WDR dokumentiert Geiseldram von Gladbeck

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Bild: Destina - Fotolia.com
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Köln – Die 90-minütige WDR-Dokumentation von Michael Gramberg wurde nach Absprache mit der Mutter von Silke Bischoff realisiert.

Der TV-Film wird im WDR Fernsehen am 13. August um 23.15 Uhr gesendet. Silke Bischoff leidet noch heute wie am ersten Tag unter dem tragischen Tod ihrer Tochter. Zunächst wollte sie, dass der Name und die Aufnahmen ihrer Tochter nie mehr veröffentlicht werden dürfen. Doch es gelang dem WDR, sie davon zu überzeugen, die bedrückende Geschichte der Geiselnahme, die Silke das Leben kostete, noch ein letztes Mal zu dokumentieren. Das Geschehen noch einmal zu beleuchten und zu hinterfragen, damit sich so etwas nie wiederholt.

16. August 1988: Die Gangster Hans-Jürgen Rösner und Dieter Degowski haben in Gladbeck eine Bank überfallen, zwei Geiseln genommen, 300 000 Mark Lösegeld und einen Fluchtwagen gefordert. Sie geben von der Bank aus per Telefon Hörfunkinterviews und drohen, die Geiseln zu erschießen. Draußen stehen Fernsehteams und berichteten live. Ein Verbrechen wird am Bildschirm verfolgt, während es geschieht.
 
Drei Tage lang wird die Republik das Drama wie gebannt verfolgen, den Geiselnehmern und ihren Opfern von Gladbeck über Bremen und die Niederlande nach Köln auf den Fersen sein. Die Polizei ist ratlos, agiert chaotisch. Sie lässt Reporter, Fotografen und Kameraleute gewähren und schafft es selbst nicht, mit den Geiselnehmern Kontakt zu halten. Die Polizei schaut zu, wie die Geiselnehmer eine Show abziehen, die Knarre im Schoß, sich wichtig tun.
 
Wie sie Fernsehinterviews geben und dabei behaupten, ihr eigenes Leben sei ihnen „scheißegal“ und wenn sie andere Menschen mit in den Tod rissen, könne man da eben nichts machen. Als die Polizei merkt, dass die Journalisten schließlich überall im Wege sind, ist es zu spät. In Bremen sorgen die Kidnapper für Panik, kapern einen mit 30 Personen besetzten Bus. Sie wollen die Geiseln austauschen, gegen einen Kripobeamten. Die Polizei lehnt ab. Nach einer abenteuerlichen Flucht in die Niederlande stehen sie schließlich mit einem neuen Fluchtwagen und noch zwei Geiseln in der Kölner Innenstadt und prahlen gegenüber den Journalisten, sie hätten einen Jungen „umgelegt“.
 
Es war der fünfzehnjährige Emanuele, der seine kleine Schwester schützen wollte. Dann versuchen sie, über die Autobahn zu entkommen. Und als das Sondereinsatzkommando der Polizei den Fluchtwagen auf der Autobahn rammt, stirbt die achtzehnjährige Silke Bischof. Die Obduktion ergibt, dass die junge Frau durch eine Kugel aus Rösners Pistole getroffen wurde. Am Ende herrscht Ratlosigkeit, Trauer und Wut. Die Polizei hat kläglich versagt. Und die Medien?
 
Die Kripo behauptet, die Journalisten hätten die Polizei bei ihrer Arbeit behindert. Doch warum hat sie die Medien nicht zurückgepfiffen? Nach 20 Jahren zeigt das WDR Fernsehen diese beeindruckende Dokumentation, die viele noch nicht gesendete Aufnahmen enthält. Dies, weil direkt nach dem tödlichen Ausgang eine selbstkritische Diskussion in den Rundfunkanstalten und Verlagshäusern darüber entbrannte, wie weit man in Bild und Ton gehen darf, wenn über ein Verbrechen informiert werden soll. Die Fülle des dokumentarischen Materials belegt auch, wie hilflos die Polizei in Bremen und Köln war. Wie sehr sie sich vor ihrer Verantwortung gegenüber den Geiseln gedrückt hat.Am Ende hatte das Geiseldrama und Silkes Tod die Republik verändert, wachgerüttelt. [ar]

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