[Thema des Monats] ARD-Talks: Die persönliche Note

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Bild: © Phongphan Supphakank - Fotolia.com
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Das Erste talkt: Fünf Tage die Woche. Mit Günther Jauchs Engagement bei der ARD verfügt der Senderbund über fünf Talker im Hauptprogramm. Die geballte Ladung Gespräche sorgten nicht nur für positive Reaktionen.

Ein Hauch von „Stern TV“

 
Sonntags Jauch, montags Plasberg, dienstags Maischberger, mittwochs Will und donnerstags Beckmann. Das ist der Talk-Fahrplan der ARD, der seit September gilt. Am gestrigen Sonntag hatte Neuzugang Günther Jauch seinen ersten Auftritt als Gastgeber einer Gesprächsrunde und brachte einen Hauch von „Stern TV“ in die ARD. 5,1 Millionen Menschen verfolgten seinen Einstand mit der wenig kontroversen Erinnerung an die Anschläge vom 11. September (18,6 Prozent).
 
Mehr Orientierung und Hintergrund sollen die fünf Gesprächsformate bringen, erklärt ARD-Sprecher Burchard Röver und fügt hinzu: „Die steigenden Zuschauerzahlen, die die Talkformate im Ersten seit längerem registrieren, zeigen, dass sie als adäquates Forum für politische, gesellschaftliche, wirtschaftliche oder soziale Inhalte vom Publikum wahrgenommen werden“. Deshalb habe man sich entschieden, diese Vermittlungsform verstärkt einzusetzen, ergänzt ARD-Programmdirektor Volker Herres.Gästedatenbank für Transparenz: „bürokratisches Planungsmonster“

 
Der Wechsel von Jauch zur ARD hatte verschiedene Folgen. Einerseits mussten die angestammten Talker ihr Sendeplätze ändern, andererseits befürchteten Kritiker, dass die Themen und Gäste sich wiederholen. Dem soll eine Gästedatenbank entgegenwirken, die von ARD-Chefredakteur Thomas Baumann geführt wird. Er soll künftig bei Streits schlichten oder im Extremfall entscheiden, welcher Gast in welche Sendung darf. Er wolle aber auch nicht permanent den Schiedsrichter spielen, sondern nur selten eingreifen, gab Baumann den Redaktionsvertretern bereits im Februar zu verstehen.
 
Generell soll das Prinzip des ersten Zugriffs gelten: Wer einen Gast schon lange eingeplant hat, soll nicht plötzlich von einem anderen Star-Talker düpiert werden. Die Datenbank soll zudem Transparenz herstellen.
 
Reinhold Beckmann, einer der alteingesessenen Talker, der seinen Sendeplatz aufgeben musste und nun donnerstags um 22.45 Uhr gegen ZDF-Talkerin Maybritt Illner antreten muss, befürchtet indes, dass die Datenbank sich als „bürokratisches Planungsmonster“ entpuppe. Weil Günther Jauch schon einmal vorsorglich Altkanzler Helmut Schmidt auf seine Gästeliste schrieb, habe Beckmann jedenfalls „jetzt auch mal zwei Wochen hintereinander den Papst eingetragen. Mal mit Dalai Lama und mal ohne“.Mehrwert durch Vielfalt

 
Die Talkshow-Teams sehen die Datenbank eher kritisch. Sie räumen den Hoffnungen auf mehr Kollegialität durch Transparenz wenig Chancen ein. Wenn ein Thema dominant ist, werde es weiter Debatten-Einerlei geben. 
 
Der Mehrwert entstehe dabei durch die Vielfalt, erklärt Röver. „Der Zuschauer erhält mehr Auswahl an Themen, die ihn interessieren könnten. In den Talks werden relevante Themen der Gesellschaft erörtert, ausführlich und mit Hintergrund, mit Faktenscheck und Expertenmeinungen“. Ob dies wirklich so wird, werden die kommenden Wochen zeigen. Die ersten Wochen mit jeweils fünf Talks wiesen jedoch eher Themeneinheit auf. Harald Schmidt fasste es am Wochenende im dpa-Interview treffend zusammen: „Ich habe gerade gesehen: Anne Will bespricht den Euro, Sandra Maischberger redet über den Euro. Zwischendurch erholt man sich mit dem 11. September“.
 
Sabine Christiansen, die von 1998 bis 2007 durch den Sonntagabend-Polittalk der ARD führte, befindet indes, dass Talkshows inflationär behandelt werden. Immerhin gebe es „fünf Talks in der ARD, Maybrit Illner und Markus Lanz im ZDF und dann kommen ja noch die Polit- und Personentalkshows in den Dritten Programmen hinzu“, argumentiert die ehemalige Tagesthemen-Sprecherin.
 Der Persönliche Note

 
Angst vor einem Individualitätsverlust ihrer Talker hat die ARD nicht. „Im Gegenteil, jede dieser Sendungen hat ihre ganz besondere Farbe und setzt eigene Akzente“, erklärt ARD-Sprecher Röver. Die Moderatoren würden nicht nur mit ihrer Themenauswahl, sondern mit der unterschiedlichen Aufarbeitung ihre ganz eigene persönliche Note garantieren.
 
Wie zeigen sich diese Noten? Frank Plasberg will bei „Hart aber fair“ politische Themen und gesellschaftliche Debatten aus der Perspektive der Zuschauer beleuchten und ermöglicht den Zuschauern per Mail, Fax oder Telefon mitzudiskutieren. „Wir machen kein Programm für Politikprofis, sondern für die Bürger, die mit den Entscheidungen der Politik zurechtkommen müssen“, so der Moderator.
 
Sandra Maischberger versucht hingegen komplexe Zusammenhänge aus populär relevanten Themen, politischen Inhalten oder sozial und gesellschaftlichen Entwicklungen noch pointierter und anschaulicher zu erklären. Dazu bezieht sie aus ihrer neuen Aktions-Ecke zum Thema der jeweiligen Sendung gehörige Gegenstände mit in die „oft konträre und angeregte“ Diskussion mit ein. 1,18 Millionen Zuschauer schalteten am vergangenen Dienstag zum Auftakt nach der Sommerpause ein.

Anne Will, die bisher mehr oder weniger die Flaggschiff-Position nach dem Sonntagskrimi inne hatte, talkt mittwochs 15 Minuten länger und nutzte den Umzug direkt für eine Konzeptänderung. Im Fokus jeder Sendung steht eine Persönlichkeit aus Politik, Wirtschaft und Gesellschaft. Die Sendung startet mit einem Einzelgespräch, in dem die Person dem Zuschauer näher gebracht wird, später kommen weitere Gäste hinzu. 
 
Ihre erste Sendung auf dem neuen Sendeplatz wurde mit 1,22 Millionen Zuschauer und einem Marktanteil von 8,4 Prozent belohnt. Damit blieb sie jedoch hinter ihrem eigenen, allerdings mittelfristigen Wunschergebnis von „eineinhalb bis zwei Millionen Zuschauern“ zurück.
 
Reinhold Beckmann will seine Tradition beibehalten und wie seit seinen Anfängen 1999 mit einem Einzelgespräch entscheidenden Anstoß für wichtige gesellschaftsrelevante Themen geben und für Gesprächsstoff sorgen. Dabei konzentriere sich Beckmann in einer persönlichen Atmosphäre ohne Studiopublikum auf das Wesentliche: gehaltvolle Unterhaltungen. Sein erster Einsatz am Donnerstag wurde mit 1,47 Millionen Zuschauern belohnt.
 
Mit Jauch kommt dann der Hauch „Stern TV“ und eine Debatte über das Thema der Woche. Dabei will der Moderator „in jeder Hinsicht“ nah bei den Menschen sein.
 
Ob die Versprechungen und Hoffnungen in Zukunft eingehalten werden können, werden die nächsten Wochen zeigen. Günther Jauch sagte selbst, er könne „bessere Sendungen machen“, Anne Will blieb vorerst hinter ihrem Wunschergebnis zurück und auch Maischberger und Beckmann haben durchaus Luft nach oben.
 
DIGITAL FERNSEHEN stellt Ihnen an dieser Stelle immer am Montagvormittag das aus Sicht der Redaktion interessanteste Thema des Monats vor. Im August stand das Thema Jugendschutz in Heimkino und Fernsehen im MittelpunktIn diesem Monat widmen wir uns dem neuen ARD-Programm. Nach dem heutigen Überblick liegt im zweiten Teil der Fokus auf den viel diskutierten Talks. Thema des Monats: ARD-Programmschema
Thema des Monats im Überblick
[Jana Skoupy]

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12 Kommentare im Forum

  1. AW: [Thema des Monats] ARD-Talks: Die persönliche Note Weshalb auch? Immer das gleiche Gesülze von den immer gleichen Protagonisten die viel sprechen ohne irgendetwas damit zu sagen. Imho würde es dem Ersten besser zu Gesicht stehen 2-3 der Talks einzustampfen.
  2. AW: [Thema des Monats] ARD-Talks: Die persönliche Note In jeder Hinsicht! (Mal abgesehen von Jauch der kostet ein Vermögen). Wie man sich Woche für Woche die immer gleichen Laberköpfe antun kann ist mir rätselhaft. Und ausser heisser Luft kommt da doch eh nix bei rum! Reine Zeitverschwendung!
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