Analysten sehen von Premiere angekündigte Durststrecke mit Unbehagen

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Bild: © Phongphan Supphakank - Fotolia.com
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Leipzig – Von DIGITAL FERNSEHEN befragte Analysten haben erhebliche Zweifel, ob die ambitionierten Pläne von Premiere-Chef Mark Williams aufgehen werden.

Die tiefrote Farbe des Premiere-Logos erlangte durch die Einschätzungen des Vorstandsvorsitzenden der Premiere AG, Mark Williams, bei der gestrigen Vorlage der Zahlen für das letzte Quartal 2008 eine neue, wohl ungewollte Deutung. Rote Zahlen stehen in der Geschäftswelt ja bekanntlich für Verluste. Das Premiere-Logo könnte man als tiefrot bezeichnen, die Ergebnisse der Premiere AG im letzten Jahr auch. (DIGITAL FERNSEHEN berichtete).
 
Analysten, die sich seit Jahren mit der Premiere AG und der zukünftigen wirtschaftlichen Tätigkeit des Pay-TV-Anbieters beschäftigen, sehen deren Zukunft mit viel Skepsis, allerdings nicht Hoffnungslosigkeit. Skepsis darüber, ob die Premiere AG ihre selbst gesteckten Ziele bis zum Jahr 2010 erreichen wird, aber mit der Hoffnung, dass es die Führungsmannschaft um Mark Williams doch schaffen könnte.

Wichtigste Voraussetzung: Premiere muss die Zahl der Abonnenten auf über drei Millionen steigern. Dies formulierten Iris Schäfer, Analystin von der Landesbank Baden-Württemberg und Frank Neumann vom Bankhaus Lampe KG als wichtigste Bedingung für einen Erfolg der Restrukturierungsbestrebungen.
 
Beide Analysten verkennen nicht, dass das Umfeld für Pay-TV in Deutschland ohnehin ein schwieriges ist. Die Free-TV-Landschaft bietet dem TV-Zuschauer vielfältige Möglichkeiten, seine medialen Interessen auch ohne Pay-TV-Genuss bedienen zu lassen. Dennoch sei es nicht ausgeschlossen, drei Millionen Abonnenten für das Pay-TV-Angebot von Premiere zu gewinnen.
 
„Dazu gehört mehr Exklusivität bei den Bundesligarechten, eine neue Marketingstrategie des Unternehmens und die Digitalisierung des TV-Marktes in Deutschland“, formuliert Frank Neumann die seiner Einschätzung nach wichtigsten Prüfsteine für den Erfolg. Iris Schäfer sieht noch einen anderen Bereich, der zum Wachstum des Abonnentenstammes beitragen könnte: „Drei Millionen Abonnenten sind ein ambitioniertes Ziel, zur Jahresmitte dürften aber viele der bisherigen Arena-Abonnenten zu Premiere wechseln“. Dies sollte sich positiv bemerkbar machen.
 
Dennoch bewertet Frau Schäfer die Premiere-Entwicklung eher negativ, zu den schon erwähnten Risikofaktoren für Pay-TV generell komme noch die wirtschaftliche Talfahrt hinzu. „Der Abschwung erreicht den Massenmarkt erst noch“, so Frau Schäfer. Dann würden potentielle Premiere-Kunden nicht mehr über das Geld verfügen, sich Premiere leisten zu können.
 
Analyst Frank Neumann geht für die nächsten sechs Monate von einer stabilen Abonnentenzahl aus, die mit einem Umsatzrückgang einher gingen. Im Gesamtjahr 2009 geht er von einstelligen Umsatzzuwächsen für den Abosender aus.
 
Die Schließung des Sicherheitslecks in der Verschlüsselung sei durch das Unternehmen zu spät durchgeführt worden. Nach der Abschaltung der unsicheren Verschlüsselung im November letzten Jahres rechneten Branchenkenner damit, dass etliche der geschätzten eine Million Schwarzseher in die Reihen der Abonnenten wechseln.
 
Aus den Zahlen des gestern vorgelegten Quartalsberichtes war davon allerdings nichts herauszulesen, daher auch die Kritik von Neumann: „Das erfolgte zu spät. Dieses Jahr sollte sich dies positiv bemerkbar machen“. Neumann räumt ein, dass das Management im vierten Quartal mit der Aufstellung einer neuen Finanzierungsstruktur „auch andere dringende Baustellen zu bearbeiten“ hatte.
 
Nicht ganz so verhalten optimistisch schätzt Frau Schäfer die Situation ein: „Wir kommen mehr und mehr in den Strukturwandel rein. Ich sehe einen Vertrauensbruch bei Premiere. Viele Abonnenten haben genug vom ständigen Wechsel bei Sendern und Paketen und warten einfach mal ab.“
 
Bankhaus-Lampe-Analyst Neumann spricht sich zudem für spürbare Investitionen in die Übertragungsqualität aus: „Diese Investitionen sind unseres Erachtens sehr sinnvoll. Nicht zuletzt will sich Premiere auch von Mitbewerbern durch Bildqualität (Stichwort: HDTV-Sender) unterscheiden.“
 
Die mögliche Umbenennung in „Sky Premiere“ sehen beide Analysten zweischneidig. Negativ wäre, dass mit der Umbenennung ein Teil des Wertes der Marke „Premiere“ verloren ginge, so Neumann: „Zweifelsohne ein Vorteil ist indes, dass mit einem neuen Namen der Neuaufbruch des Unternehmens dokumentiert wird“. Frau Schäfer liegt mit ihrer Einschätzung ganz in der Nähe: „Der neue Name allein macht es nicht. Dazu gehört eine überzeugende Marketingstrategie und gute Werbung.“

Beide Analysten sind sich sicher, dass es „keine Abkürzung auf den Pfad zur Gewinnerzielung“ geben wird. „Premiere muss zuerst in das Programm und die Infrastruktur investieren, bevor Gewinne erzielt werden können“.
 
Durch die noch bevorstehende Kapitalerhöhung verschaffe sich das Unternehmen den Spielraum, um in den nächsten Quartalen Verluste aufweisen zu können. Allerdings habe die von Mark Williams genannte Durststrecke bis Ende 2010 – den Zeitpunkt, zu dem Premiere wieder schwarze Zahlen schreiben will – Auswirkungen auf den Aktienkurs. Frau Schäfer von der Landesbank Baden-Württemberg will sich ob des langen Zeitraums auf keine Prognose festlegen.
 
Frank Neumann wird konkreter: „Unser Kursziel auf Sicht von zwölf Monaten beträgt 2,00 Euro. Zu den größten Risiken gehören die anstehende Kapitalerhöhung und der Ausbau des Abonnentenstammes.“[mg]

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43 Kommentare im Forum

  1. AW: Analysten sehen von Premiere angekündigte Durststrecke mit Unbehagen Na das Thema ist bis 2013 erstmal gelutscht. Sportschau um 18.30 Uhr, Topspiel um 22.00 Uhr im ZDF, siehe TV Zeitschrift Die werden sich freuen...endlich wieder Premium-Preise für Premium-Produkte. Dummerweise werden viele dieser Abonnenten aber noch das Family Paket von ARENA 12 oder mehr Monate an der Backe haben. Dann noch 40 Euro für BuLi obendruff.... Na na na...nicht so pessimistisch...die gutverdiendenden Singles hier im Forum mit 50' Plasma und 7.1 THX Anlage erwarten, dass der arbeitslose Familien Opel-ianer als erstes nach der Kündigung durch GM seinen Schuldenberater aufsucht, um die Raten für Haus und Auto zu stunden und die Kinder in der Schule aufs Mittagessen verzichten müssen, weil er nämlich für 53,99 Euro erstmal ein PREMIERE Abo macht. . Also die Krise kommt PREMIERE top zugute. Miesmacherei Na dann ist ja alles paletti.
  2. AW: Analysten sehen von Premiere angekündigte Durststrecke mit Unbehagen Aha, die neue Hoffnung nach den Schwarzsehern sind nun die Arenaabonenten!
  3. AW: Analysten sehen von Premiere angekündigte Durststrecke mit Unbehagen Das ist ja überraschend. Waren die wirklich so naiv und haben das geglaubt?
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