„Tatort“-Ranking: Immer wieder Münster – aber warum nur?

10
56
Bild: Destina - Fotolia.com
Bild: Destina - Fotolia.com

Münster ist und bleibt ein Mysterium – warum lockt der „Tatort“ rund fünf Millionen mehr Menschen vor die Bildschirme als jeder andere Krimi der ARD-Reihe? Das ist nicht leicht zu beantworten.

14,56 Millionen – selbst die deutsche Fußball-Nationalmannschaft muss anerkennen, dass der ARD-„Tatort“ aus Münster mit Zuschauerzahlen jongliert, die sie mit normalen Qualifikationsspielen zur Fußball-WM nicht mehr erreicht. Der neue Rekord von Axel Prahl und Jan Josef Liefers als ungleiches Ermittler-Duo wirft die Frage nach dem „Warum“ auf. Vollends zu beantworten ist sie nicht.

Ist der schräge Humor ausschlaggebend?
So ein Witz geht nicht: „Wie viele Zwerge braucht man, um eine Leuchtstoffröhre zu wechseln?“, fragt Professor Boerne seine kleinwüchsige Assistentin Alberich. Shitstorm-verdächtig im normalen Leben. Aber nicht im „Tatort“ aus Münster. Der muffelige Thiel und der immer leicht überhebliche Boerne dürfen politisch unkorrekt sein und so etwas aussprechen, weil jeder einfach wissen muss: Sie nehmen es selbst nicht ernst und halten manch einem den Spiegel vor.
 
Was sagt die Medienwissenschaftlerin?
„Das Gespann Thiel/Börne führt die Traditionslinie komischer Duos der Filmgeschichte wie etwa Dick und Doof fort“, sagt die Hamburger Medienwissenschaftlerin Joan Bleicher. „Ein Erfolg des Münsteraner Tatorts liegt in seiner Mischung aus Krimiserie, Comedy gepaart mit Lokalkolorit. Die menschlichen Schwächen beider Ermittler bilden die Grundlage vielfältiger Running Gags. Der eigentliche Fall und seine Lösung treten dabei häufig in den Hintergrund. Natürlich ist auch die Riege sehr guter SchauspielerInnen ein Erfolgsgarant.“
 
Schalten die jungen Zuschauer ein oder nur ältere?
Mit 35,0 Prozent Marktanteil beim jüngeren Publikum zwischen 14 und 49 Jahren hat das Erste mit dem „Tatort“ vom Sonntag auch die private Konkurrenz abhängt, die einst die Währung „junges Publikum“ für die werbetreibende Wirtschaft erfand. „Der WDR-„Tatort“ aus Münster ist ein Zuschauermagnet, der alle Altersgruppen – auch die jüngeren – vor den Fernseher holt“, sagte WDR-Intendant Tom Buhrow am Montag. „Das Format hat echte Straßenfeger-Qualität.“
 
Was hat Guido Cantz mit der Rekordquote zu tun?
Er war ein Adjutant. Immerhin verfolgten bereits am Samstag rund 5,5 Millionen Zuschauer im Ersten in der Show „Verstehen Sie Spaß?“, wie sich der ARD-Entertainer als Leiche bei Professor Boerne auf den Tisch legte und samt versteckter Kamera im Hintergrund allerlei Schabernack trieb. Eine perfekte Vorlage für das Sonntagsprogramm – aber nur ein Steinchen im Mosaik.
 
Wie dosiert der WDR den Münster-„Tatort“?
Mit nicht mehr als zwei Ausstrahlungsterminen pro Jahr steigert der zuständige Westdeutsche Rundfunk die Vorfreude seines Publikums. Der nächste Fall soll im Herbst gezeigt werden, sagt eine Sprecherin. Im Sommer werde eine weitere Folge gedreht. Immer wieder gab es Diskussionen in den vergangenen Monaten um die Zukunft des Ermittlerduos – auch von höheren Gagenforderungen war die Rede. Viel Geheimnistuerei um den „Tatort“, die das Interesse noch steigert.
 
Ist die Provinz als Krimi-Kulisse attraktiver?
Münster sind Beamte, Studenten und Radfahrer – ein gängiges Bild. Immerhin kommen zwei Gewinner von Günther Jauchs Quiz „Wer wird Millionär?“ aus der Bildungsmetropole. Aber die Avantgarde ist dort doch nicht zu Hause – oder doch? „Münster kann auch modern – zum Beispiel, wenn unser Museum im Bild ist. Damit die Ermittler nicht nur atemlos durchrennen müssen, schicken wir ihnen jetzt mal Eintrittskarten für unsere Ausstellungen.“ Das sagt Hermann Arnhold, Direktor des LWL-Museums für Kunst und Kultur, der am Sonntag den Rekord-„Tatort“ ebenfalls verfolgt hat.
 
Schaltet ganz Münster ein?
Nicht nur der Museumsdirektor, auch Oberbürgermeister Markus Lewe (CDU) ist „Tatort“-Gucker: „Selbst Münster-Insider konnten Erstaunliches lernen“, sagte Lewe am Montag. „Zum Beispiel, dass sich in der historischen Altstadt direkt gegenüber der Rathaustreppe der Zoo befindet.“ In der Realität liegt der Tierpark weiter außerhalb. Und Lewe erfuhr erst im Film, dass er anders als Professor Boerne die Jägerprüfung bestanden habe. Im wahren Leben ist Lewe allerdings gar kein Waidmann. [dpa]

Bildquelle:

  • Inhalte_Fernsehen_Artikelbild: Destina - Fotolia.com

10 Kommentare im Forum

  1. Genau, einfach nur gut. Der Zuschauer möchte weder Tatorte a la Chuick Norris noch irgendwelche Pseudofilmkunst, noch irgendwelche Privatproblemwälzer. Einfache Unterhaltung mit einem Schuss Krimi und Ködiantentum ist das Rezept.
  2. Vielleicht sollte man die Frage anders formulieren: "Was machen die anderen Tatorte falsch?" Das lässt sich vielleicht einfacher beantworten, als die Frage was man hier richtig macht.
Alle Kommentare 10 im Forum anzeigen

Kommentieren Sie den Artikel im Forum