Digitalisierung: „Ankündigung der ARD wird Private in Zugzwang bringen“

0
61
Bild: © Phongphan Supphakank - Fotolia.com
Bild: © Phongphan Supphakank - Fotolia.com

Leipzig – Über die Abschaltung der analogen Signale bei den privaten Sendern sprach DIGITAL FERNSEHEN mit dem Direktor der Niedersächsischen Landesmedienanstalt (NLM), Reinhold Albert.

ARD und ZDF wollen 2010 ihre analogen Satellitensignale abschalten. Albert erwartet im Zuge dessen auch „ein entsprechendes Vorgehen der privaten Fernsehveranstalter“. Allerdings werde es keinen harten Umstieg geben, sondern einen „marktgetriebenen“. Dieser soll den Verbrauchern mehr Entscheidungsfreiheit bieten.

DIGITAL FERNSEHEN: Herr Albert, die ARD will laut Aussagen des Digitalverantwortlichen der ARD, Michael Albrecht, die Analogausstrahlung über Satellit Ende 2010 beenden. Das Sächsische Privatrundfunkgesetz ist das einzige in Deutschland, das die Übertragung von Rundfunkprogrammen und vergleichbaren Telemedien in Sachsen ausschließlich in digitaler Technik spätestens ab 1. Januar 2010 festlegt.
 
Sehen Sie angesichts der Aussage von Albrecht für die in Ihrem Bundesland ansässigen privaten Rundfunkveranstalter Handlungsbedarf für eine gesetzliche Änderung?
 
Reinhold Albert: Es ist zu erwarten, dass die Ankündigung der ARD die privaten Veranstalter in Zugzwang bringen wird. Angesichts des großen Angebotes preiswerter digitaler Satellitenreceiver und des erkennbaren Mehrwerts, den die Vielzahl der digitalen Programmangebote über Satellit bringt, dürfte die Umstellung bei Verbraucher nicht auf Ablehnung stoßen.
 
Die gesetzliche Vorgabe eines Umstiegsdatums wird nicht für notwendig gehalten. Interessant wird eher sein, ob angesichts der noch lang bestehenden analogen Verbreitung von Hörfunkprogrammen und der noch zögerlichen Umstellung der Kabelverbreitung das im Sächsischen Mediengesetz erhaltene Umstellungsdatum beibehalten werden wird.
 
DF: Zur diskutierten Verlängerung beziehungsweise zum Auslaufen der Verträge der ARD bei SES Astra sagte Jörg-Peter Jost, Bereichsleiter Zentraltechnik bei Hessischen Rundfunk gegenüber DIGITAL FERNSEHEN: „Auf jeden Fall ist in dieser Frage das gemeinsame Vorgehen mit dem ZDF geplant“.
 
Inwiefern ist die Abschaltung von ARD und ZDF in Ihrem Geltungsbereich ein Anreiz für den privaten Rundfunk, in der gleichen Zeitschiene wie die Öffentlich-Rechtlichen von analog auf digital zu wechseln?
 
Albert: Wie dargelegt, ist ein entsprechendes Vorgehen auch der privaten Fernsehveranstalter zu erwarten.
 
DF: Auch wenn in Ihrem Bundesland nicht gesetzlich festgeschrieben ist, bis wann die privaten Rundfunkanbieter die Übertragung ihrer Sender von analog auf digital abgeschaltet haben müssen: Was tut die Landesmedienanstalt Ihres Bundeslandes, um diesen Übergang zu begünstigen?
 
Albert: Die Umstellung der terrestrischen Verbreitung von Analog auf Digital wurde von der Niedersächsischen Landesmedienanstalt intensiv im Rahmen eines Versuches vorangetrieben und erfolgreich abgeschlossen. Die Umstellung im Satellitenbereich ist „marktgetrieben“ auf einem guten Wege.
 
Die Umstellung im Satellitenbereich lässt auch einen Schub für die Umstellung bei der Kabelverbreitung erwarten. Die Niedersächsische Landesmedienanstalt wird die Kabelnetzbetreiber wie bereits in der Vergangenheit bei der Umstellung einzelner analoger Kabelplätze weiterhin unterstützen und im Rahmen von Kabelbelegungsentscheidungen positiv begleiten.
 
DF: Die Landesmedienanstalten waren bereits Mitinitiatoren der digitalen Rundfunktechniken DVB-T und DAB in Deutschland. Inwiefern werden sich private Rundfunkveranstalter beim Wechsel zur digitalen Rundfunkübertragung über Kabel und Satellit beteiligen?
 
Albert: Die gemeinsamen Bemühungen der Landesmedienanstalten, eine schnellere Umstellung bei der Kabelverbreitung zu erreichen, sind bei den Netzbetreibern, aber auch bei den großen Fernsehveranstaltern in der Vergangenheit auf wenig fruchtbaren Boden gestoßen. Die Bemühungen, ein gemeinsames Vorgehen von öffentlich-rechtlichen und privaten Fernsehveranstaltern sowie Kabelnetzbetreibern zu erreichen, werden nicht aufgegeben.
 
DF: Wünschen Sie sich einen harten Umstiegstermin von analog zu digital? Wenn ja, wann sollte dieser sein?
 
Albert: Die Vorgabe eines „harten Umstiegstermins“ ist insbesondere für den Verbraucher eine Einschränkung seiner Entscheidungsfreiheit. Einem marktgetriebenen Umstieg gebührt daher der Vorrang.
 
DF: Herr Albert, vielen Dank für das Interview. [ar]

Das Interview gibt die Meinung des Interviewpartners wieder. Diese muss nicht der Meinung des Verlages entsprechen. Für die Aussagen des Interviewpartners wird keine Haftung übernommen.

Bildquelle:

  • Medien_Maerkte_Artikelbild: © Phongphan Supphakank - Fotolia.com

0 Kommentare im Forum

Alle Kommentare 0 im Forum anzeigen

Kommentieren Sie den Artikel im Forum