Startup-Shows erobern das Fernsehen – Gründen als Nonplusultra

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Bild: Destina - Fotolia.com
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Mit „Start Up!“ geht am Mittwoch bereits die dritte Gründer-Show im deutschen Fernsehen auf Sendung. Dieses Mal sollen die Unternehmer länger begleitet werden und auch die Zuschauer Tipps bekommen.

Ein Unternehmen gründen, das erfordert Mut und Durchhaltevermögen. Da muss man auch mal an die Schmerzgrenze gehen oder sogar darüber hinaus. Carsten Maschmeyer wiederholt das immer wieder, wenn er über seine neue TV-Castingshow für Unternehmer spricht: „Das Gründen braucht zwei Sachen: einen speziellen Mix an Eigenschaften und mentalen Stärken, Visionen, Träumen und Zielen von Menschen. Aber es braucht auch die Idee“, sagt der Unternehmer, der nach eigenen Angaben mehr als 100 Mal in Start-ups investiert hat.

Und weil Erfolg in Leistungsgesellschaften so wichtig ist und Gründershows gerade das Fernsehprogramm erobern, bekommt Maschmeyer nun eine weitere Gelegenheit, solche Menschen und Ideen zu finden. In „Start Up!“ steht er in den kommenden acht Wochen jeweils mittwochs (20.15 Uhr, Sat.1) im Mittelpunkt und sucht „den besten Gründer Deutschlands“.
 
Nach „Die Höhle der Löwen“ bei Vox – auch hier gehört Maschmeyer zu den Investoren – und dem von Stefan Raab produzierten „Ding des Jahres“ bei ProSieben ist die Sat.1-Sendung das dritte Format rund um ungewöhnliche Produktideen, für die noch Kapital gesucht wird. Nachdem zunächst das Singen und dann allgemein Supertalente in den vergangenen Jahren im Fernsehen großen Erfolg versprachen, sind es also nun Ideenreichtum und betriebswirtschaftliches Know-How.
 
Die Startup-Szene jedenfalls freut es, dass sie immer mehr Sendezeit bekommt. Der Bundesverband Deutsche Startups empfiehlt jungen Unternehmern eine Teilnahme an Fernsehshows: „Die Startups, die wir kennen, verzeichnen nach der Ausstrahlung viele Besuche auf ihren Webseiten und auch mehr Verkäufe und Anfragen“, sagt Verbandssprecher Paul Wolter.
 
Außerdem reagierten Supermärkte und Drogerien oft schnell auf die Auftritte. „Es ist für die Unternehmen dann leichter, in die Listungen und damit in die Regale zu kommen.“ Besonders gut wirke die Vorstellung eines physischen Produkts, das sich direkt an den Endkunden, also nach Möglichkeit an jeden Fernsehzuschauer richtet.
 
„Wir können eigentlich nur empfehlen, da mitzumachen“, so Wolter. Auch Gründer und „Höhle der Löwen“-Teilnehmer Edgar Scholler betont vor allem den Effekt der kostenlosen Werbung. „Das ist kein Format für seriöse Investitionsentscheidungen. Weder wir als Gründer noch die Investoren haben Chancen, sich mehrfach auszutauschen.“
 
Bei „Start Up!“ soll das anders werden. Hier stellen sich zu Beginn 35 Personen der Jury bestehend aus Maschmeyer, Junique.de-Gründerin Lea Lange und Maschmeyers Vertrautem und Geschäftsführer der Maschmeyer Group, Dr. Klaus Schieble, vor. Ihre Ideen stehen noch am Anfang, manche können zumindest schon einen ersten Prototypen präsentieren. „“Hier kann ich viel mehr, viel stärker zeigen, was Gründen alles bedeutet, wie vielschichtig Gründen ist, woran alles scheitern kann, worauf alles ankommt“, sagte Maschmeyer der Deutschen Presse-Agentur.
 
Die Jury wählt dann 14 Unternehmen für die nächste Runde aus, die besten Kandidaten werden acht Wochen lang von Maschmeyer und Co. begleitet. Das Konzept erinnert an die Topmodel-Suche von Heidi Klum: Auch Maschmeyer lässt die Kandidaten sogenannte Challenges bestehen und bittet am Ende jeder Folge zum „Zeugnisgespräch“, bei dem der Rauswurf droht. Mit dem Gewinner gründet Maschmeyer ein Unternehmen und investiert eine Million Euro.
 
Der Zuschauer kann also bei „Start Up!“ keine komplett neuen Produkte bestaunen und diese schnell online bestellen, sondern geht mit Menschen auf die Reise hin zu diesem Produkt. Maschmeyer versteht das neue Format als „Fortbildungsunterricht für alle Menschen, die sich verbessern wollen“. Die „Start Up!“-Kandidaten müssen unter anderem Gehälter verhandeln, Führungsstärke zeigen und ihre Mitarbeiter motivieren. Besonders bei diesen Episoden rechnet Maschmeyer mit großem Publikumsinteresse. 
 
Aus wissenschaftlicher Sicht gibt es Zweifel daran, dass Zuschauer ihre Situation mit solchen Jury-Tipps wirklich verbessern können. „Fernsehen bietet erst einmal nur Fantasien“, sagt Maya Götz vom Internationalen Zentralinstitut für das Jugend- und Bildungsfernsehen. Götz hat sich in den vergangenen Jahren immer wieder mit Castingshows auseinandergesetzt.
 
Der Reiz dieser Formate liege vor allem in der Möglichkeit, die Entwicklung von Menschen zu beobachten, sie zu bewundern oder auch über sie zu lästern. Außerdem lerne man, Leistungen zu beurteilen. Götz betont, dass der Zuschauer zwar wahrnehme, was gut ist und was schlecht und wie eine Jury beurteilt. „Der Schritt, das wirklich für sich selbst umzusetzen, ist aber noch einmal etwas ganz anderes.“

[Fabian Nitschmann]

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10 Kommentare im Forum

  1. Auch wenn ich diese Show nicht anschaue, gehört diese bei VOX zu einer der Wervollsten, da sie viel Potential in vielen Bereichen hat - vor allem auch die Gedanken anderer unbeteiligter ggf Zweifler zu quantisieren. Also meinetwegen dürfen solche Showformate schon fast gerne "inflationär" auf den Schirm. Zumindest um Lichtjahre besser und vor allem wertvoller als dieser Reality-Trash bei den Mutter-/Schwestersendern. Vor allem dürfen sich dabei gerne mehr Sponsoren dafür engagieren, da wird zumindest deren Geld sinnvoll (re)investiert.
  2. Geschäftsideen sind zum Teil Geschäftsgeheimnisse. Ich halte es z. B. nicht für eine gute Idee, eine patentfähige technische Lösung, die eine Geschäftsidee für ein Startup sein könnte vor der Patenterteilung einer breiten Öffentlichkeit zu präsentieren... Also sollte man zuerst irgendwie anderweitig die Mittel für den Patentschutz der eigenen Erfindung aufbringen, bevor man sich Nachschub aus dem Scheckbuch von Carsten Maschmeyer holt ;-)
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