Faninitiative: Reformpläne der DFL sind fanfeindlich

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Bild: © Phongphan Supphakank - Fotolia.com
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Leipzig – Die Pläne der Deutschen Fußball Liga (DFL) zur Spieltagsreform in der ersten und zweiten Liga sorgen bei den Fans für Unmut. Vor allem die Verlegung der Anstosszeit einiger Zweitligaspiele auf 12.30 Uhr, die eine bessere Pay-TV-Vermarktung ermöglichen soll, wird von den Fans kritisiert.

Dafür gründete sich die Faninitiative „Kein Kick vor Zwei!“. DF sprach mit dem Gründer der Initiative, Sebastian Elbe, über die Ziele seiner Initiative.

DIGITAL FERNSEHEN: Wie setzt sich die Initiative „Kein Kick vor Zwei!“ zusammen? Welche und wieviele Mitglieder hat sie, seit wann gibt es die Initiative und welche Hauptziele verfolgt sie?
 
Sebastian Elbe: Kein Kick vor Zwei! ist im Mai 2008 gegründet worden nach Bekanntgabe einer Spieltagsreform seitens der DFL, die erhebliche Einschnitte für viele Fußballfans bedeutet. Frühe Anstoßzeiten wie zum Beispiel um 12.30 Uhr benachteiligen Auswärtsfahrer, auswärtige Fans und den Amateurfußball. Hier vor allem die Jugendmannschaften, die meistenteils ebenfalls sonntags um die Mittagszeit spielen. Unserer Initiative sind bis heute bundesweit 570 Fanclubs von 35 Vereinen der 1. und 2. Bundesliga sowie einiger Amateurvereine mit insgesamt über 20.000 Mitgliedern angeschlossen. Unser Hauptziel ist die Durchsetzung einer Grenze von 14 Uhr. Vorher sollen im Profifußball keine Spiele angepfiffen werden, um Stadionzuschauern nicht noch weiter den Besuch der Spiele ihrer Mannschaft zu erschweren. Mit Anstoßzeiten vor 14 Uhr greift die DFL massiv in Domänen wie Familie, Kirche oder ehrenamtliche Arbeit am Wochenende ein.
 
DIGITAL FERNSEHEN: Sie bezeichnen die im Raum stehende Vorverlegung der Anstosszeiten in der zweiten Liga auf 12:30 als „fanfeindlich“, die DFL will dadurch die Pay-TV-Vermarktung attraktiver gestalten um höhere Fernsehgelder kassieren zu können, damit die deutschen Vereine langfristig international konkurrenzfähig sind. Befürchten sie nicht, durch Ihre Initiative die Entwicklung des deutschen Fußballs zu behindern, bzw. welche Gefahren für den deutschen Fußball sehen Sie, wenn ihre Forderungen nicht durchgesetzt werden?
 
Sebastian Elbe: Wenn man die Statements der Verantwortlichen zur Thematik verfolgt, könnte man fast den Eindruck gewinnen, dass wir in der Bundesliga am Hungertuch nagen. Das Gegenteil ist der Fall. Die Vereine sind wirtschaftlich kerngesund und verdienen auch ohne Hilfe von Scheichs und Oligarchen gutes Geld. Die Stadien sind rappelvoll, nirgendwo besuchen mehr Fans den heimischen Profifußball. Selbst aus England kommen Spieltag für Spieltag zahlreiche Fans angereist, weil man sich in Deutschland noch für unter 15 Euro in eine Kurve stellen und dabei auch noch das ein oder andere Bier trinken kann. Bei denen zuhause geht das nicht mehr. Da stellt sich doch die Frage, ob wir uns mit diesen Systemen wirklich messen wollen? Fußball nur noch für Besserverdienende in reinen Sitzplatzarenen in England oder halbleere Stadien in Italien, wo die Vereine, wie zum Teil auch in Spanien, bis unter die Hutkrempe verschuldet sind, das kann nicht der richtige Weg sein. Für die meisten Leute ist es wichtiger, mit ihrem eigenen Verein mitfiebern zu können, als dass ein deutscher Club die Champions League gewinnt.
 
Zu den Gefahren: Eine Verlagerung des Profifußballs in Richtung Pay-TV würde automatisch auch das Masseninteresse an den Übertragungen sinken lassen. Bei geringeren Zuschauerzahlen zum Beispiel einer Sportschau, die durch das Pay-TV an den Rand gedrängt wird, würden sicherlich auch die Sponsoring-Einnahmen der Vereine sinken. Das trifft vor allem die ärmeren Vereine, die durch die Verteilung der Fernsehgelder ohnehin schon benachteiligt sind. Das Modell in dieser Form ist schlicht ungerecht und ich kann mir nicht vorstellen, dass sich die Zweitligavereine das ewig gefallen lassen werden.

DIGITAL FERNSEHEN: Auch in anderen europäischen Ligen sind frühe Anstoßzeiten üblich. Warum glauben Sie, dass der deutsche Fußballfan sich daran nicht gewöhnen wird?
 
Sebastian Elbe: In Frankreich und Italien wird normalerweise nie vor 15.00 angepfiffen und in Spanien gibt es für ein einziges Spiel der dortigen 2. Liga eine Regelanstoßzeit am Mittag. Macht für den gesamten spanischen Profifußball weniger als 40 Spiele pro Jahr. Bei uns sollen es 150 werden, das Vierfache. Selbst in England wird so eine Zahl nicht annähernd erreicht. Die Frage ist nicht, ob man sich daran gewöhnen könnte, sondern warum man es überhaupt sollte? Ausserdem geht ja auch um das Ausbremsen einer Entwicklung, denn in den letzten Jahren haben sich die Spielansetzungen massiv in eine fanfeindliche Richtung verändert. Freitags wird bereits um 18.00 Uhr angepfiffen, während englischer Wochen an Werktagen um 17.30 Uhr und montags um 20.15 Uhr. Fußballfans, die ihren Verein durchgehend begleiten wollen, müssen so langsam den gesamten Jahresurlaub dafür aufwenden. Das kann es nicht sein.
 
DIGITAL FERNSEHEN: Welche Aktionen hat die Initiative bereits durchgeführt, welche weiteren Aktionen sind geplant?
 
Sebastian Elbe: Unsere Hauptaufgabe sehen wir im übergeordneten Bereich. Sprich: Kontakte vermitteln, Netzwerke bilden, die Öffentlichkeitsarbeit forcieren oder die starke Bündelung von Aktionen in Form von Dokumentation an einem zentralen Punkt. So bilden wir beispielsweise jetzt schon Material von Protestaktionen aus über 20 Zweitligaspielen auf unserer Website www.keinkickvorzwei.de ab. Wir sind im Moment also eher Schreibtischtäter, weil sich herausgestellt hat, dass die Fangruppen vor Ort einen super Job machen, wenn es darum geht, die Proteste in die Stadien zu tragen. Hervorgehoben sei hier die gemeinsame Boykottaktion der Nürnberger und Duisburger Fanszenen während des Montagsspiels des 6. Spieltags, die bundesweite Aufmerksamkeit auf sich gezogen hat. Ausserdem erarbeiten wir gerade Maßnahmen, um die Vereine selber und die Vereinssponsoren mehr in die Verantwortung zu nehmen.
 
DIGITAL FERNSEHEN: Wie können sich weitere Fanclubs und einzelne Fans an Ihrer Initiative beteiligen?
 
Sebastian Elbe: Die einfachste Art der Unterstützung besteht darin, sich auf unserer Fanclubliste einzutragen, weil wir bald die 600 knacken wollen. Wer sich darüber hinaus engagieren will, kann dies über ganz individuelle Meinungsäußerung im Stadion – zum Beispiel mit Transparenten – tun. In Nürnberg, Kaiserslautern, Fürth und Augsburg haben sich eigens Initiativen und Arbeitskreise gegründet, um die Protestaktionen gegen fanfeindliche Anstoßzeiten zentral organisieren zu können. Es wäre natürlich toll, wenn noch mehr Standorte diesem Beispiel folgen würden. Es gibt eigentlich nur eine Regel: Die Proteste sollen konstruktiv, kreativ und friedlich sein.
 
DIGITAL FERNSEHEN: Herr Elbe, vielen Dank für das Gespräch
 [mth]

Das Interview gibt die Meinung des Interviewpartners wieder. Diese muss nicht der Meinung des Verlages entsprechen. Für die Aussagen des Interviewpartners wird keine Haftung übernommen.

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34 Kommentare im Forum

  1. AW: Faninitiative: Reformpläne der DFL sind fanfeindlich Da die Spielpläne fürs PayTV und nicht die Fans gemacht werden, nützt der Protest leider garnix.
  2. AW: Faninitiative: Reformpläne der DFL sind fanfeindlich Naja irgendwie kann ich die Herren ja verstehen, wobei ich wetten würde das die mit meinem alternativ Vorschlag auch nicht einverstanden wäre. Ich wünschte mir folgendes Wochenende: Freitag - 1 Erstligaspiel um 20:15 (FTA) Samstag - 4 Erstliga- und 3 Zweitligaspiele zeitgleich um 15:30 Sonntag - 3 Erstliga- und 4 Zweitligaspiele zeitgleich um 15:30 Montag - 1 Zweitligaspiel um 20:15 (FTA) Und jeweils am Samstag und am Sonntag das Topspiel der ersten (Samstag) bzw. zweiten (Sonntag) Liga um 18:30. Aber naja das bleibt leider nur wunschendenken... Liebe Grüße Amaretas
  3. AW: Faninitiative: Reformpläne der DFL sind fanfeindlich Oh, sehr interessant deine Aufstellung. So könnte ich mir auch ein Buli Wochenende vorstellen.
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