Kritik am ORF – Sendungen von den Olympischen Spielen ohne Untertitel

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Bild: © Phongphan Supphakank - Fotolia.com
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Wien – Während ZDF und ARD 300 Stunden der OlympischenSpiele live übertragen und untertiteln, wird vom ORF kein einziger Bericht für gehörlose Menschen unmittelbar zugänglich sein.

Grund dafür seien personelle Engpässe, heißt es vom öffentlich-rechtlichen Sender. Diese Praxis stößt in der Alpenrepublik auf Kritik. Für den Sprecher der Österreichischen Volkspartei (OVP) für Menschen mit Behinderungen, Franz-Joseph Huainigg, eine unzureichende Erklärung: „Die Untertitelung im Fernsehen ist ein notwendiges Informationsmedium für gehörlose Zuseher und Zuseherinnen, da sie vom Radio ausgeschlossen sind. Gleichzeitig hilft die Untertitelung vielen älteren Menschen, die schwer hören.“
 
Huainigg kritisiert die Erklärung des ORF, man habe nach der umfangreichen Untertitelung der EURO 2008 keine Ressourcen für ein weiteres Großereignis: „Dasist, als ob man im August keine „Zeit im Bild“ sendet, weil es sie schon im Juligegeben hat“, ärgert sich der Abgeordnete im Nationalrat und ergänzt: „Entweder Fußball-EM oder Olympiade ist für einen öffentlich-rechtlichen Sender, der gerade die Grundgebühren angehoben hat, bedenklich und nicht akzeptabel. Will der ORF wirklich, dass gehörlose Zuseher und Zuseherinnen auf die deutschen Sender wechseln?“
 
Beim ORF hofft man indes, dass die Kollegen von Teletext-Sport das gehörlose Publikum rasch und umfassend über wichtigen Ergebnisse der Olympiade informiert. Für Huainigg keine Lösung: „Ich fordere den ORF auf, die Teletext-Abteilung finanziell so auszustatten, dass es keine Personalmängel mehr gibt. Damit könnte auch eine wesentliche Forderung, die seit Jahren besteht, erfüllt werden: Die Parlamentsdebatten sollten untertitelt oder in Gebärdensprache gedolmetscht und ausgestrahlt werden. Diese Forderung scheiterte bisher ebenfalls am Argument des Personalmangels.“
 
Ohne Untertitelung ist Fernsehen für viele Menschen nicht barrierefrei nutzbar. International wurde in den letzten Jahren das Angebot massiv verbessert. In diesem Zusammenhang werden immer wieder die USA oder Großbritannien genannt. Die BBC untertitelt beispielsweise ihr gesamtes Programm. Auch in den Niederlanden gibt es ein umfangreiches Untertitelungsangebot: Eine eigene Redaktion versieht hier täglich mehr als 40 Fernsehstunden auf verschiedenen Sendern mit Untertiteln. Die Olympischen Spiele werden hier „selbstverständlich“ zu 100 Prozent live untertitelt. Der ORF versieht pro Monat rund 370 Stunden Fernsehen bzw. 20 Prozent seines Programms mit Untertiteln. [mg]

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  • Medien_Maerkte_Artikelbild: © Phongphan Supphakank - Fotolia.com

9 Kommentare im Forum

  1. AW: Kritik am ORF - Sendungen von den Olympischen Spielen ohne Untertitel Sowas kann man dank Internet+SprachErkennungsSoftware (die taugt oft nichts, aber als erste Vorlage vielleicht) auch günstig von Freiwilligen machen lassen. Die Transkripte von ÖR-Sendern (bei Sach-Sendungen, keine fiktiven Formate die evtl zugekauft wurden) haben natürlich selbstverständlich kostenfrei auf ewig im Internet zu stehen. Denn dafür haben wir (das EU-Volk) bezahlt. Aber Bonzomat-HD-TV-Sendungen sind natürlich wichtiger für Bonzen die an den Schalthebeln sitzen.
  2. AW: Kritik am ORF - Sendungen von den Olympischen Spielen ohne Untertitel Zeigt mal wieder, wie behinderte Menschen im Jahr 2008 immer noch diskriminiert werden.
  3. AW: Kritik am ORF - Sendungen von den Olympischen Spielen ohne Untertitel BBC (viele amerikanische Sender auch) kann die Live-Sendungen 1:1 (Wort zu Wort) live untertiteln. Vermutlich schreibt dort eine "Sekretärin" alles, was gesprochen wird und dann wird sofort live alle geschriebene Wörter hintereinander gezeigt und wenn es voll (zwei- oder dreizeilig) wird, dann wird es gelöscht und dann wieder Wort zu Wort....ich finde das genial! Die Sekretärin drückt dann auf eine andere "Schriftfarbe-Taste", wenn plötzlich eine andere Person spricht. Aber ARD/ZDF denken, dass die Hörgeschädigte nicht denken und/oder nicht schnell genug lesen können (Diskriminierung!!). Deswegen untertiteln die zusammengefasst, was gesprochen wurde. Tagesschau-Untertitel ist extrem furchtbar...dort wird nur die Hälfte untertitelt oder extrem zusammengefasst, was gesprochen wurde. Diese Untertitel-Zusammenfassung wird oft nicht sinngemäß richtig widergegeben. ARD/ZDF verändern die Sätze zum Beispiel: Original gesprochen: "Anna K. wurde bei der Schießerei in Rüsselsheim von einer verirrten Kugel getroffen, sie starb in den Armen ihres Mannes - die zweifache Mutter ist offenbar zufällig in eine Abrechnung unter jungen Kerlen geraten." ARD-Tagesschau-Untertitel: "Die zweifache Mutter wurde versehentlich erschossen." BBC und Co. würde es alles untertiteln, was gesprochen wurde. Oft habe ich das Gefühl, dass ARD/ZDF-Untertitler motivationlos und lustlos sind.
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