Zuhause im echten und falschen „Großstadtrevier“

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Bild: Destina - Fotolia.com
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Echte Polizisten und Krimikommissare haben häufig nicht viel gemein: Zu unterschiedlich sind der graue Dienstalltag und die aufregend-inszenierte Jagd auf Verbrecher. Doch manchmal kommen beide Welten auch zusammen, so wie beim ARD-„Großstadtrevier“.

Nur wenige Kilometer liegen zwischen ihren beiden Revieren, dem Polizeikommissariat 25 und dem ARD-„Großstadtrevier“. Doch manchmal trennen diese beiden Reviere im Hamburger Stadtteil Bahrenfeld Welten. Welten, auf die keiner der drei Kommissare Michael Much, Thorsten Käufer und Wolfgang Koellner verzichten möchte – es gibt einfach zu viele schöne Erinnerungen, rührselige Momente und emotionale Erlebnisse, erzählen die hauptberuflichen Polizisten, die seit Jahren als Statisten in der Krimiserie tätig sind.
 
So auch dieser Moment: Plötzlich stand die alte Dame in der Tür, mit Erdbeerkuchen in der Hand und Tränen in den Augen: „So nett sind noch nie Polizisten zu mir gewesen“, sagt sie – obwohl sie doch eigentlich schuld an einem kleinen Verkehrsunfall gewesen war. Das war dann aber keine Szene aus der Deutschen liebsten Polizeiserie „Großstadtrevier“, sondern schnöde Wirklichkeit.

Oberkommissar Michael Much rührt gedankenvoll in seiner Kaffeetasse: „Jeder von uns dreien kennt Hunderte von solchen Geschichten. Spannend. Lustig. Rührend. Aber noch nie hat einer der Drehbuchautoren uns danach ausgefragt“. Kollege Thorsten Käufer, gleichfalls Oberkommissar, ergänzt lachend: „Da werden wir wohl doch noch mal selbst ein Drehbuch schreiben müssen“. Und der dritte im Bunde, Kommissar Wolfgang Koellner, nickt dazu.
 
Alle drei sind Polizisten, alle drei sind es aus Leidenschaft. „Ich habe nie etwas anderes werden wollen“, sagt Käufer. Schon gar nicht Schauspieler. Und doch sind sie es geworden. So ein bisschen. Denn fünf bis sechs Tage im Monat wechseln sie von ihrer echten Revierwache, dem Polizeikommissariat 25, in die „Großstadtrevier“-Kulisse über. Dort sieht man sie am Schreibtisch sitzen, Akten sortieren oder auch mal „Harry“ ermunternd zunicken. Gute Geister im Hintergrund. Keiner kennt sie. Aber ihre Gesichter sind jedem „Großstadtrevier“-Zuschauer vertraut.
 
Es war noch Jürgen Roland gewesen, der Erfinder der Dauerserie, der auf die Idee gekommen war, in den Klein-Rollen echte Polizisten einzusetzen – Käufer ist am längsten dabei, wohl über 20 Jahre. Aber auch die anderen beiden bringen es auf acht und zehn Jahre, und alle drei möchten von „ihrer“ Serie nicht lassen. „Das ‚Großstadtrevier‘ ist für uns so was wie eine Art Zweit-Zuhause“, sagt Koellner. Kollege Käufer ergänzt: „Wenn ich mal länger nicht dabei war und höre, dass sie irgendwo dort draußen drehen, fahre ich schon mal hin und sehe nach, ob es denen auch gut geht“.
 
Kein Neid auf die Schauspieler: „Wie hart die arbeiten müssen! Und mancher Drehtag scheint kein Ende zu nehmen“. Da ist der eigene Job mit fester Arbeitszeit und sicherer Altersversorgung nicht zu verachten. Und außerdem, sagt Koellner: „Was erlebt man als Polizist nicht alles! Jeder Tag ist irgendwie anders…“ Was nicht immer fürs Schauspielerleben gilt.
 
Hier wir Schauspieler. Dort wir Polizisten. Das gebe es am Set nicht: „Wir sind so was wie eine Familie“. Da fällt auch schon mal ein Küsschen, eine Umarmung ab. Und Much bekommt einen träumerischen Blick, wenn er an die schöne Anja Nejarri zurückdenkt. Manchmal erbitten die Schauspieler auch einen Rat. Wie man sich denn als Polizist nun richtig verhält, wo ein Verhafteter, pardon, „ein vorläufig Festgenommener“ im Streifenwagen zu sitzen hat und so. Dennoch läuft nicht immer alles im Buchstabensinn ganz korrekt ab, dann sträuben sich bei den echten Polizisten schon mal die Nackenhaare. Aber zugleich lächeln sie gutmütig, denn: „Das ist eben Film. Der hat sein eigenes Gesetz“.
 
Die Realität findet jedenfalls draußen statt und bricht nur manchmal in die Filmwelt ein. Wenn zum Beispiel plötzlich ein echter Einsatz ansteht. Dann gilt: Aufnahme hin oder her – der eigentliche Beruf geht vor.
 
Denn die Schauspielerei bleibt ihre (amtlich genehmigte) Freizeitbeschäftigung. Etwas Honorar gibt es dafür auch, „mehr ein Schmerzensgeld“, sagen die drei lachend. Der Spaß an der Sache zählt. Und der war besonders groß, als es zur 300. Jubiläumsfolge nach Bad Segeberg ging, in die Kulisse der Karl-May-Festspiel. Es sollte mal ein „Großstadtrevier“ ganz im Western-Stil geben, High Noon an der Reeperstreet, und die drei hatten diesmal richtige kleine Rollen bekommen, als Schmied, Barbier und Banker.
 
Die Zuschauer waren von diesem Westernausflug nicht allzu begeistert, umso mehr die Mitwirkenden. Und nun müssen schon mal alle fleißig singen üben. Weil ihnen Jan Fedder bereits angedroht hat: Die nächste Jubiläumsfolge machen wir als Musical. Und da darf dann kein Wort gesprochen werden. Die drei blicken sorgenvoll. Cop ist manchmal eben doch ein schwerer Beruf. Auch beim „Großstadtrevier“. [Paul Barz]

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