Ultra-HD setzt neue Maßstäbe

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Im Gespräch mit Holger Ippach von Nagra

Ultra-HD bringt nicht nur für die Darstellung bewegter Bilder Änderungen mit sich. Auch Benutzeroberflächen profitieren vom hochauflösenden Fernsehen der nächsten Generation. Die Redaktion von DIGITAL FERNSEHEN sprach mit Holger Ippach, Senior Vice President Sales and Operations Northern & Central Europe bei Nagra, über das Potenzial von Ultra-HD.

Auch wenn es noch einen Weilchen dauern wird, bis die ersten Übertragungen von Ultra-HD über die Bildschirme flimmern, wird im Hintergrund eifrig an der neuen Technologie gefeilt. Dies ist auch wichtig, schließlich hat es sich in der Vergangenheit immer als großer Vorzug erwiesen, wenn eine neue Technologie ausgereift beim Kunden ankommt. Neben den übertragenen Bewegtbildern müssen auch Grafiken angepasst werden. Ein Unternehmen, das sich genau mit diesem Punkt beschäftigt, ist die in der Vergangenheit eher als Verschlüsselungsexperte bekannte Nagra. Erst im September hat Nagra ein Whitepaper für die Industrie zum Thema „Maximizing the Power of Ultra high Definition through HTML5“ veröffentlicht. Es kann unter http://www.nagra.com/dtv/services-and-support/uex-studio abgerufen werden.

„Ultra-HD bedeutet vom Text hin zur Grafik“

 
Herr Ippach, mit Ultra-HD wird noch einmal die Bildauflösung gesteigert, TV-Geräte werden größer. Welche neuen Möglichkeiten ergeben sich dadurch für Endgerätehersteller und Netzwerk- bzw. Plattformbetreiber?
 
Holger Ippach: Die erhöhte Auflösung mit deutlich mehr Pixeln hat selbstverständlich große Auswirkungen auf die Interaktionsmöglichkeiten mit dem Fernseher: Erstmalig können viele Textelemente bei Programm, Werbung und auch innerhalb der Bedienoberfläche durch detailreiche grafische Elemente abgelöst werden. Somit werden umfangreiche Angebote vollständig und gleichzeitig übersichtlich dargestellt, wie zum Beispiel durch Titelbilder in Mediatheken. Weiterhin können bestehende Funktionen, wie EPG oder Kanalliste, durch direkt dargestellte Zusatzinformationen aufgewertet werden. Verkürzt gesagt, bewegen wir uns bei Ultra-HD also weg vom Text hin zur Grafik und können gleichzeitig weitaus mehr Inhalte parallel auf dem Bildschirm darstellen.
 
 
Nagra hat auf der IBC einen Ultra-HD-Showcase gezeigt. Was haben Sie den Besuchern der Messe demonstriert?
 
Ippach: Wir haben ein fertiges Konzept für eine Ultra-HD-Benutzeroberfläche gezeigt, welche das volle Potenzial von Ultra-HD ausschöpft und einen möglichen Ausblick auf die oben genannten neuen Ansätze gibt. So haben wir unter anderem eine mit dem Internet in Echtzeit abgeglichene Ranking-Funktion unmittelbar sichtbar im EPG sowie ein Video-on-Demand-Angebot integriert. Ein wesentlicher Schwerpunkt lag jedoch in der Paralleldarstellung eines unberührten HD-Fernsehsignals in voller Auflösung und unterschiedlichen Social-Media-Applikationen, unter anderem einer Videokonferenzanwendung – ein Szenario, welches am PC schon eine Weile existiert, auf dem Fernseher jedoch völlig neue Sichtweisen zulässt. Ein Medienbruch zwischen TV und Internet, mit dem Zuschauer oft bei heute vorhandenen Smart-TVs zu kämpfen haben, ist nicht mehr notwendig.
 
 
Können Sie einige Details zur Ultra-HD-UI von Nagra nennen?
 
Ippach: Zunächst: Es war kein Mockup, sondern ein lauffähiges und, wenn Sie so wollen, marktreifes Design auf Basis der OpenTV5-Middleware sowie unter Einsatz von HTML5 und Javascript innerhalb des Nagra Javascript-Frameworks. Wir können Entwicklern somit heute bereits eine Testumgebung für Ultra-HD-Angebote bereitstellen, ohne dass die Hardware vorhanden sein muss. Sicher trägt diese Testumgebung zu einer beschleunigten Einführung von Ultra-HD bei. Des Weiteren ist das Designkonzept Teil des Nagra End-to-End-Systems und, was die Sicherheit der Inhalte betrifft, von den Studios in Hollywood bereits akzeptiert.
 
 
Wann rechnen Sie damit, dass erste Ultra-HD-Programme auf Sendung gehen werden? Wann werden Ihrer Meinung nach für Endgerätehersteller und Netzwerk- bzw. Plattformbetreiber ein Ultra-HD-UI einführen?
 
Ippach: Zwar ist der Übergang zwischen Ultra-HD und HD ein weitaus größerer Schritt in punkto Bildqualität und Datenrate als von PAL zu SD und HD, dennoch können die Digitalisierungs- und Ausbauprozesse der jeweiligen Akteure heute als gelernt vorausgesetzt werden. Insofern werden viele aus unserer Sicht überrascht sein, wie schnell Ultra-HD zum echten Markt wird. Dabei wird es natürlich eine Gruppe an Early Adopters geben, sowohl bei Zuschauern, als auch bei Plattformen. Einige klassische DVB-Plattformen werden schlichtweg auf Ultra-HD setzen müssen, um den Angebotsabstand zu neuen IPTV oder Web-Plattformen wieder herzustellen.
 
 
Werden bei Ultra-HD bestimmte Übertragungswege von Vorteil sein?
 
Ippach: Ja, und zwar ebenfalls in klassischer Verteilung: Lineares Fernsehen oder DVB ist für Live-Inhalte in Ultra-HD-Auflösung besser geeignet, da die Infrastruktur für Live-TV via Internet gerade gebietsweise an HD heranreichen kann. Auf der anderen Seite ist die Nutzung von Ultra-HD-Abrufangeboten in den USA bereits Realität. Vielleicht schließen wir daher mit der Frage, ob sich Ultra-HD zuerst als Abruf- oder Live-Angebot durchsetzen wird. Und diese Entscheidung liegt beim Zuschauer und seinen Nutzungsgewohnheiten, aber natürlich auch bei den Geschäftsmodellen der Plattformen und Inhalteanbieter. Sind es also die Fußball- oder die Kino-Fans?
 
 
Vielen Dank für das Gespräch.
(Ricrado Petzold)

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