„Frontal 21“ berichtet über Ausbeutungs-Vorwürfe gegen Ikea

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Mainz – Kranke, ältere und alleinerziehende Mitarbeiter werden unter Druck gesetzt, Betriebsräte massiv behindert: Mitarbeiter und Gewerkschaft erheben schwere Vorwürfe gegen den Möbelkonzern IKEA.

„Ikea verlangt alles von den Mitarbeitern: absolute Flexibilität, körperlichen Einsatz bis zur Erschöpfung, Krankheit wird kaum akzeptiert. Da sind wir fast schon wieder im Frühkapitalismus angelangt“, so Christina Frank von der Gewerkschaft verdi gegenüber dem ZDF-Magazin „Frontal 21“ am 29. April 2008, 21.00 Uhr.
 
Die dünne Personaldecke führe zu körperlichen Zusammenbrüchen von Mitarbeitern, von Teilzeitkräften werde totale Flexibilität bei schlechter Bezahlung erwartet. So sollen Teilzeitkräften einer IKEA-Filiale die Sozialversicherungsausweise abgenommen worden sein, um sie an der Ausübung eines Zweit-Jobs zu hindern.
 
In mehreren Briefen an die Geschäftsführung, die „Frontal 21“ vorliegen, äußern Mitarbeiter ihre Empörung: „Wie lange soll dieser Wahnsinn noch andauern? Die Kolleginnen und Kollegen aus allen Bereichen gehen jeden Tag an ihre körperliche und seelische Belastungsgrenze, leisten zahlreiche Überstunden und krank zu arbeiten ist Normalzustand und wird unterschwellig sogar erwartet.“ Weiter heißt es: „Wir gehen ja jetzt schon auf dem Zahnfleisch. Ausbeutung der Mitarbeiter auf großem Niveau und das bei einer Weltfirma. Jetzt gehen wir auf das Niveau von Schlecker, Lidl und Aldi.“
 
Nach Recherchen von „Frontal 21“ wurden IKEA-Mitarbeiter ohne Zustimmung des Betriebsrats von Kameras überwacht, zudem illegale Protokolle über den Gesundheitszustand von Mitarbeitern angefertigt. Auf Betriebsräte werde von Vorgesetzten massiver Druck ausgeübt: „Betriebsräte werden behandelt wie Vogelfreie. Wer Betriebsrat geworden ist, der hat seine Karriere vermiest, der kann eigentlich darauf warten, dass er irgendwann mal zur Aufgabe seines Arbeitsplatzes gezwungen wird“, so Christina Frank.
 
Eine ehemalige IKEA-Führungskraft bestätigt gegenüber „Frontal 21“: „Man bekommt immer eingebläut: Der Betriebsrat ist der Gegner. Die Personalleiter werden darauf geschult. Ich habe an solchen Schulungen auch teilgenommen. Dort geben Juristen regelmäßig Seminare, wie man gegen die Betriebsräte vorzugehen hat.“
 
Nach Prüfung der Unterlagen erklärt Professor Gerhard Bosch vom Institut Arbeit und Qualifikation: „Dahinter steckt ein knallhartes System der Kontrolle von oben, die Beschäftigten haben keine Freiheitsspielräume, können sich nicht erholen, können ihre Rechte nicht wahrnehmen.“
 
Das Unternehmen weist gegenüber „Frontal 21“ die Vorwürfe zurück. Es handele sich um Einzelfälle, man wolle den Vorwürfen aber nachgehen.
Die in Hofheim-Wallau bei Wiesbaden ansässige Deutschland-Zentrale des Unternehmens erklärte, die Vorkommnisse lägen zum überwiegenden Teil Jahre zurück und hätten längst zu Konsequenzen – auch personellen – geführt. IKEA lege Wert auf gute Personalführung und prüfe jeden Hinweis auf unkorrektes Verhalten gegenüber Mitarbeitern nach.
 
In jüngster Vergangenheit hat es mehrfach Berichte über Videoüberwachungen gegeben – im Mittelpunkt stand dabei der Dicounter Lidl. Nach Informationen des Magazins hatte IKEA im vergangenen Jahr 45 Millionen Kunden, die die Einrichtungshäuser über 100 Millionen Mal besuchten. Im Geschäftsjahr 2007 lag der Umsatz bei 3,2 Milliarden Euro. 13.700 Menschen arbeiten an 43 IKEA-Standorten in Deutschland. (ots)[mg]

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17 Kommentare im Forum

  1. AW: "Frontal 21" berichtet über Ausbeutungs-Vorwürfe gegen Ikea Absolut Irre - die Geschichte. Ein Trauerspiel, was hier abgeht.
  2. AW: "Frontal 21" berichtet über Ausbeutungs-Vorwürfe gegen Ikea Das ist schade, dass die menschen immer unzensiert alles glauben, was im TV berichtet wird. Nachdem ich das Interview mit Frau Frank gelesen habe, frage ich mich, wer sie dafür bezahlt hat, IKEA in den Schmutz zu ziehen, vielleicht ein Mitbewerber??? Ich selber arbeite seit über 10 Jahren in dem Unternehmen, als Mitarbeiter, und konnte solche Missstände nicht feststellen. Dass IKEA keinen Tarifabschluss unterschrieben hat ist richtig, dennoch richten sie sich nach dem Einzelhandelstarif, und zwar freiwillig! Ausserden kenne ich nur noch sehr wenige Betriebe, die Weihnachts- und Urlaubsgeld zahlen, und das tut IKEA auch freiwillig. Wahrscheinlich gibt es unter Mitarbeitern und Führungskräften immer schwarze Schafe, aber mit Sicherheit sind die 14 000 Mitarbeiter sehr gerne bei IKEA angestellt. Das Arbeitsklima ist, auch wenn sich die Zeiten geändert haben im Vergleich zu den goldenen neunzigern, noch immer sehr freundlich und locker und offen, wie es die schwedische Philosophie vorsieht. Die Betriebsräte leisten sinnvolle Arbeit und werden von der Geschäftsleitung gewürdigt. Oft sind auch Abteilungsleiter im BR vertreten, und niemand steht auf einer Abschussliste! Es ist sehr schade, dass eine Person, nur weil sie zu verdi gehört, so viel Gehör bekommt, indem sie Einzelfälle hochpuscht, die bei einer Zahl von 14000 Mitarbeitern unweigerlich vorkommen. Nur ist deshalb IKEA kein schlechtes Unternehmen, genau so wenig wir verdi deshalb eine schlechte Gewerkschaft ist. Bin sehr gespannt auf den Bericht heute abend.
  3. AW: "Frontal 21" berichtet über Ausbeutungs-Vorwürfe gegen Ikea das liest sich wie eine schön formulierte bezahlte virale kampagne werter erstposter, nicht wie eine persönliche meinung.
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