„Öffentlich-rechtlichem Rundfunk kommt Vorreiterrolle bei der Digitalisierung zu“

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Bild: © Phongphan Supphakank - Fotolia.com
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Leipzig -Die ARD will laut Aussagen des Digitalverantwortlichen der ARD, Michael Albrecht, die Analogausstrahlung über Satellit Ende 2010 beenden.

Das Sächsische Privatrundfunkgesetz ist bislang allerdings das einzige in Deutschland, das die Übertragung von Rundfunkprogrammen und vergleichbaren Telemedien in Sachsen ausschließlich in digitaler Technik spätestens ab 1. Januar 2010 festlegt. Inwieweit dies auch Ansporn für die anderen Landesmedienanstalten ist, wollte DIGITAL FERNSEHEN im Interview mit Martin Heine, Direktor der Medienanstalt Sachsen-Anhalt (MSA), erfahren.

DIGITAL FERNSEHEN:Herr Heine, sehen Sie angesichts der Aussage von Michael Albrecht für die in Ihrem Bundesland ansässigen privaten Rundfunkveranstalter Handlungsbedarf für eine gesetzliche Änderung?
 
Martin Heine: Das für Sachsen-Anhalt geltende Mediengesetz des Landes Sachsen-Anhalt beinhaltet in Paragraph 34 Absatz 1 folgende Digitalisierungsvorgabe: „Spätestens ab dem 01. Januar 2015 erfolgt die terrestrische Übertragung von Rundfunkprogrammen und Telemedien in Sachsen-Anhalt ausschließlich in digitaler Technik.“ Dies ist eine klare gesetzliche Regelung, so dass eine gesetzliche Änderung nicht erforderlich ist.
 
Soweit Sie in Ihrer Frage neben der Terrestrik auf die satellitengestützte Rundfunk- und Telemedienübertragung abstellen, gibt es im Land Sachsen-Anhalt bisher keinen privaten Rundfunk- bzw.Telemedienanbieter, der diesen Übertragungsweg nutzt.
 
Im Übrigen dürfte eine gesetzliche „Deadline“ für die analoge Rundfunkübertragung via Satellit mangels Zuständigkeit der Bundesrepublik Deutschland nicht möglich sein. Es ist vielmehr Sache der Rundfunkveranstalter, ob diese weiterhin eine entsprechende Übertragung bei Astra beauftragen. Hierbei sollte nicht zuletzt die Zahl der „analogen Satellitenhaushalte“ berücksichtigt werden, die bei einer Abschaltung des analogen Signals zu finanziellen Aufwendungen (zumindest Set-Top-Box) gezwungen werden. Notwendig ist also ein verbraucherfreundlicher Umstieg.
 
DF: Zur diskutierten Verlängerung beziehungsweise zum Auslaufen der Verträge der ARD bei SES Astra sagte Jörg-Peter Jost, Bereichsleiter Zentraltechnik beim Hessischen Rundfunk, gegenüber DIGITAL FERNSEHEN: „Auf jeden Fall ist in dieser Frage das gemeinsame Vorgehen mit dem ZDF geplant“.
 
Inwiefern ist die Abschaltung von ARD und ZDF in Ihrem Geltungsbereich ein Anreiz für den privaten Rundfunk, in der gleichen Zeitschiene wie die Öffentlich-Rechtlichen von analog auf digital zu wechseln?
 
Martin Heine: Private Sender bedürfen zur Refinanzierung möglichst großer Reichweiten. Eine Einstellung der analogen privaten Rundfunkübertragung wird daher erst erfolgen, wenn die Zahl der entsprechenden Empfangshaushalte werbeeinnahmemäßig zu vernachlässigen ist. Insoweit kommt dem gebührenfinanzierten öffentlich-rechtlichen Rundfunk ohne Zweifel eine Vorreiterrolle bei der Digitalisierung auch der Satellitenübertragung zu.
 
DF: Auch wenn in Ihrem Bundesland nicht gesetzlich festgeschrieben ist, bis wann die privaten Rundfunkanbieter die Übertragung ihrer Sender von analog auf digital abgeschaltet haben müssen: Welche Aktivitäten plant die Landesmedienanstalt Sachsen-Anhalt, um diesen Übergang zu begünstigen?
 
Martin Heine: Die analoge terrestrische Rundfunk- und Telemedienübertragung ist in unserem Bundesland gesetzlich befristet (siehe Antwort zu 1.). Die Medienanstalt Sachsen-Anhalt fördert daher intensiv die Digitalisierung des Hörfunks durch Unterstützung und Marketingmaßnahmen zur Einführung von Digital Radio in der DAB-Systemfamilie, leistet Unterstützung bei der Einspeisung von lokalen Fernsehprogrammen in das digitale Kabel und hat im Bereich der Bürgermedien von Beginn an auf den Einsatz digitaler Produktionstechnik geachtet. Zudem soll die Verbreitung von lokalen kommerziellen Fernsehprogrammen via DVB-T-Versorgung unterstützt und die DVB-T-Verbreitung von bundesweiten privaten Programmen bei den großen Sendefamilien eingeworben werden.
 
DF: Die Landesmedienanstalten waren bereits Mitinitiatoren der digitalen Rundfunktechniken DVB-T und DAB in Deutschland. Inwiefern werden sich private Rundfunkveranstalter beim Wechsel zur digitalen Rundfunkübertragung über Kabel und Satellit beteiligen?
 
Martin Heine: Ein Großteil der bundesweiten Programme der privaten Sendefamilien sind bereits im Simulcastbetrieb sowohl über Kabel als auch Satellit empfangbar. Erhebliche Probleme ergeben sich in dem Bereich von lokalem regionalem Fernsehen bei der Einspeisung in digitale Multiplexe. Die hierzu mit den Beteiligten (Satelliten- und Kabelnetzbetreiber/Rundfunkveranstalter) geführten Gespräche haben leider noch kein Ergebnisfür alle Regionen hervorgebracht.
 
DF: Wünschen Sie sich einen harten Umstiegstermin von analog zu digital? Wenn ja, wann sollte dieser sein?
 
Martin Heine: Umstiegstermine sind für die Markteinführung neuer Übertragungstechniken stets förderlich und aus technischer Sicht auch wünschenswert. Erforderlich ist aber auch stets die Bereitschaft der Bürger, diesen Umstieg mitzutragen. Eine neue Technologie, die einen akzeptierten und nachgefragten Mehrwert enthält, sollte sich am Markt auch ohne harten Umstiegstermin durchsetzen.
 
DF: Herr Heine, vielen Dank für das Interview. [cg]

Das Interview gibt die Meinung des Interviewpartners wieder. Diese muss nicht der Meinung des Verlages entsprechen. Für die Aussagen des Interviewpartners wird keine Haftung übernommen.

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36 Kommentare im Forum

  1. AW: "Öffentlich-rechtlichem Rundfunk kommt Vorreiterrolle bei der Digitalisierung zu" Die Meldung klingt eher nach Unentschlossenheit.
  2. AW: "Öffentlich-rechtlichem Rundfunk kommt Vorreiterrolle bei der Digitalisierung zu" Wann werden sie HDTV über DVB-T angehen? Das wär doch mal ne Schau, die ÖRR gehen auf DVB-T, was dann in SD und HD abgestrahlt oder nur in HD mit abwärtskompatibilität voran geht, auf Astra schalten sie ganz ab, dann kann SES kommen und ein freundlich Angebot für eine eventuelle Rückkehr unterbreiten.
  3. AW: "Öffentlich-rechtlichem Rundfunk kommt Vorreiterrolle bei der Digitalisierung zu" Wenn ich das schon lese, die Öfi´s sind die Vorreiter der Digitalisierung. Pennen die da oben. Sind das Politiker, leben die am Leben vorbei?! ICH, ja ICH gehöre zu den Millionen Satzuschauern, die seit nunmehr 5 Jahren ( ICH) Digital schauen. Und dazu brauch ich kein ZwangspayTv, was meint , 7 Jahre später ne Vorreiterolle zu spielen. Für die Arroganz sollte man grad kündigen............ wenn man könnte.
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