Anne Will: „Tagesthemen“ sollten immer pünktlich beginnen

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Bild: Destina - Fotolia.com
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Hamburg – Anne Will, seit 2001 ARD-„Tagesthemen“-Moderatorin hat ihren letzten Arbeitstag am 24. Juni. Im Interview äußert sich die 41-jährige Journalistin über ihre wichtigsten Erfahrungen der vergangenen sechs Jahre und was sich rund um die Sendung ändern muss.

Sie hatten gerade Ihre Vertragszeit bei den „Tagesthemen“ bis 2009 verlängert, als Sie der Vorschlag ereilte, den ARD-Polit-Talk zu übernehmen? Bekommt man da kein schlechtes Gewissen?

Anne Will: Ich wäre gerne bei den „Tagesthemen“ geblieben. Aber ein so fantastisches Angebot, wie den Talk am Sonntagabend zu übernehmen, konnte ich nicht ausschlagen. Schön war, dass mir meine ARD-aktuell- Kollegen nie das Gefühl gegeben haben, ich würde sie im Stich lassen.
 
Ihre Karriere bei den „Tagesthemen“ begann am 11. September 2001 mit einem Paukenschlag. Wie haben die Ereignisse Sie als Journalistin beeinflusst?
 
Will: Die Attentate waren das entscheidende weltpolitische Ereignis der sechs Jahre. Die Kriege in Afghanistan und im Irak waren ja Folgen davon. In diesen sechs Jahren hat sich auch unsere Arbeit verändert. Nachrichten werden immer noch schneller produziert. Geschwindigkeit ist inzwischen das entscheidende Qualitätskriterium geworden. Das muss man nicht gut finden. Das ist aber so. Dieser Ehrgeiz hat sich beim Tod von Papst Johannes Paul II besonders fatal ausgewirkt. Da zuckte einer zu früh und vermeldete den Tod schon, obwohl der Papst noch lebte. Da hat sich ein weiteres Mal gezeigt, dass unklare Quellenlagen sorgsam zu überprüfen oder als unklar zu benennen sind. Klassisches journalistisches Handwerk, das beim tollsten Tempo gelten muss.
 
Die „Tagesthemen“ sind ein bewährtes Format. Was gilt es zu verbessern?
 
Will: An den „Tagesthemen“ selbst nichts. Natürlich ist es nicht optimal, dass die Sendung künftig verschiedene Anfangszeiten hat, und das wird künftig am Mittwoch der Fall sein wegen Frank Plasbergs neuer Talkshow. Aber wenn er für einen guten Vorlauf sorgt, können auch die „Tagesthemen“ profitieren.
 
Welches von Ihnen geführte Interview hat den größten Eindruck bei Ihnen hinterlassen?
 
Will: Ich habe im Sommer 2005 ein Gespräch mit Kanzler Gerhard Schröder geführt, als er auf Reisen in Washington war. Er wollte lieber über außenpolitische Themen reden, ich lieber über die angespannte innenpolitische Situation und die gerade angekündigte Vertrauensfrage. Da sagte er im Interview: „Das war aber anders abgesprochen.“ Abgesprochen war natürlich gar nichts, denn „Tagesthemen“-Interviews werden nicht abgesprochen.
 
Bekommen „Tagesthemen“-Moderatoren heutzutage noch Fanpost?
 
Will: Als ich bei der Sendung anfing, habe ich zunächst nach den vielen Waschkörben gesucht, die man angeblich brauchte, um die Fanpost anzuliefern. Aber es kommen schon einige Briefe, auch mit konstruktiven Absätzen. Und auch Heiratsanträge, die ich dann freundlich, aber bestimmt ablehne…
 
Interview: Carsten Rave, dpa[fp]

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