Bayerns Griff nach einem neuen Kabelgroschen

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Kabel-TV Bild: © soupstock - Fotolia.com
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München – Die bisherige CSU-Landesregierung plant, dass die im Freistaat beheimateten Bürger extra für privates Lokal-TV zur Kasse gebeten werden. Die Gebühreneinzugszentrale (GEZ) soll diese „bayerische Sonderrundfunkgebühr“ einziehen.

Viel Zündstoff birgt ein jetzt an die Öffentlichkeit gelangtes Schreiben der bayerischen Staatskanzlei. Im Kern geht es es in dem Brief vom bisherigen Amtschef Walter Schön (CSU) um die künftige Finanzierung des lokalen und regionalen Fernsehens in Bayern. Der könnte die Bewohner des Freistaates zukünftig viel Geld kosten, denn in dem Brief formuliert Schön einen einen Vorschlag. Danach will die Landesregierung unter Ministerpräsident Günther Beckstein (CSU) erreichen, dass künftig die privaten lokalen und regionalen Fernsehanbieter Bayerns „aus gesonderten Gebührenmitteln“ finanziert werden. So formulierte es Schön in Richtung seiner Kollegen aus den anderen bundesdeutschen Staatskanzleien der Bundesländer. Darüber berichtet die „Süddeutsche Zeitung“ mit einem Verweis auf einen Bericht in der „Funkkorrespondenz“
 
Demnach sollen Bayern demnächst zusätzlich zu den Rundfunkgebühren für ARD, ZDF und das Deutschlandradio etwas fürs Lokal-TV zahlen, berichtete die Fachpublikation Funkkorrespondenz. Ohne zusätzliche Gelder könnten die meisten der insgesamt 15 lokalen und regionalen TV-Anbieter nicht überleben, da der bisherige „Kabelgroschen“ ausläuft.
 
Durch eine entsprechende Änderung des Rundfunkstaatsvertrags, die von allen 16 Bundesländern gebilligt werden müsste, will Bayern erreichen, dass die berüchtigte Gebühreneinzugszentrale (GEZ) den Einzug auch dieser Gelder übernimmt. „Um Aufwand und Kosten gering zu halten, streben wir einen Gebühreneinzug durch die GEZ an“, zitiert die SZ das Schreiben Schöns.
 
Wird aus dem Plan Realität, dann müssten die Menschen im Freistaat künftig höhere Rundfunkgebühren zahlen als die Zuhörer und Zuschauer in den anderen 15 Bundesländern. „Es wäre zwar nur ein leicht erhöhter Betrag von möglicherweise 10 bis 15 Cent pro Monat – aber wohl auch das Ende einer einheitlichen Rundfunkgebühr in der gesamten Bundesrepublik“, heit es in dem Blatt.
 
Die medienpolitischen Auswirkungen wären teils unkalkulierbar wie ein Erdbeben und beträfen auch den ARD-Finanzausgleich. Das bisherige Modell, demzufolge größere Sender aus einwohnerstarken Bundesländern mit entsprechend hohen Gebührenaufkommen kleinere Anstalten finanziell unterstützen, wäre wohl nicht länger haltbar.
 
Hintergrund für die bayerische Initiative ist ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts von Oktober 2005. Damals hatten die Richter entschieden, dass das in Bayern von Kabelkunden erhobene spezielle Teilnehmerentgelt, der sogenannte Kabelgroschen, verfassungswidrig ist. Zwar könne ein solches Entgelt grundsätzlich erhoben werden, aber nur dann, „wenn der Gesetzgeber Vorkehrungen für hinreichende Sicherungen einer gleichgewichtigen Vielfalt in den geförderten Programmangeboten trifft“.
 
Das 1986 eingeführte Teilnehmerentgelt wurde Ende 2007 abgeschafft. Für 2008 und 2009 fand man eine Übergangsregelung – und von 2010 an muss nun eine neue Finanzierungsform greifen, wenn das private bayerische Regionalfernsehen in der bisherigen Form fortbestehen soll. Genau hier plädiert Bayern nun für die Gebührenvariante – inklusive GEZ.
 
Die Chefs der Staatskanzleien haben auf ihrer Jahreskonferenz am 11. und 12. September in Fulda den medienpolitischen CSU-Antrag nicht näher behandelt, so die Funkkorrespondenz. Offenbar gehen die anderen 15 Länder davon aus, dass sich das Thema mit dem Ausgang der bayerischen Landtagswahl erledigt haben wird, weil es der CSU ihre absolute Mehrheit verlor. Ob das Thema in einer -wie auch immer gearteten – Koalititonsregierung mehrheitsfähig ist, steht in den Sternen.
 
Die Funkkorresapondenz schreibt von einer „erdbebenartige(n) Erschütterung für das öffentlich-rechtliche Rundfunkgebührensystem“. Das Blatt empfiehlt, die CSU-Landtagsfraktion möge sich schon einmal Gedanken über einen Plan B machen. Danach sollte Bayern ein eigenes Gebühren- oder Entgeltsystem aufbauen; Kritik an der bisherigen Auffassung der CDU-GRanden daran ist aus den Reihen der oppositionellen Grünen bereits zu hören. Sie sprechen von einem „Tabubruch“.
 
Nach dem Gusto der CSU würde die Medienpolitik darauf hinauslaufen, den abgeschafften Kabelgroschen durch die Hintertür quasi als Lokalfernsehcent wieder einzuführen.
 
Wie die Funkkorrespondenz weiter berichtet, ist der Ärger über die geldgierigen Bayern in einigen deutschen Staatskanzleien groß. Sie kritisieren eine sogenannte Öffnungsklausel, die Becksteins Kabinett im Rundfunkstaatsvertrag verankert wissen will. Danach soll es einzelnen Ländern gestattet werden, „die GEZ mit dem Einzug einer auf Landesrecht beruhenden Fernsehgebühr zur Förderung hochwertiger lokaler und regionaler Fernsehangebote zu mandatieren, ohne dass diese dem Gesamtaufkommen zugerechnet wird.“[mg]

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9 Kommentare im Forum

  1. AW: Bayerns Griff nach einem neuen Kabelgroschen verschlüsseln den Mist + wer sehen will soll zahlen. Warum einfach, wenns auf kompliziert geht
  2. AW: Bayerns Griff nach einem neuen Kabelgroschen Das find ich aber gut das ein so reiches Land auch an die nicht so reichen Sendeanstalten denkt.
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