Studie: DVR erzeugen keine Konsummuffel

Die TV-Werbeindustrie kann aufatmen. Laut einer aktuellen Studie sind Besitzer eines Digitalen Videorekorders (DVR) genau so kauffreudig wie normale TV-Zuschauer. Die Vorspulmöglichkeit bei Werbung nutzen demnach nur die Wenigsten.

Die von der TV- und Werbe-Branche als große Gefahr eingestufte Werbe-Überspring-Funktion bei DVR-Rekordern ist offenbar viel harmloser als befürchtet. Das belegt eine neue Studie, die von der University of Chicago Booth School of Business, der Tilburg University in den Niederlanden und der Duke University geleitet wurde. Demnach hat die Möglichkeit, die Werbung zu überspringen, keinen Einfluss auf die Nachfrage nach Werbeprodukten. Die Besitzer eines DVR-Geräts, die an der Studie teilnahmen, gaben an, dass sie tatsächlich nur einen geringen Prozentsatz der Werbespots vorspulten und auch das hatte keine nachteilige Auswirkung auf die Umsätze.

Frühere Forschungen hatten darauf hingewiesen, dass DVR-Nutzer Werbung in starkem Ausmaß überspringen würden, was bei vielen die Frage aufwarf, welche Zukunft Werbespots auf amerikanischen Fernsehsendern noch hätten. „Im Gegensatz zur landläufigen Meinung stellen DVR-Geräte keine Bedrohung für die Fernsehwerbung dar“, teilte die University of Chicago Booth School of Business am Freitag mit.

Die Untersuchung wurde in der Dezemberausgabe des „Journal of Marketing Research“ veröffentlicht und analysiert die Ergebnisse einer umfangreichen Studie, die das Unternehmen Information Resources, Inc. und eine Gruppe von Konsumgüterherstellern in Auftrag gegeben haben. Den teilnehmenden Haushalten wurden ein TiVo, ein in den USA sehr populäres DVR-Gerät, sowie ein Abo zur Nutzung dieses Dienstes zur Verfügung gestellt. TiVo stellte anschließend die Nutzungsdaten des Aufnahmegeräts der Haushalte bereit. Diese Daten wurden schließlich mit dem Kaufverhalten der Haushalte ein Jahr vor Beginn der DVR-Nutzung und zwei Jahre danach in ausgewählten Produktkategorien abgeglichen.

Die Autoren der Studie fanden heraus, dass die Kaufmenge der beworbenen Produkte auch zwei Jahre nach Erhalt des DVR-Geräts nicht deutlich zurückgegangen war. Die Haushalte wechselten nicht zu anderen Marken, nicht einmal bei sehr intensivem DVR-Gebrauch. Desweiteren konnte keine Auswirkung auf neu eingeführte Marken festgestellt werden, die üblicherweise die meiste Aufmerksamkeit durch Fernsehwerbung erzielen.
 
Die Forscher suchten nach verschiedenen Erklärungen für das phänomen. Eine mögliche Erklärung für die fehlende DVR-Auswirkung könnte sein, dass die Nutzer die meisten der aufgenommenen Sendungen gar nicht ansehen. Tatsächlich fanden die Autoren heraus, dass nur fünf Prozent der in den Haushalten gesehenen Sendungen aufgezeichnet wurden. Auch Zuschauer ohne ein DVR-Gerät können Werbung ausweichen, indem sie den Kanal wechseln oder den Raum verlassen, daher schauen diejenigen, die sich ein Programm direkt ansehen nicht unbedingt auch mehr Werbung. Zudem können die Besitzer von DVR-Geräten ihre Lieblingssendungen in ihrer Freizeit sehen, weshalb sie potenziell mehr Werbung als sonst sehen, was mögliche nachteilige Wirkungen der DVR-Geräte wieder ausgleicht.
 
Vorherige Studien haben zudem darauf hingewiesen, dass DVR-Nutzer Werbespots beim Vorspulen aufmerksamer wahrnehmen, auch wenn sie keinen Ton dazu hören. Dies weist darauf hin, dass vorgespulte Werbeblöcke nicht die gleiche Auswirkung auf die Verkaufszahlen haben wie Werbeblöcke, die gar nicht gesehen werden. Eine weitere im Endeffekt für die Werbebranche viel verheerendere Erklärung für die fehlende Auswirkung des TiVo ist, dass TV-Werbung gegebenenfalls keine wahrnehmbare Wirkung auf Verkaufszahlen hat.
 
Die Studie dürfte vor allem in Hinblick auf die von privaten TV-Kanälen geplanten Aufnahmesperren interessant sein. Wie DIGITALFERNSEHEN berichtete, zieht die RTL-Gruppe solche Sperren in Erwägung. Die Ergebnisse der Studie lassen den Schluss zu, dass solche Sperren letztlich unsinnig sind, da sie kein anderes Ergebnis erreichen würden, als auch ohne Sperre. Offenbar ist es viel sinnvoller, die Inhalte der Werbung zu verändern, damit diese überhaupt, ob mit oder ohne VPR, wahrgenommen wird. [mw]