Interview: „Die Rundfunkgebühr ist keine Steuer“

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Bild: © Phongphan Supphakank - Fotolia.com
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Leipzig – Sollte bei den öffentlich-rechtlichen Sendern in Deutschland die Werbung abgeschafft werden? Darüber sprach DIGITAL FERNSEHEN mit Grietje Staffelt, der medienpolitischen Sprecherin der Bundestagsfraktion von Bündnis 90/Die Grünen.

Durch die Ankündigung von Präsident Nicolas Sarkozy, ab Januar schrittweise ein Werbeverbot im öffentlich-rechtlichen Rundfunk in Frankreich einzuführen, wird auch in Deutschland die Frage laut, wie es in Sachen Rundfunkfinanzierung weitergehen könnte.

DIGITAL FERNSEHEN: Halten Sie Werbung bei den öffentlich-rechtlichen Sendern angesichts der Gebührensituation in Deutschland noch für gerechtfertigt?
 
Grietje Staffelt: Die Rundfunkgebühr würde bei einem Verzicht auf Werbung steigen. Deshalb muss bei der Forderung nach einem völligen Verbot auch immer klar sein, woher die rund 1,50 Euro kommen sollen, die jeder Gebührenzahler pro Monat mehr zahlen müsste. Wenn es eine Lösung gäbe, die nicht zu Lasten der Gebührenzahler ginge, fände ich ein Verzicht auf Sponsoring sehr gut und würde mich auch nicht gegen ein Werbeverbot aussprechen. Die Glaubwürdigkeit der öffentlich-rechtlichen Sender würde durch diesen Schritt sicherlich gestärkt.
 
DF: Was halten Sie von dem Vorschlag, die entstehenden Einnahmeausfälle bei den Sendern – wie von Sarkozy vorgeschlagen – durch eine Steuer von ungefähr 0,9 Prozent auf die Umsätze der Festnetz-, Mobil-und Online-Anbieter zu ersetzen?
 
Grietje Staffelt: Die Rundfunkgebühr ist keine Steuer und darf auch keine sein. Es widerspricht der Staatsferne, den öffentlich-rechtlichen Rundfunk in Deutschland durch Steuern zu finanzieren. Unter anderem deshalb, weil man nicht möchte, dass der Staat dadurch indirekt Einfluss auf die Programme nimmt. Deutschland hat hier schlechte Erfahrungen gemacht und auch Präsident Sarkozy scheint sich nicht nur in die Finanzierung, sondern auch in die Personalbesetzung des Rundfunks einzumischen. Aus diesem Grund ist der Vorschlag Sarkozys hierzulande undenkbar.
 
DF: Präsident Nicolas Sarkozy sieht ja vor, die Werbung in Frankreich
ab Dezember 2011 vollständig abzuschaffen. Wäre dies auch ein Modell für Deutschland? Wenn ja, wie sollten in Deutschland Ihrer Meinung nach die öffentlich-rechtlichen Sender finanziert werden?
 
Grietje Staffelt: Ich würde als ersten Schritt ein Verzicht auf Sponsoring – abgesehen von Sportveranstaltungen – begrüßen. Gerade das Sponsoring zwischen Nachrichtensendungen und dem Wetter kratzt an der Glaubwürdigkeit. Der Verzicht auf Sponsoring ist nicht sehr teuer, wenn er nicht gerade den Sport betrifft. Das sollte über Einsparungen in der Verwaltung kompensiert werden. Die grüne Mediengebühr (eine Gebühr pro Haushalt, unabhängig von den Geräten) zum Beispiel würde gegenüber der jetzigen gerätegebundenen Gebühr weniger Verwaltungsaufwand bedeuten. Diese Mittel könnten für den Verzicht auf Sponsoring genutzt werden.
 
DF: Würde mit einem Werbeverbot die Qualität der Sendungen beeinträchtigt?
 
Grietje Staffelt: Ich glaube kaum, dass ein Werbeverbot die Qualität der Sendungen beeinträchtigen würde – solange die Finanzierung gewährleistet bleibt. Falls die öffentlich-rechtlichen Sender auf Werbung verzichten, muss deshalb klar sein, dass die Gelder in der Verwaltung, nicht aber im Programm eingespart werden.
 
DF: Frau Staffelt, vielen Dank für das Gespräch.
 
Das Interview gibt die Meinung des Interviewpartners wieder. Diese muss nicht der Meinung des Verlages entsprechen. Für die Aussagen des Interviewpartners wird keine Haftung übernommen. [ar]

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21 Kommentare im Forum

  1. AW: Interview: "Die Rundfunkgebühr ist keine Steuer" Kann man nicht endlich mal mit diesem Unsinn aufhören? Es gibt auch hartz4 empfänger die nicht mit geld umgehen können(bekomme selber hartz4 daher kann ich das beurteilen),und deswegen bei irgendwelchen tafeln betteln. Deswegen kann man aber nicht sagen das hartz4 zu wenig ist. Genauso ist es bei den ÖR,wären da leute die was von Finanzen verstehen verantwortlich,würde es ohne werbung das selbe kosten. Wann denn? Bitte nicht mit dem 3 Reich kommen,da war die medien situation eine völlig andere,die mit der heutigen situation nicht mal ansatzweise vergleichbar ist.
  2. AW: Interview: "Die Rundfunkgebühr ist keine Steuer" ist es nicht total egal wie man eine abgabe nennt die zwangsweise eingetrieben wird? ob gebühr oder steuer oder wie auch immer genannt, es bleibt zwang und den können sie nennen wie sie wollen, besser wird es dadurch auch nicht. und glaubt ja nicht das mal irgend etwas billiger wird in diesem land. wo das wohl noch alles hin führen wird?
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