ESA: „Satellit Kosmos 1818 braucht für Absturz einige hundert Jahre“

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Satellit, Bild: © twobee - Fotolia.com
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Leipzig – Ein atombetriebener russischer Satellit ist im Weltraum teilweise auseinandergefallen. Für die Menschen auf der Erde stelle dies allerdings keine Gefahr dar, wie Dr. Heiner Klinkrad, Leiter des Space Debris Office bei der ESA (European Space Agency), gegenüber DF erläutert.

Am 21. Januar wurde bekannt, dass der atombetriebene russische Satellit Kosmos-1818 auseinander gefallen sei. Der Stabschef der russischen Weltraumstreitkräfte, General Alexander Jakuschin, teilte in Moskau mit, der noch aus sowjetischen Zeiten stammende Satellit Kosmos-1818 sei bereits im vergangenen Juli zersplittert (DIGITALFERNSEHEN berichtete).
 
An Bord hat dieser Satellit, der über eine Masse von 320 kg verfügt, zwölf Kilogramm Uran-235. Könnte dies für uns Menschen auf der Erde gefährlich werden?

DIGITAL FERNSEHEN: Herr Klinkrad, wie stehen Sie als Experte prinzipiell zu atombetriebenen Satelliten?
 
Heiner Klinkrad: Es gibt derzeit keinen aktiven, „atomgetriebenen Satelliten“ auf Erdumlaufbahnen. Die Frage bezieht sich auf Aktivitäten, die mehr als 20 Jahre zurückliegen.
 
DIGITAL FERNSEHEN: Inwiefern könnte der zerbrochene Satellit eine radioaktive Gefährdung für die Erde darstellen?
 
Heiner Klinkrad: Der Satellite ist nicht „zerbrochen“. Er gibt nur einige Objekte frei (z.B. durch Oberflächenalterung). Bei dem Satellit handelt es sich um Kosmos 1818, der am 1. Feb. 1987 von der UdSSR ggestartet wurde. Kosmos 1818 gehört zur Klasse der Radar Ocean Reconnaissance Satellites (RORSAT), von denen 33 gestartet wurden (alle zwischen April 1980 und März 1988).
 
Kosmos 1818 wurde, wie es vorgesehen war, nach Ende seiner Mission auf eine „Friedhofsbahn“ in 950 km Höhe angehoben. Der an Bord befindliche Buk Reaktor wurde abgeschaltet. Um aus seiner derzeitigen Bahn abzustürzen braucht der Satellit einige hundert Jahre. In dieser Zeit klingt die Radioaktivität des abgeschalteten Reaktors auf ein ungefährliches Niveau ab.
 
DIGITAL FERNSEHEN: Welche Gefahren sehen Sie darüber hinaus?
 
Heiner Klinkrad: Keine.
 
DIGITAL FERNSEHEN: Was würde passieren, wenn Teile an Land bzw. ins Meer fallen?
 
Heiner Klinkrad: Zwei Satelliten der RORSAT-Klasse sind mit ihrem Reaktor an Bord abgestürzt: Kosmos-954 über Land (Canada, 1978), und Kosmos-1402 über dem Meer (Südatlantik, 1983). Es gab keine Verletzten, obwohl die Abklingzeit der Reaktoren erheblich kürzer war als für Kosmos-1818 (nur Tage im Vergleich zu Jahrhunderten).
 
DIGITAL FERNSEHEN: Herr Klinkrad, vielen Dank für das Gespräch. [mw]

Das Interview gibt die Meinung des Interviewpartners wieder. Diese muss nicht der Meinung des Verlages entsprechen. Für die Aussagen des Interviewpartners wird keine Haftung übernommen.

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