni) kam gut an. Darin bereitete ein schwules Paar den Kommissaren Rubin und Karow (Meret Becker und Mark Waschke) sowie den Zuschauern einiges Kopfzerbrechen.
 
Und wie war eigentlich der große Jubiläums-„Tatort“?
Im 1000. „Tatort“ (13. November) nahm ein Ex-Soldat (Florian Bartholomäi) zwei NDR-Ermittler – Charlotte Lindholm (Maria Furtwängler) und Klaus Borowski (Axel Milberg) – als Geiseln in einem „Taxi nach Leipzig“ mit. Der Film hieß damit genauso wie einst der erste Fall 1970. Die Kritiken waren eher gemischt als voller Jubel.
 
Was war die größte Überraschung?
Entertainer Harald Schmidt ist jetzt doch nicht beim neuen Freiburger „Tatort“ dabei, wie im Februar bekannt wurde. Er war ursprünglich für die Rolle des Kriminaloberrats Gernot Schöllhammer angekündigt. Den Part des Vorgesetzten übernimmt stattdessen eine Frau. Die Chefin der neuen Schwarzwald-Ermittler Franziska Tobler und Friedemann Berg (Eva Löbau und Hans-Jochen Wagner) mimt jetzt die Schauspielerin Steffi Kühnert. Rollenname der Kripochefin: Cornelia Harms. Der erste Film des neuen SWR-Teams unter der Regie von Robert Thalheim („Netto“) ist wahrscheinlich Anfang Oktober im Ersten zu sehen.
 
Was erwartet den Zuschauer außerdem noch in diesem Jahr?
Bis zum Jahresende kommen zum Beispiel zwei vielversprechende Krimis aus Stuttgart: In der Folge „Stau“ von Dietrich Brüggemann liegt ein Mädchen tot am Fahrbahnrand, und der einzige Fluchtweg für Autos führt vom Tatort auf die vielbefahrene und verstopfte Neue Weinsteige, die damit zur Sackgasse für den Mörder wird. Die Kommissare Thorsten Lannert (Richy Müller) und Sebastian Bootz (Felix Klare) ermitteln unter Zeitdruck im Verkehrschaos, damit der Täter nicht entwischen kann. Im Krimi „Der Rote Schatten“ werden die beiden Kommissare dagegen mit der RAF-Vergangenheit konfrontiert. Regisseur bei dieser Aufarbeitung des Deutschen Herbstes vor 40 Jahren ist der Filmemacher Dominik Graf, der 1995 in München mit „Frau Bu lacht“ einen der meistgelobten „Tatort“-Krimis überhaupt drehte. [Gregor Tholl]

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