Einheitliche Jugendmedienschutzaufsicht im Rundfunk gefordert

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Bild: © Phongphan Supphakank - Fotolia.com
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München – Der Vorsitzende der Kommission für Jugendmedienschutz (KJM), Wolf-Dieter Ring, hat alle Beteiligten am Mediensystem zu verstärkten Anstrengungen für eine kindgerechte Wertevermittlung im Fernsehen aufgerufen.

„Die Verantwortung gegenüber dem Gemeinwohl gerät ziemlich schnell aus dem Blickwinkel, wenn Traumquoten erzielt werden“, sagte Ring. Wenn Sendungen wie „Deutschland sucht den Superstar“ wegen der antisozialen Äußerungen über Menschen in die Kritik geraten, wollten die Verantwortlichen dies eher als Geschmacksfrage oder Tabubruch, nicht aber als Jugendschutzverstoß diskutieren.

Der Schutz von Kindern und Jugendlichen vor schädlichen Medieninhalten müsse Vorrang vor Gewinnmaximierung haben, sagte Ring am 22. September in Berlin bei der Fachtagung „Jugendschutz und Fernsehen: Werte im Wettbewerb“, zu der die Bundeszentrale für politische Bildung (bpb), die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) und die KJM eingeladen hatten.
 
Die Verantwortung der Fernsehsender sollte sich laut Ring nicht im Vermeiden verbotener Inhalte wie politischer Extremismus oder Pornografie beschränken. Vielmehr sollten TV-Macher ihrem Publikum die Werte einer freien Gesellschaft wie Toleranz und Respekt gegenüber den Mitmenschen vermitteln, forderte Ring. Es müsse ein Weg gefunden werden, „wie die notwendige Gewinnorientierung kommerzieller Medienunternehmen und der Gemeinwohlbezug zusammen realisiert werden können“, sagte Ring.
 
Wie Ring plädierte auch bpb-Präsident Thomas Krüger für eine einheitliche Jugendmedienschutzaufsicht im privaten und öffentlich-rechtlichen Rundfunk. Pluralisierungs- und Individualisierungsprozesse forderten gesellschaftliche Bündnisse, Unternehmen und Jugendschutzinstitutionen heraus, einen Wertediskurs zu führen. Dass gemeinsame Werte der soziale Kitt sind und soziale Wärme Kinder „wertmündig“ werden lässt, betonte Udo Hahn, der Leiter des Referats Medien und Publizistik der EKD: „Werte fallen nicht vom Himmel, sie müssen vermittelt werden.“
 
Ben Bachmair, Medienpädagoge und KJM-Mitglied, konstatierte eine Veränderung der sozialen Milieus. War das Leitmedium Fernsehen bisher die prägende Institution, beeinflussen mittlerweile durch die individualisierte, mobile Massenkommunikation viele „sozialkulturelle Umgebungen“ die Entwicklung der Kinder. Für die Aufsichtsorgane bedeute die Verschiebung hin zu Abrufsystemen und nutzergenerierten Inhalten, dass die Frage nach den Verantwortlichen besonders von Fernseh- und Videoangeboten im Internet neu gestellt werden müsse. „Sollten wir uns nicht auf gemeinsame Werte einigen können, könnte ein kollabiertes Integrationskonzept unserer Gesellschaft ein Risiko darstellen“, erläuterte Bachmair.
 
Als „Investition in die Zukunft“ sieht die Professorin für christliche Publizistik Johanna Haberer deshalb ein gutes Fernsehprogramm, das laut Verfassung ein Kulturgut ist. Sie setzte auf die Programmphantasie der TV-Verantwortlichen, neben ökologischen Denkkategorien auch moralische Verpflichtungen zu beachten. Roland Rosenstock, Medienpädagoge an der Uni Greifswald, stellte anhand des Beispiels „Sportakus“ (Super RTL) vor, wie auch Gesundheitsthemen im Fernsehen mit wirtschaftlichem Erfolg produziert werden können. Die Vermarktung von Kinderformaten läuft erfolgreich: „Individuelle Förderung und Erzählungen im Fernsehen schaffen Mehrwert“, so Rosenstock.
 
Nur eine kleine Minderheit der Fernsehanfänger in Deutschland sieht nicht fern: 96 Prozent der Kinder ab vier Jahren lernen, selektieren, interpretieren und nutzen Erfahrungen aus dem TV-Konsum, erläuterte Andrea Holler vom Internationalen Zentralinstitut für das Jugend- und Bildungsfernsehen (IZI). Wertvoll ist Fernsehen für Kinder, wenn sie die Inhalte verstehen und sich sicher beim Fernsehen fühlen. Elemente, die das Harmoniebedürfnis und das moralische Empfinden der Kinder stören, gefallen Kindern nicht.
 
Sie sind dann überfordert – und an Ängste, die beim Sehen nicht geeigneter Fernsehinhalte entstehen, können sie sich lange erinnern. Susanne Eggert, Institut für Medienpädagogik in Forschung und Praxis (JFF), erklärte, dass Kinder eine genaue Vorstellungen davon haben, was sie sehen möchten. Mädchen wünschen sich häufig Sendungen, die ihnen Lösungen für Alltagsprobleme anbieten. Jungen lieben Action, Helden und Wissenssendungen. Grenzwertig seien fragwürdige Rollenbilder und Problemlösungsstrategien, die manche Fernsehsendung vermittelt. Wichtig sei, Kinder nicht vom Fernseher fernzuhalten, sondern sie zu kritischen Nutzern zu erziehen.
 
Weitere Experten der Fachtagung waren Axel Kühn (RTL 2), Oliver Schablitzki (Nick) und Joachim von Gottberg (FSF). [cg]

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