Spieletest: „Valiant Hearts“ – Gegen das Vergessen

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Bild: © Victoria - Fotolia.com
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Mit Gedenkfeiern, Sondersendungen, Radiohörspielen und aufklärenden Büchern sollen die Geschehnisse des ersten Weltkriegs auch 100 Jahre später in Erinnerung gerufen werden. Kann dies einem Videospiel mit überzeichneter Comic-Optik ebenfalls gelingen?

Wenn die ersten Klaviertöne von „Valiant Hearts“ erklingen und der exzellente deutsche Sprecher die geschichtliche Rahmenhandlung schildert, fühlt man sich wie in Jean-Pierre Jeunets „Mathilde“: Man schließt die handelnden Charaktere sofort in sein Herz und ist angesichts des Kriegsausmaßes und der Zerstörung entsetzt.

Die Comic-Bilderbuchoptik hilft ungemein, das Spiel noch als Spiel wahrzunehmen, gleichzeitig werden die Schrecken des Krieges pointiert herausgearbeitet, ohne, dass das Gesehene in Gewaltexzessen ausartet. „Valiant Hearts“ hinterlässt mehrmals einen dicken Kloß im Hals, schafft dies aber durch Andeutungen und eine bewusst gestaltete Bildkomposition – kein Vergleich zu den oftmals beliebig wirkenden Blutbädern, die sich in anderen Kriegsspielen und -filmen auf dem Bildschirm abspielen.
 
In der Rolle von vier Charakteren können Sie Ihren Verstand und Ihre Geschicklichkeit testen und eingesammelte Gegenstände geben einen geschichtlich wertvollen Einblick in die Zeit zwischen 1914 und 1918. Doch der rote Faden ist die Geschichte einer Familie, basierend auf echten Briefwechseln dieser Zeit: Vater Emile wird von der französischen Armee eingezogen und muss sich aus schier aussichtslosen Situationen auf dem Schlachtfeld befreien – die Schaufel und ein Hund sind dabei seine treusten Begleiter.
 
Ehemann Karl verschlägt es hingegen an die deutsche Front, sein Weg zurück zu seiner Familie wird immer wieder durch tragische Zwischenfälle jäh unterbrochen. Der amerikanische Legionär Freddy scheut dagegen nicht die Konfrontation mit dem Feind, gegen Ende des Spiels kann er dabei auf ausreichend Feuerkraft bauen. Die Belgierin Anna muss wiederum Überlebende verarzten, ganz gleich ob auf deutscher oder französischer Seite.
 
Die Geschicklichkeitsspiele verlangen den passenden Tastendruck zur richtigen Zeit oder im Falle der durchaus spaßigen Fahreinlagen Lenkmanöver im Takt der Musik. Auch wenn „Valiant Hearts“ spielerisch überzeugt, liegt im erzählerischen Kniff steckt die größte Stärke des Titels: Sie wechseln permanent die Seiten, es gibt kein Schwarz oder Weiß und die Schicksale der Figuren kreuzen sich bis zum bitteren Ende, an dem Emile seiner Tochter schreibt, dass dieser Krieg nur eines ist, sinnlos. Mit einem, nicht nur für ein Videospiel, mutigem Schlusspunkt setzt „Valiant Hearts“ ein Zeichen für Versöhnung und gegen das Vergessen.
 
Valiant Hearts: Der große Krieg ist in deutscher Sprache für PC, PS3, PS4, Xbox 360 und Xbox One als Download erhältlich. Preis: 14,99 Euro. Spiellänge circa 6 Stunden (4 Kapitel à 90 Minuten).
[Christian Trozinski]

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