IP Deutschland: „Das Internet dient als weiterer persönlicher Fernsehkanal“

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Bild: © Phongphan Supphakank - Fotolia.com
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Leipzig – Über die Zusammenhänge zwischen Internet und Fernsehen sprach DIGITAL FERNSEHEN mit Jan Isenbart, Direktor Mediaforschung und Services beim Werbevermarkter IP Deutschland.

TV und Internet verstärken einander zunehmend, meint Isenbart. „Sie sind digitale Bildschirm-Brüder, und gemeinsam gehört ihnen maßgeblich die Kommunikation der Zukunft“, sagt er. Für den Direktor Mediaforschung und Services bei IP Deutschland ist das Internet sogar ein „persönlicher Fernsehkanal“. „Vergleicht man, welche Inhalte heute die Internet-Nutzung stark treiben und wo diese Inhalte herkommen, kommt man schnell auf das Thema Bewegtbild, und hierbei ganz überwiegend auf professionellen TV-Content statt auf ruckelige Amateurvideos“, begründet Isenbart.

DIGITAL FERNSEHEN: Herr Isenbart, eine Studie von IP Deutschland besagt, dass die Mediennutzung sowohl in Deutschland als auch im gesamten europäischen Raum steigt. Was denken Sie, sind die Gründe für den Anstieg?
 
Jan Isenbart: Stimmt, in der Langzeitbetrachtung nimmt die gesamte Mediennutzung praktisch in jedem Markt stetig zu. Das hat in den meisten Ländern vor allem mit neuen Medienangeboten zu tun, die auch zunehmend über neue Verbreitungswege zum Nutzer kommen. Und neue Angebote führen in der Regel auch zu einem steigenden Zeitbudget der Verbraucher für Mediennutzung insgesamt.
 
DF: Warum denken Sie, steigt die TV-Nutzung vor allem bei der jungen Zielgruppe?
 
Isenbart: Die jungen Menschen sind heute meist intensive und souveräne Mediennutzer, die individuell zwischen den Medienkanälen hin und her springen. Gleichzeitig hat gutes Fernsehen mit seinen Stars, Shows und Serien eine unverändert große Strahlkraft und bietet fast täglich Gesprächsstoff, auch und gerade in der jungen Zielgruppe. Sendungen wie „DSDS“, „Ich bin ein Star“ und „GZSZ“ sind hier hervorragende Beispiele. Sie wirken aus dem Fernsehen in den Alltag fort und werden vielfach im Internet kommentiert.
 
DF: Aus welchen Gründen haben Sie die Internet-Nutzung in Kombination mit der Fernsehnutzung untersucht?
 
Isenbart: Zum einen wiederholen wenige schlecht informierte Menschen gebetsmühlenartig und lautstark, dass das Internet das Fernsehen kannibalisiere. Wie jedoch viele harte Fakten zeigen, ist das Gegenteil richtig: TV und Internet verstärken einander zunehmend. Sie sind digitale Bildschirm-Brüder, und gemeinsam gehört ihnen maßgeblich die Kommunikation der Zukunft. Und das ist der zweite Grund.
 
DF: Wie groß ist Ihrer Meinung nach inhaltlich die Schnittmenge aus Internet und Fernsehen?
 
Isenbart: Das kommt auf die Perspektive an. Sieht man sich das gesamte Spektrum der Internetnutzung von E-Mails über Recherchen, Chats, Einkaufen und Spiele an, scheint die Schnittmenge mit dem klassischen Fernsehen zunächst gering. Vergleicht man aber, welche Inhalte heute die Internet-Nutzung stark treiben und wo diese Inhalte herkommen, kommt man schnell auf das Thema Bewegtbild, und hierbei ganz überwiegend auf professionellen TV-Content statt auf ruckelige Amateurvideos. Mit anderen Worten: Das Internet dient hier als weiterer persönlicher Fernsehkanal.
 
DF: Nach Ihren Ergebnissen sehen von Viel-Usern, die 180 Minuten und mehr am Tag im Internet verbringen, 34 Prozent davon auch häufig fern. Wie erklären Sie sich diesen Zusammenhang?
 
Isenbart: Wir wissen aus vielen Medientypologien, dass Heavy-User von Medieninhalten sich oft nicht nur auf ein Medium beschränken. Aufgeschlossene Gernseher werden im TV viele Themen finden, die sie online vertiefen oder weiterführen können. Und wer viel im Internet surft, trifft heute zwangsläufig auf viele TV-Themen und -Inhalte. Insofern gibt es Wechselwirkungen. Außerdem sehen wir eine funktionale Ergänzung der beiden Medienkanäle: TV ist und bleibt eben doch die erste Adresse für Unterhaltung und breite aktuelle Information, das Internet hingegen ist oft schon erste Wahl zur aktiven Suche und persönlichen Vertiefung von Informationen.
 
DF: Wie wird sich in Zukunft die Mediennutzung, insbesondere die Fernsehnutzung, Ihrer Meinung nach entwickeln?
 
Isenbart: Wenn wir endlich aufhören, Fernsehen nur als lineare Einbahnstraße ins Wohnzimmer der Menschen zu betrachten, sondern lernen, originäre TV-Inhalte unabhängig von ihrem Verbreitungsweg als untrennbaren Teil des modernen Fernsehens zu sehen, kann und wird die Gesamtnutzung dieser Inhalte sicher noch zulegen.
 
DF: Herr Isenbart, vielen Dank für das Gespräch. [ar]

Das Interview gibt die Meinung des Interviewpartners wieder. Diese muss nicht der Meinung des Verlages entsprechen. Für die Aussagen des Interviewpartners wird keine Haftung übernommen.

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