Darf’s ein bisschen mehr sein? – Werberabatte in der Diskussion

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Bild: © Phongphan Supphakank - Fotolia.com
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Köln – Aktuelle Kontroversen über Entwicklungen im TV-Werbemarkt prägten gleich zwei Panel-Diskussionen beim 20. Medienforum NRW.

Dabei ging es zum einen um die Zukunft von Werberabatten, nachdem das Bundeskartellamt die beiden großen Fernsehvermarkter SevenOne Media und IP Deutschland zur Überarbeitung ihrer bisherigen Geschäftsmodelle gezwungen hat. Zum anderen wurden die Auswirkungen möglicher zusätzlicher Werbeverbote beziehungsweise -beschränkungen erörtert.
 
Prof. Dr. Dr. Michael Martinek von der Universität Saarbrücken leitete mit einer Keynote das Panel „Werberabattmodelle im TV: Darf’s ein bisschen mehr sein?“ ein. Das Duopol der beiden großen TV-Vermarkter im Zusammenspiel mit den „Big Five“ der Mediaagenturen, die die Werbekunden beraten und deren Buchungen abwickeln, habe offenbar zu Misstrauen geführt. Allerdings, gab Martinek zu bedenken, „sind nur überzogene Rabatte kartellrechtlich unzulässig“. Die aktuelle Diskussion habe auch die Frage aufgeworfen, in welcher Rolle man die Mediaagenturen sehen wolle: entweder als Treuhänder der Werbungtreibenden oder in Eigenhändlerfunktion.
 
Jan Kühl, Geschäftsführer des RTL-2-Vermarkters El Cartel Media, versuchte in der anschließenden Podiumsdiskussion ebenfalls zur Klärung dieses Sachverhalts beizutragen. „Das Verhältnis zwischen Kunde und Agentur muss genauer definiert werden“, sagte er. „Ich wünsche mir, dass sich die Werbungtreibenden mehr eigenes Know-how aneignen.“
 
Dies sei auch erwünscht, sagte Thomas Schönen, Vorstand der Organisation Werbungtreibende im Markenverband (OWM). Bei einer OWM-Umfrage hätte ein Großteil der Mitglieder bekundet, dass man die Mediaagenturen ausschließlich in beratender Funktion sehen wolle.
 
Dass in der Realität allerdings kaum ein TV-Werbegeschäft ohne Agentur abgewickelt wird, zeigte Florian Ruckert, Geschäftsleiter Marketing bei IP Deutschland auf: „Nur zwei Prozent unserer Kunden sind derzeit Direktkunden, 98 Prozent Agenturkunden.“ Es sei auch zweifelhaft, ob sich dies in Zukunft nennenswert verändere. „Die Agenturen erfüllen einen sehr wichtigen Beratungsjob und haften auch dem Sender gegenüber, wenn etwas schiefgeht“, zeigte der Vertreter des RTL-Vermarkters Vorteile aus Sicht der Werbungtreibenden auf.
 
Das folgende Panel setzte sich unter dem Titel „Werbeverbote: Wer wird denn gleich in die Luft gehen?“ mit der aktuellen Diskussion um mögliche weiterführende Werbeverbote aus Gesundheits-, Jugend- oder Verbraucherschutzgründen auseinander und wurde in Kooperation mit dem Institut für Europäisches Medienrecht e.V. (EMR) angeboten. Thomas Kleist, der Direktor des EMR, lieferte zunächst eine Einschätzung der Sachlage. „Es kann bei Werbeverboten nicht darum gehen, den Verbraucher vor jeglicher Einflussnahme zu schützen“, führte er aus. „Das würde nicht der Realität entsprechen.“ Daher müsse man Maßnahmenpakete, die auf EU-Ebene und in Deutschland angedacht seien, noch einmal auf den Prüfstand stellen. „Ich hoffe, dass wir einen gerechten Interessenausgleich finden und nicht jedes Detail regulieren müssen“, sagte Kleist.
 
Die TV-Sendervertreter auf dem Podium pflichteten dem liberalen Kurs ihres Vorredners bei. „Das Prinzip der freiwilligen Selbstkontrolle hat sich in vielen Bereichen bewährt“, befand Lars Wagner, Vice President und General Manager des deutschen Disney Channel. „Letztlich ist der verantwortungsvolle Umgang mit den beworbenen Produkten entscheidend“, ergänzte DSF-Geschäftsführer Oliver Reichert. Es sei auch wenig „zielführend“, einen Konzern wie McDonald’s pauschal abzulehnen, da dieser zwar mitunter ungesundes Essen anbiete, aber gleichzeitig auch einer der größten Förderer des Deutschen Fußball-Bundes (DFB) sei.
 
Prof. Wolfgang Thaenert, Direktor der Hessischen Landesanstalt für privaten Rundfunk und neue Medien (LPR Hessen), sprach sich ebenfalls für Zurückhaltung bei der Regulierung von Werbeangeboten aus. „Ich halte überhaupt nichts davon, generelle Verbote zu etablieren“, sagte Thaenert. „Man kann auch unter Sechsjährigen nicht die Teilnahme am Straßenverkehr verbieten, weil es dort gefährlich ist.“
 
Mit dieser Bemerkung spielte der LPR-Direktor auf aktuelle Vorgänge in Schweden an, wo die Regierung an einem generellen Verbot von Werbung, die sich an Kinder und Jugendliche unter zwölf Jahren richtet, festhalten will. Diese Regelung ist der EU zu streng, weshalb ein Verfahren vor dem europäischen Gerichtshof droht. „Das ist ein positives Signal im Gegensatz zur Regulierungswut, die man sonst aus Brüssel kennt“, lobte auch Wagner, während sich Reichert abseits der Schweden-Diskussion einen allgemeinen Seitenhieb auf die EU nicht verkneifen konnte. „Die Qualität der Politiker in Brüssel entspricht mitnichten dem Standard, den wir verdient hätten“, kommentierte der DSF-Geschäftsführer. (Medienforum)[mg]

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