ARD-Vorsitz: „Unsere Überschuss-Einnahmen entlasten den Gebührenzahler“

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Bild: © Phongphan Supphakank - Fotolia.com
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Leipzig – Nach internen Schätzungen der ARD-Anstalten erwirtschafteten diese im letzten Kalenderjahr ein enormes Plus.

Mit mehr als 493 Millionen Euro Überschuss wurde am Ende des Jahres 2008 gerechnet. (DF berichtete) Weshalb das neue Jahr dennoch für Fernsehzuschauer und Radiohörer mit einer Gebührenerhöhung begann, erklärt ARD-Vorsitzender und SWR-Intendant Peter Boudgoust im Interview mit DIGITAL FERNSEHEN.

DIGITAL FERNSEHEN: Herr Boudgoust, können Sie den Überschuss von 493 Millionen Euro bestätigen? Wenn ja, wie passen die von der ARD angegebenen Einnahmerückgänge mit den 493 Millionen Euro Überschuss zusammen?
 
Peter Boudgoust: Die genaue Höhe der Überschüsse der ARD steht noch nicht exakt fest, da die Jahresabschlüsse 2008 noch nicht vorliegen. Dennoch die Existenz von Überschüssen ist für die ARD keine Überraschung.
 
Im Gegenteil: In ihrem im Januar 2008 vorgelegten 16. Bericht ist die KEF (Kommission zur Ermittlung des Finanzbedarfs der Rundfunkanstalten) bereits von zirka 522 Millionen Euro an liquiden Mitteln ausgegangen. Und diese Mittel sind für die Gebührenperiode 2009 bis 2012 vom angemeldeten Finanzbedarf der ARD schon abgezogen worden. Das entlastet somit die Gebührenzahler.
 
DIGITAL FERNSEHEN: Was passiert mit dem hohen Überschuss, soll damit ins Programm investiert werden? Wenn ja, inwiefern?
 
Peter Boudgoust: Die ARD-Anstalten bekommen jährlichetwa 105 Millionen Euro, die für die Schließung der Deckungslücke in der Altersversorgung verwendet werden müssen. In gleicher Höhe haben die ARD-Anstalten grundsätzlich Überschüsse zu erzielen, wiederum mit Blick auf die Altersversorgung.Danach ist nicht mehr allzu viel vom Überschuss übrig. Grundsätzlich gilt, dass wir soviel wie möglich ins Programm investieren.
 
DIGITAL FERNSEHEN: Ist eine Verringerung der Rundfunkgebühr denkbar, wenn die ARD so gut im Plus ist?
 
Peter Boudgoust: Die erzielten Überschüsse kommen – wie gesagt – direkt dem Gebührenzahler zugute. Ohne sie wäre für die Periode 2009 – 2012 eine Gebührenerhöhung von 1,26 Euro erforderlich gewesen. Mit der Gebührenanpassung zum Jahresanfang bleibt die Rundfunkgebühr voraussichtlich vier Jahre unverändert.
 
Damit müssen wir also alle künftigen Kostensteigerungen bewältigen. Dabei liegt die aktuelle Erhöhung weit unter der allgemeinen Teuerungsrate und noch deutlicher unter der medienspezifischen. Zudem müssen wir uns auf zurückgehende Gebührenerträge einstellen, weil es aufgrund sozialer Faktoren immer weniger Gebührenzahler gibt.
 
DIGITAL FERNSEHEN: Der SWR, bei dem Sie Intendant sind, konnte laut Medienberichten allein einen Überschuss von 195 Millionen Euro verbuchen. Wie kam es zu diesem hohen Plus?
 
Peter Boudgoust: Die genannte Zahl muss differenziert betrachtet werden. Die 195 Millionen Euro sind die Summe der Überschüsse aus den vier Jahren von 2005 bis 2008. Davon sind, wie schon erläutert, 92 Millionen Euro für die Deckung der Altersversorgungsansprüche unserer Mitarbeiter zweckgebunden.
 
Diese Mittel dürfen wir für die Programmaufgaben des SWR nicht verwenden. Die andere Hälfte der Jahresüberschüsse resultiert z.B. aus den positiven wirtschaftlichen Effekten, die die Fusion zum SWR im Nachhinein mit sich bringt. Sie ist das Ergebnis der erheblichen Sparanstrengungen aller Unternehmensbereiche des SWR in dieser Gebührenperiode. Dazu gab es Einsparungen durch die Umstellung der Ausstrahlung auf DVB-T. Aber glauben Sie mir, bei einem Unternehmen unserer Größenordnung kann man nicht davon sprechen, dass wir zu viel Geld auf der hohen Kante liegen haben.
 
2004 hatte der SWR als Landesrundfunkanstalt im ARD-Vergleich eine der geringsten Eigenkapitalquoten. Inzwischen können wir Unvorhergesehenes und Risiken leichter auffangen. In den Jahren davor hatten wir auch Fehlbeträge. Das zeigt, dass der SWR seine Hausaufgaben gemacht hat. Es ist schon erstaunlich, dass wir dafür kritisiertwerden, dass wir im Sinne der Effizienz und damit im Interesse der Gebührenzahler sparsam gewirtschaftet haben.
 
DIGITAL FERNSEHEN: Herr Boudgoust, vielen Dank für das Gespräch. [mw]

Das Interview gibt die Meinung des Interviewpartners wieder. Diese muss nicht der Meinung des Verlages entsprechen. Für die Aussagen des Interviewpartners wird keine Haftung übernommen.

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3 Kommentare im Forum

  1. AW: ARD-Vorsitz: "Unsere Überschuss-Einnahmen entlasten den Gebührenzahler" Die geplante Gebührenerhöhung wäre also ohne den Überschuss weitaus höher ausgefallen? Der Überschuss wird größtenteils für die Altersvorsorge investiert. Die Gebührenerhöhung oder ein nicht unerheblicher Teil der Gebühren sind reine Arbeitserhaltungsmaßnahmen. Man sollte dies eherlicherweise mit Steuergeldern fianzieren. Eine Steuerfinanzierung des ÖRR wäre eine ehrliche Sache.
  2. AW: ARD-Vorsitz: "Unsere Überschuss-Einnahmen entlasten den Gebührenzahler" Staatsrundfunk gab es schon in Deutschland, war nicht so gut.
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