Thema des Monats: HD-Sender von ARD und ZDF im Kabel

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Bild: © lassedesignen - Fotolia.com
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Wenn in wenigen Wochen ARD und ZDF ihre neuen HD-Sender aufschalten, kann ein Großteil der Kabelkunden davon nicht profitieren. Grund: Die Sendeanstalten wollen die Zahlung ihrer Einspeiseentgelte einstellen, was zumindest den großen Kabelanbietern nicht schmeckt. Dennoch herrscht Gesprächsbereitschaft.

Laut KEF-Bericht zahlen ARD und ZDF rund 60 Millionen Euro Einspeisegebühren an die Kabelnetzbetreiber. Eine Zahlung, die nach der Aufschaltung der neuen HD-Sender wegfallen soll. Während sich die großen Kabelnetzbetreiber darüber ärgern, stößt die Entscheidung bei regionalen Anbietern auf positives Echo.
 
Entscheidend für die Einspeisung der öffentlich-rechtlichen HD-Sender in die deutschen Kabelnetze sind die sogenannten Einspeiseverträge, welche zwischen den Programmanbietern und den Kabelnetzbetreibern geschlossen werden. Wie Kabel-BW-Sprecher Maurice Böhler erklärt, werden in einem solchen Vertrag die Rechte und Pflichten beider Partner geregelt. „Bestandteil dieses Einspeisevertrags ist auch das Einspeiseentgelt, das aktuell alle frei verbreiteten Sender an Kabel BW entrichten“, erläutert Böhler weiter. Auf dieser Basis werden bereits seit Sendestart die HD-Ableger der Hauptprogramme von ARD und ZDF in das Netz des baden- württembergischen Betreibers landesweit eingespeist.
 
Neben den Einspeiseentgelten der Sender finanzieren sich die Kabelbetreiber über die monatlichen Gebühren der Nutzer, fügt Marco Gassen, Kommunikationsleiter von Kabel Deutschland, hinzu. „Diese Mischfinanzierung im Kabel ist ein langjährig bewährtes Erfolgsmodell“, so Gassen. „Im Vergleich zu Satellit oder DVB-T zahlen ARD und ZDF für die Verbreitung im Kabel pro Haushalt am wenigsten“, fährt der Unternehmenssprecher fort und erklärt, dass das Kabel nicht nur die reichweitenstärkste und günstigste TV-Infrastruktur für die Öffentlich-Rechtlichen sei, sondern auch Urheberrechtsentgelte für ARD und ZDF umfasse.
 
Eine Mischfinanzierung, die seit Jahren etabliert und bewährt ist, argumentiert auch Maurice Böhler von Kabel BW. „Aus unserer Sicht gibt es keinerlei Gründe davon abzuweichen“, zeigt sich Böhler überzeugt, denn letztlich würden die Zuschauer im internationalen Vergleich mit die geringsten Kabelgebühren bezahlen. Zudem sei das Modell auch ein Ergebnis der zahlreichen Free-TV-Sender, welche den Zuschauern in Deutschland zur Wahl stünden.„Gebührenfinanzierung soll Programmverbreitung sichern, nicht torpedieren“

Da das Modell der Mischfinanzierung bisher scheinbar für beiden Seiten zufriedenstellend verlief, herrscht bei Kabel Deutschland Unverständnis darüber, dass ARD und ZDF ihre Zahlungen einstellen wollen. Vor allem, da Sie nach wie vor „wie selbstverständlich für die Verbreitung in den Infrastrukturen Satellit und DVB-T Entgelte entrichten“, zeigt sich Marco Gassen enttäuscht. „Die Rundfunkanstalten nutzen somit ihre gesetzliche Vorrangstellung und ihre überragende Marktmacht zur Diskriminierung des Kabels“, erklärt der Sprecher.
 
Eine Meinung, die Maurice Böhler von Kabel BW durchaus teilt. Auch für den Kabel-BW-Mitarbeiter ist es unverständlich, dass die Öffentlich-Rechtlichen in Zukunft nur noch für die Verbreitung via Satellit und DVB-T bezahlen wollen. „Ihre größte Zuschauergruppe hingegen, die Kabelkunden, wollen sie benachteiligen, in dem sie zukünftig keine Einspeisekosten (…) übernehmen wollen“. Aktuelle verfüge der Betreiber über Verträge, die weiterhin laufende Zahlungen vorsehen, bestätigt Böhler.
 
„Es ist nicht nachzuvollziehen, warum ARD und ZDF jährlich rund 300 Mio Euro für ihre Verbreitung über eine Nischentechnologie wie DVB-T zahlen die einen Bruchteil der Verbraucher vorsorgt, während eine Infrastruktur, die durch ihre Investitionen in Breitbandausbau, Kapazitäten und Innovationen einen Beitrag zur Sicherung der Wettbewerbsfähigkeit Deutschlands leistet, gleichzeitig leer ausgehen sol“, erklärt auch Katrin Köster, Unternehmenssprecherin von Unitymedia.
 
Derzeit beobachte das Unternehmen ein immer größeres Spannungsverhältnis zwischen den Anforderungen der Politik an die Leistungsfähigkeit von TK-Infrastrukturen einerseits „und dem nun diskutierten Raubbau von öffentlich finanzierten Institutionen wie ARD/ZDF an diesen Infrastrukturen andererseits“, fährt Köster fort.
 
„Gebührenfinanzierung soll Programmverbreitung sichern, nicht torpedieren“, findet Marco Gassen klare Worte. „Die Kabelnetzbetreiber dürfen nicht durch ein einseitiges Diktat gezwungen werden, ihre Leistungen zu verschenken – noch dazu an jemand, der durch öffentliche Gelder finanziert wird“, stellt der Kabel-Deutschland-Sprecher die Haltung seines Unternehmens dar.
 
Dennoch sind beide Anbieter an der Einspeisung der HD-Sender von ARD und ZDF interessiert, letztlich würden das auch die Kunden verlangen, welchen die Querelen hinter den Kulissen egal sind. Denn viele Kabelnutzer fragen sich, warum der HD-Umstieg via Satellit reibungslos klappt, über Kabel aber nicht. „Unser Ziel ist die Fortsetzung der guten vertraglichen Beziehungen“, teilen die beiden Sprecher nahezu unisono mit und setzen auf Kommunikation zwischen den Partnern. Schließlich seien auch die Einspeiseverträge der vergangenen Jahre „nach intensiven und konstruktiven Gesprächen“ zustande gekommen, zeigt sich Gassen zuversichtlich. Zumindest bis Mitte März sei es diesbezüglich allerdings zu keinem Wortwechsel zwischen den Öffentlich-Rechtlichen und Kabel Deutschland gekommen.
 
Vorbereitet auf eine schnelle Einspeisung der HD-Sender ist Kabel BW jedenfalls: „Sofern es zu einer Vereinbarung kommt, wird Kabel BW auch kurzfristig Kapazitäten für die Verbreitung von zusätzlichen HD-Sendern (…) schaffen, betont Maurice Böhler. „Das Netz, das flächendeckend auf 862 MHz modernisiert ist (…), ist darauf vorbereitet“.Keine verzögerte HD-Einspeisung bei Wilhelm.Tell

Im Gegensatz zu den großen Kabelanbietern hatte der regionale Anbieter Wilhelm.tel bereits im Januar verkündet, dass vollständige HD-Programmbouquet von ARD und ZDF seinen Kunden pünktlich anzubieten. „Die neuen HD-Sender werden im gesamten Kabelnetz von Wilhelm.tel und Willy.tel am 30.April 2012 ab 06.00Uhr morgens zur Verfügung stehen“, bestätigt Wilhelm-Tel-Sprecher Oliver Weiß. Die gesetzlichen Grundlagen zur Einspeisung seien bereits geschaffen worden.
 
Die Situation gestaltet sich für den kleinen Kabelnetzbetreiber anders, als für die großen Platzhirsche. Während Kabel Deutschland und Kabel BW von der bereits erwähnten Mischfinanzierung profitieren, erhielten die kleineren Anbieter keine Einspeiseentgelte – „aus nicht nachvollziehbaren Gründen“, stellt Weiß fest. Daher betrachten die regionalen Betreiber den Wegfall der Gelder von ARD und ZDF als durchaus positiv, denn damit „würde die Ungleichbehandlung zwischen großen Kabelnetzbetreibern und der Gruppe der mittelgroßen bis kleinen Kabelnetzbetreiber aufgehoben werden“, führt Weiß aus.
 
Eine verzögerte Einspeisung der HD-Sender, etwa aus „taktischen und strategischen Gründen“, kommt für den Betreiber nicht in Frage, zumindest, wenn es sich wie im Falle der hochauflösenden Angebote von ARD und ZDF um „echtes Free-TV handelt, da heißt wir die Inhalte auch frei und ohne weitere technische Auflage erhalten“. Für den Wilhelm.tel-Sprecher ist klar: „Diese Inhalte sollten dem Kunden sofort zur Verfügung stehen“.
 
In einem ist sich Wilhelm.tel aber mit Kabel Deutschland und Kabel BW einig – das Kabel ist der beste TV-Verbreitungsweg. DVB-T sei aufgrund der geringen Senderauswahl und der „schlechteren Bildqualität“ dem Kabel unterlegen und „gegen die Satellitennutzung spricht die Tatsache, dass sich unser breites TV-Bouquet aus 14 Satellitenpositionen zusammensetzt“, so Weiß. Außerdem habe der Anbieter Pay-TV-Programme im Portfolio, welche Nutzer mit nur einer Schüssel nicht zur Verfügung stünden. „Nebenbei sehen Häuser ohne Schüssel einfach schöner aus“, geht Weiß auch auf den optischen Aspekt ein
 
ImMärz 2012 beschäftigt sich DIGITALFERNSEHEN.de im „Thema des Monats“ mitder bevorstehenden Abschaltung der analogen Satellitenausstrahlungenzum 30. April. Im Beitrag der nächsten Woche stellen wir Ihnen die imaktuellen Artikel nur angerissene Programmvielfalt im Digital-TV nocheinmal detailliert vor.Thema des Monats: Digitales Fernsehen – Vorteile, Sender, Empfang

Thema des Monats im Überblick
[rh]

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58 Kommentare im Forum

  1. AW: Thema des Monats: HD-Sender von ARD und ZDF im Kabel Interessant wäre in diesem Zusammenhang eine stets aktualisierte Auflistung, bei welchem Kabelbetreiber die neuen HD-Sender ab dem 30.4 zu sehen sind.
  2. AW: Thema des Monats: HD-Sender von ARD und ZDF im Kabel Ausserdem ist doch überhaupt nichts entschieden. Keiner der grossen KNB's hat gesagt das sie es nicht einspeisen. Entscheidend wird sein was ab 30.4 in den KCC Muxen enthalten ist.
  3. AW: Thema des Monats: HD-Sender von ARD und ZDF im Kabel Kabeldeutschland speist aber nicht nur per KCC ein! Ausserdem gibts auch noch andere Kabelanbieter.
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