Phoenix zeigt bewegende Doku „Srebrenica – Opfer klagen an“

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Bild: Destina - Fotolia.com
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Bonn – Der Bosnier Hasan Nuhanovic war während des Krieges Dolmetscher in Srebrenica. Der damals 27-Jährige war stolz darauf, für die niederländischen Blauhelmsoldaten zu arbeiten.

Bei ihnen wähnte er sich, genau wie seine Familie und tausende andere Muslime, in Sicherheit. Doch am 12. Juli 1995 erobert die bosnisch-serbische Armee die
UN-Schutzzone. Der Standort der Niederländer ist umzingelt. Draußen steht der berüchtigte bosnisch-serbische General Mladic.

Innen haben die Blauhelme den Serben nichts entgegenzusetzen. Ja mehr noch, sie bemühen sich nicht einmal, das Leben der Angehörigen ihrer engsten Mitarbeiter zu schützen. Hasan Nuhanovic bettelt bei seinen Vorgesetzten darum, doch wenigstens seinen jüngeren Bruder in Sicherheit zu bringen. Aber die Blauhelme sind unnachgiebig. Einer sagt ihm: „Du weißt doch, dass wir soviel Gepäck haben, da ist kein Platz mehr im Auto für Deinen Bruder.“
 
Hasans Bruder Muhammed und seine Mutter gelten bis heute als „vermisst“. Die sterblichen Überreste seines Vaters wurden erst vor zwei Jahren in einem Massengrab gefunden. Damit ist Hasans Familie unter den etwa 8 000 Menschen, die von der bosnisch-serbischen Armee nach dem Fall von Srebrenica ermordet worden sind.
 
Der Internationale Gerichtshof in Den Haag hat das Massaker als Völkermord eingestuft. Der damalige Führer der bosnischen Serben, Radovan Karadzic, wartet derzeit auf seinen Prozessbeginn. Mladic ist nach wie vor auf der Flucht. Überlebende des Massakers, wie Hasan Nuhanovic, warten nach wie vor auf Gerechtigkeit.
 
Im September hat das Landgericht in Den Haag die Klage von Hasan Nuhanovic nach staatlicher Wiedergutmachung abgewiesen. Mit der Begründung: Die Niederlande könnten für das Versagen ihrer Blauhelmsoldaten vor 13 Jahren in Srebrenica nicht haftbar gemacht werden. Die Militärs hätten auf Weisung und mit Mandat der Vereinten Nationen agiert und deshalb müsse der Staat auch keinen Schadenersatz an die Angehörigen der Opfer bezahlen.
 
In einem anderen Verfahren hatte dasselbe Gericht im Juli eine Klage gegen die Vereinten Nationen zurückgewiesen. Damals erklärten die Richter, die Weltorganisation genieße laut der UN-Charta Immunität auch in Fällen von Völkermord. Hasan Nuhanovic hat gegen das Urteil Berufung eingelegt. Für die Phoenix-Dokumentation ist er nochmals nach Srebrenica gefahren. An den Ort, wo er seine Familie das letzte Mal gesehen und vergeblich um ihr Leben gebettelt hat.
 
Gleichzeitig beweisen bisher nicht veröffentlichte Archivaufnahmen das ganze Ausmaß des Versagens der niederländischen Soldaten unter dem Kommando der Vereinten Nationen. Während seine Blauhelme gerade tausende Menschen an die mordbereiten serbischen Truppen ausliefern, fleht der erkennbar verschüchterte General Tom Karremans den serbischen General Mladic an: „Ich bin Pianist. Bitte erschießen Sie keinen Klavierspieler!“ Im Dezember 2006 wurde der inzwischen pensionierte Karremans mit einem Orden für den „tapferen Einsatz in Bosnien“ geehrt.
 
Aus Anlass des Internationalen Tages der Menschenrechte zeigt Phoenix am 10. Dezember um 21.45 Uhr in Erstausstrahlung die Dokumentation „Srebrenica – Opfer klagen an“, einen Film von Susanne Glass. Vorab wird die Reportage am gleichen Tag um 13.30 Uhr und 18 Uhr ausgestrahlt. [cg]

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