Traumberuf Schauspieler: Existenzangst statt Geldsegen

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Bild: Destina - Fotolia.com
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Sie stehen im Rampenlicht, werden bewundert, angebetet – und beneidet. Doch das Leben jenseits des roten Teppichs kann recht hart sein. Nur die wenigsten Schauspieler führen ein Leben in Saus und Braus.

Kristin Meyer wusste, dass unsichere Zeiten auf sie zukommen. Das Ausmaß hat die frühere Soap-Darstellerin aber doch überrascht. „Nicht nur, dass sich die Gagen deutlich verringert haben – Fahrtkosten und Unterkunft müssen wir auch sehr oft selbst übernehmen“, berichtet die 37-Jährige, die vier Jahre lang als Iris Cöster für die RTL-Serie „Gute Zeiten, Schlechte Zeiten“ in Potsdam vor der Kamera stand. Ein bundesweites Familien- und Freundesnetz ist da Gold wert. Nachteil: Rückzugsmöglichkeiten fehlen. Willkommen im Leben vieler Schauspieler. Titel des Stücks: „Viel Ehre, wenig Geld“.
 
Heinrich Schafmeister („Comedian Harmonists“) zählt seit Jahren zu Deutschlands bekanntesten Film- und Fernsehschauspielern. Trotzdem muss sich der 54-Jährige zwischendurch immer wieder arbeitslos melden. „Ich wüsste keinen Beruf, der so verzerrt dargestellt wird wie der des Schauspielers“, sagt er. „Unser Bild in der Öffentlichkeit hat wenig mit der Wirklichkeit zu tun.“
 
Eine Aussage, die eine Studie der Forschungsgruppe Bema von der Universität in Münster bestätigt: Demnach haben 68,1 Prozent der befragten Schauspieler in den vergangenen zwölf Monaten nicht mehr als 30 240 Euro brutto verdient. Lediglich 4,7 Prozent der Befragten kamen auf einen Verdienst von mehr als 100 000 Euro.
 
Die Studie beleuchtet erstmals die genauen Lebensverhältnisse von Schauspielern. Dafür wurden von August bis September 2010 bundesweit Darsteller befragt, mehr als 700 beteiligten sich. Anlass war die Reform des Arbeitslosengelds 1 durch Gesetzesänderungen von 2009. In dem Gesetz sind auch Bedingungen definiert, unter denen auch kurzzeitig und befristet Beschäftigte Arbeitslosengeld beziehen können sollen. Die Studie zeigt jedoch: Lediglich 4,6 Prozent der befragten Schauspieler profitieren davon.

„Wir Künstler und Kulturschaffende haben immer noch keine Chance, Arbeitslosengeld 1 zu beanspruchen, obwohl wir in die Arbeitslosenversicherung einzahlen wie alle anderen auch“, schildert Schafmeister. Als Vorstandsmitglied des Bundesverbandes der Film- und Fernsehschauspieler (BFFS) kämpft er für bessere Rahmenbedingungen. Mit der Reform sei ein großer Schritt nach vorne gemacht worden – aber auch viele kleine zurück.
 
Kein Wunder also, dass Schauspielerin Maria Simon ihre Rolle der Kommissarin Olga Lenski neben Polizeihauptmeister Horst Krause im „Polizeiruf 110“ als einen „Sechser im Lotto“ bezeichnete. Mit drei Jungs und einem Mädchen ist finanzielle Sicherheit für die 35-Jährige, die mit Schauspieler Bernd Michael Lade verheiratet ist, durchaus ein Thema. Nachdem sie ihr Töchterchen im November geboren hat, pausiert sie derzeit zwar, doch im Sommer will sie wieder in Brandenburg ermitteln.
 
Auch die frühere „GZSZ“-Darstellerin Meyer räumt ein: Die Soap lässt wenig Raum für Kreativität und erfordert viel Disziplin – aber sie bietet auch Sicherheit, vor allem finanziell. „Ich kann verstehen, wenn man deswegen bleibt“, sagt die Schauspielerin. Derzeit spielt sie in Bremen auf einem Theaterschiff in einer Revue – nicht immer ein Zuckerschlecken.
 
Das größte Problem der Darsteller sind befristete Verträge: Für knapp 73 Prozent sind sie laut Bema-Studie jedoch normal. Über die Hälfte der Befragten war in den zwei Jahren weniger als sechs Monate sozialversicherungspflichtig beschäftigt. „Uns muss man nicht kündigen“, sagt Schafmeister.
 
Öffentlich jammern ist jedoch nicht angesagt. „Wenn ich mich als Bedürftiger zeige, schwäche ich meine Verhandlungsposition“, sagt Schafmeister. „Wir müssen uns eher strahlend und selbstbewusst zeigen.“ Der gebürtige Essener liebt seinen Beruf dennoch: „Man kann ihn nur nicht weiterempfehlen.“
 
Der BFFS-Vorstand kämpft allerdings für Vergütungsregeln – und eine Untergrenze der Bezahlung. „Das heißt nicht, das diese angemessen wäre“, betont er. „Aber manchmal bekommen derzeit Tiere, die beim Film mitspielen, mehr Geld als der Schauspieler.“ [Marion van der Kraats]

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