Anixe HD: „HDTV braucht Quotenmessung“

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Bild: © Phongphan Supphakank - Fotolia.com
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München – Der HD-Ausstieg von ProSiebenSat.1 ist ein herber Schlag für den deutschen HDTV-Markt. DIGITAL FERNSEHEN sprach mit dem Geschäftsführer des letzten übrig gebliebenen deutschen Free-TV-Senders „Anixe HD“, Emanuel Lapidakis.

DIGITAL FERNSEHEN: Herr Lapidakis, welche Folgen hat der ProSiebenSat.1-Ausstieg für Anixe HD?
 
Emanuel Lapidakis: Zuerst steht für uns natürlich die Frage, was mit dem Transponder 119, auf dem wir gemeinsam mit Pro Sieben HD und Sat.1 HD gesendet haben, jetzt passiert. Dazu werden wir mit unserem Uplink-Dienstleister APS in den nächsten Tagen Gespräche führen.

DF: Können Sie die Gründe für den Ausstieg von ProSiebenSat.1 nachvollziehen?
 
Lapidakis: Der Ausstieg ist absolut heftig. Die genannten finanziellen Gründe sind verständlich, allerdings dürften sich die Kosten für ein derart riesiges Medienimperium relativieren. Das Timing für den Ausstieg war denkbar schlecht.
 
DF: Sie sind ein erfahrener Experte beim verhandeln um Film-Rechte: Hat ProSiebenSat.1 vielleicht extra für die HDTV-Ausstrahlungen der aktuellen Serien zahlen müssen?
 
Lapidakis: Davon gehe ich nicht aus, es spielt eigentlich bei den Rechteinhabern keine Rolle, ob sie die Filme und Serien in SD oder HD ausstrahlen.
 
DF: ProSiebenSat.1 opfert die HDTV-Ausstrahlung für 16:9. Ist dieser Schritt für Sie nachvollziehbar?
 
Lapidakis: Das macht für ein Sendehaus, dass so viel Mischprogramme hat, vollkommen Sinn. Dabei ist die 16:9-Umstellung ein logischer Schritt hin zum HDTV, vor allem wenn man dazu noch die Bitraten erhöht.
 
DF: Anixe HD ist damit der letzte verbleibende Free-TV-Kanal mit hochauflösendem Programm. Wird die Verringerung des Sender-Angebots die Markteinführung bremsen?
 
Lapidakis: Auf jeden Fall, aber darüber machen wir uns derzeit noch keine Gedanken. Wir müssen diesen Schlag jetzt erst einmal verdauen. Der Zeitpunkt des ProSiebenSat.1-Ausstiegs war für uns sehr überraschend, gerade weil wir in letzter Zeit bei der Entwicklung des Free-TV-Markts entscheidend vorangekommen sind.
 
Wie sind denn derzeit die Rahmenbedingungen für werbefinanzierte HDTV-Sender in Deutschland?

Lapidakis: Wir waren gerade dabei, hierfür die lebensnotwendige Grundlage zu schaffen. Der wichtigste Schritt dabei waren die Gespräche mit der GfK, die in Deutschland die Einschaltquoten ermittelt. Mit Hilfe neuer Geräte sollen bald unter anderem auch HDTV-Quoten gemessen werden. Auch wichtig für kleine Sender: Im Bereich unter einem Prozent Marktanteil sind nun auf die Komma-Stelle genaue Angaben möglich. Die Zahlen sind für uns unglaublich wichtig, weil die Werbeindustrie erst Werbung schaltet, wenn gesicherte Zuschauerzahlen vorliegen. Angekündigt ist zumindest eine Einführung 2009.
 
DF: Und diesen Schritt sehen Sie nun gefährdet?
 
Lapidakis: ProSiebenSat.1 ist ein wichtiger Gesellschafter der GfK. Unser absoluter Alptraum wäre, wenn die GfK letztlich noch einen Rückzieher machen würde und die HD-Einschaltquoten nun doch nicht gesondert erhebt. In diesem Fall wird es in Deutschland keine HDTV-Entwicklung bis 2010 geben.
 
DF: Also sind die fehlenden GfK-Messungen das eigentliche Problem bei der HDTV-Einführung?
 
Lapidakis: Das ist der Eckpunkt, die Messung der Reichweite ist das Wichtigste. Denn wenn erstmal gesicherte Zahlen vorliegen, wird die Werbebranche mitmachen, dann fließt auch Geld in die Kassen. Ich bin fest davon überzeugt, dass es dann sehr schnell ein breites Angebot an Free-TV-Kanälen geben wird. Die Situation ist eigentlich ganz simpel: Ein werbefinanzierter Sender ohne Reichweitenmessungen kann nicht bestehen. Wir brauchen die Quotenmessung.
 
DF: Gern wird die geringe Zahl von HDTV-Receivern als Argument der Sender genutzt. Wie hat sich dieser Teil des Markts aus ihrer Sicht entwickelt?
 
Lapidakis: Hier sind deutliche Fortschritte erzielt worden. Wir verkaufen ja auch subventionierte Receiver in geringen Mengen, und die sind bei uns ständig ausverkauft. Wenn wir eine Lieferung von 500 Stück erhalten, ist die garantiert in sechs Tagen vergriffen. Derzeit ist hier im Markt eine enorme Dynamik da. Ich gehe davon aus, dass in diesem Jahr eine Millionen Receiver verkauft werden – vorausgesetzt die Preise gehen noch ein wenig nach unten.
 
Auch das hat die Erfahrung gezeigt: Der Preis ist ein entscheidendes Argument, die Käufer sind in der Masse nicht bereit, über 200 Euro für einen HDTV-Receiver auszugeben.
 
DF: Gehen wir vom Schlimmsten aus: Was passiert mit Anixe, wenn die Gfk-Zahlen nicht kommen? Geht ihnen als kleiner Sender nicht irgendwann die Luft aus?
 
Lapidakis: Wir haben uns von Beginn an auf einen längeren Zeitraum eingestellt und denken gar nicht daran, abzuschalten. Dennoch hängt letztlich auch unsere Zukunft von der Reichweitenmessung ab. Sollte die GfK sich dazu entschließen, doch nicht zu messen, dann könnte es auch für uns gefährlich werden.
 
DF: Herr Lapidakis, vielen Dank für das Gespräch.[lf]

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26 Kommentare im Forum

  1. AW: Anixe HD: "HDTV braucht Quotenmessung" Natürlich werden sie gemessen. Zwar nicht bei allen Zuschauern, wohl aber bei einer entsprechenden Stichprobe. Wie kommst du auf die Idee, dass hier keine Messung vorliegen könnte? Greets Zodac
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