„Tatort“: Wo Treppen ins Nichts führen und Leichen sich stapeln

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Bild: © Phongphan Supphakank - Fotolia.com
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Drei Städte auf drei Stockwerken: Das „Tatort-Haus“ in Baden-Baden dient als Kulisse für die Krimis aus Ludwigshafen, Stuttgart und Konstanz. Ein Sparmodell mit manchen Überraschungen.

„Ich entspanne mich immer in dem Präsidium, das grade frei ist“. Peter Espeloer, besser bekannt als Kriminaltechniker Peter Becker aus dem „Tatort“ Ludwigshafen, sitzt während der Dreharbeiten im April im weißen Kittel vor dem „Tatort“-Haus des Südwestrundfunks (SWR) in Baden-Baden. Zigarillo-Pause vor der nächsten Szene im Ludwigshafener „Tatort: Tödliche Häppchen“, der im kommenden Jahr im Ersten gezeigt wird. „Manchmal lege ich mich dann zu Frau Blum aufs Sofa“, ergänzt der Schauspieler.
 
Kriminalhauptkommissarin Klara Blum ermittelt am Bodensee – einemganz  anderen ARD-„Tatort“. Aber hier im Haus ist das kein Problem. Aufden 1 100 Quadratmetern trennen nur wenige Treppen die drei SWR-Städteder Krimi-Kultserie. Das Erdgeschoss gehört dem KommissariatLudwigshafen, im ersten Stock liegen die Konstanzer Büros, das zweiteStockwerk beherbergt die Stuttgarter Dienststelle. In einem der Flureist auch noch die Wohnung der Ludwigshafener Kommissarin Lena Odenthal(gespielt von Ulrike Folkerts) untergebracht. Im Keller verbirgt sichhinter einer Tür die Pathologie, hinter der anderen liegen dieVerhörräume.
 
Produktionsleiter Jürgen Weissenriederöffnet die Metall-Schiebetür zur Pathologie. Hier werden dieFernseh-Leichen aus allen drei Städten untersucht. Auf dem Tisch liegendann jeweils Schauspieler, keine Puppen. „Wir machen die Einstellungenso kurz wie möglich, damit die Leiche nach einer Minute wieder atmenkann“, erklärt der 53-Jährige. In der Mitte des Raumsstehen zwei metallische Seziertische, an einem kleben nochKunstblutreste der letzten Aufnahme. Am Fußende liegen eine Säge undzahlreiche Messer. „Damit reißt man den Brustkorb auseinander“, sagt Weissenrieder und deutet auf eines der Geräte, die keine reinen Requisiten, sondern echt sind.

Er selbst hat das Haus im Baden-Badener Stadtteil Cité als „Tatort“-Standort vor Jahren mit ausgesucht. Seit dem Abzug der französischen Streitkräfte 1999 stand das ehemalige Internatsgebäude leer. Ein halbes Jahr dauerte es, die Schlafräume der französischen Kinder in eine Filmkulisse zu verwandeln. Seit 2006 werden hier jährlich sieben der ARD-Krimis gedreht. „Man spart dadurch Gebühren“, erläutert Weissenrieder die Beweggründe für die ungewöhnliche Wohngemeinschaft.
 
Jede Etage spiegelt das Flair ihrer Stadt wider. Für Ludwigshafen hatte die zuständige Redakteurin folgendes Bild vor Augen: „Renovierter Altbau, ein bisschen plattenbaumäßig, schnörkellos, gradlinig.“ Das Kommissariat vom Bodensee liegt so, dass der Blick aus dem Fenster direkt ins Grüne fällt. Und die Stuttgarter Dienststelle wurde im Altbau-Stil hergerichtet.
 
Neben dem Ludwigshafener Kommissariat von Odenthal und Mario Kopper (Andreas Hoppe) sitzt die Kriminaltechnische Untersuchung, die KTU, die für alle drei „Tatorte“ genutzt wird. Früher befand sich an dieser Stelle das Badezimmer des französischen Internats. Aus dieser Zeit stammen noch die schwarz-weißen Kacheln. Wo die Duschen montiert waren, steht nun jede Menge Labormaterial: Röhrchen, Glasflaschen und ein Mikroskop. An der Magnetwand hängen noch Fotos der blutüberströmten Leiche aus dem letzten „Tatort“.
 
Peter Espeloer, der Ludwigshafener Kriminaltechniker mit dem pfälzischen Dialekt, wartet weiter auf seinen nächsten Einsatz. Über das „Tatort“-Haus mit drei Städten auf drei Stockwerken wundert er sich nicht mehr. „Ich finde eher bizarr, dass hier Türen und Treppenhäuser ins Nichts führen.“ Vor der Eingangstür von Lena Odenthals Wohnung etwa besteht die Treppe nur aus einem Geländer, das im flachen Holzboden verschwindet. Eine der Türen in der Wohnung öffnet sich nicht zu einem anderen Zimmer, sondern mündet schlicht in einer Abstellkammer.
 
In der Kühlkammer der Pathologie lässt sich nur einer der neun  Schubladenschränke wirklich öffnen und eine Bahre herausschieben, hinter den anderen ist einfach Wand. Und die scheinbar undurchsichtige Glaswand im Verhörraum wird nur mit spezieller Beleuchtung blickdicht. „Das ist Film: Film ist Fake“, zerstört Produktionsleiter Weissenrieder die letzten Illusionen. [Stefanie Dodt]

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  • Medien_Maerkte_Artikelbild: © Phongphan Supphakank - Fotolia.com

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