Anstalt: „Für uns ist nicht die Verschlüsselung entscheidend, sondern die Kosten“

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Bild: © JuergenL - Fotolia.com
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Leipzig – Über die zukünftige Verbreitung von terrestrischem Fernsehen in Nordrhein-Westfalen sprach DIGITAL FERNSEHEN mit Jürgen Brautmeier, dem stellvertretenden Direktor der Landesanstalt für Medien NRW (LfM).

Eine Grundverschlüsselung ist für Nordhein-Westfalen derzeit nicht aktuell, sagt Brautmeier. „Für uns ist nicht die Verschlüsselung entscheidend, sondern die Frage der damit verbundenen Kosten“, so der stellvertretende Direktor der LfM. „Auch im Kabel werden ja die TV-Signale verschlüsselt, aber eben ohne dass es Gebühren gibt“.

DIGITAL FERNSEHEN: Herr Brautmeier, die Entscheidung der Landesanstalt für Kommunikation (LfK) Baden-Württemberg, ihre bisherige Position einer Free-to-air-Verbreitung in Richtung einer Grundverschlüsselung aufzugeben, stellt nicht nur einen Paradigmenwechsel dar, sondern stellt auch die Landesmedienanstalt vor die gleiche Entscheidung bezüglich der Zuweisung des ausgeschriebenen Multiplex. Gibt es diesbezüglich schon eine Meinungsbildung beziehungsweise Positionierung innerhalb der Medienanstalt?
 
Jürgen Brautmeier: Diese Frage stellt sich gegenwärtig in Nordrhein-Westfalen nicht. Wir haben in der Rhein-/Ruhr-Region drei Multiplexe mit privaten Programmen, die im bisherigen Standard betrieben werden. Allerdings bemüht sich die LfM darum, private Programme auch in weiteren Regionen (z.B. in Ostwestfalen oder im Raum Aachen) zu etablieren. Allenfalls hier würde sich eine vergleichbare Situation wie in Baden-Württemberg ergeben.
 
DF: Nachdem eine Landesmedienanstalt die MPEG4-Kompression sanktioniert hat, ist es für Sie denkbar, dass die bereits in Nordrhein-Westfalen on-air befindlichen öffentlich-rechtlichen DVB-T-Programme auch auf MPEG4 umgestellt werden? Was spricht dafür, was spricht dagegen? Wird dabei eine Grundverschlüsselung zu umgehen sein?
 
Brautmeier: Eine Umstellung aller Programme, also auch der öffentlich-rechtlichen auf MPEG4, würde es ermöglichen, weitere Programme auszustrahlen. Allerdings erfordert dies für die Zuschauer die Anschaffung neuer Geräte. Hier ist nur denkbar, dass sich im Zuge der technischen Entwicklung etwas verändert. Gegenwärtig erkennen wir hier jedoch keinen Handlungsbedarf.
 
DF: Vor zwei Jahren versuchte der Satellitenbetreiber SES Astra, mit der Plattform Entavio eine Grundverschlüsselung der über Satellit verbreiten Programme zu etablieren. Nunmehr vermarktet der Satellitenbetreiber Eutelsat die in Conax verschlüsselten und über DVB-T-verbreiteten Programme der RTL-Gruppe. Sehen Sie zwischen beiden Modellen einen
Unterschied? Worin liegt dieser?
 
Brautmeier: Das ist die alte Debatte über den Sinn einer Grundverschlüsselung unabhängig vom Übertragungsweg. Die Landesmedienanstalten haben ihre Position immer wieder deutlich gemacht. Für uns ist nicht die Verschlüsselung entscheidend, sondern die Frage der damit verbundenen Kosten. Auch im Kabel werden ja die TV-Signale verschlüsselt, aber eben ohne dass es Gebühren gibt.
 
DF: Stellt die Entscheidung der LfK, die Verbreitung von verschlüsselten Programmen über DVB-T zuzulassen, nicht den Einstieg in die generelle Grundverschlüsselung der TV-Programme dar?
 
Brautmeier: Das Vorgehen Baden-Württembergs ist auf die dortige Situation ausgerichtet. In anderen Bundesländern stellt sich die Lage, wie oben für NRW beschrieben, anders dar. Deswegen hat die LfK-Entscheidung keine direkten Auswirkungen.
 
DF: Herr Brautmeier, vielen Dank für das Gespräch. [ar]

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6 Kommentare im Forum

  1. AW: Anstalt: "Für uns ist nicht die Verschlüsselung entscheidend, sondern die Kosten" Es wird immer deutlicher, dass bei den Landesmedienanstalten ein Umdenken eingesetzt hat, das mehr die Interessen der Anbieter als das der Zuschauer vertritt. (Das hat vermutlich auch politische Hintergründe, nämlich dass sich CDU und FDP derzeit sehr stark fühlen...) Verschlüsselung ohne Gebühren? Das mag hier in NRW rechnerisch zutreffen, solange pro Haushalt nur ein digitales TV-Gerät eingesetzt wird, denn der Unitymedia-Grundpreis für einen digitalen Kabelanschluss kostet dann nicht mehr als ein Analog-Anschluss (aktuell sogar geringfügig weniger). Sobald aber mehr als ein Gerät eingesetzt wird - und das ist in den meisten Haushalten inzwischen üblich - dann wird's teurer! Die LfM's sollten langsam mal aufwachen und sich in der Realität umgucken. Scheinbar haben sie vergessen, dass sie auch einen Regulierungsauftrag haben! Man könnte ja fast behaupten, dass das nur ein erster Schritt ist, bis auch die terrestrische Grundverschlüsselung der Öffentlich Rechtlichen gefordert wird - und dann mit dem Argument, dass die Privaten durch die Grundverschlüsselung Wettbewerbsnachteile hätten... Was wird dann aus unserer hochgelobten, freien Informationsgesellschaft...? Tja, mich stimmen solche Aussagen von Seiten der LfM's sehr bedenklich... PS: Und dann kommt da noch die Frage der Freiheit der Endgerätewahl hinzu, wovon RTL im Raum Stuttgart ohne Widerstand abkehren darf (wo ein nicht standardisierter "Mischmasch" aus herkömmlichen DVB-T und neuem DVB-T2 an den Start gehen soll)... Ich hoffe, die Verbraucher dort werden dabei nicht mitspielen, denn sonst wird die "Büchse der Pandora" auch für den Rest der Republik geöffnet...
  2. Der Mann ist ahnungslos oder er lügt einfach. Brautmeier sagt: "Auch im Kabel werden ja die TV-Signale verschlüsselt, aber eben ohne dass es Gebühren gibt". Das ist falsch! Richtig ist, dass im Kabel der UM Pay-TV und die Privaten verschlüsselt sind. Die ÖR-Programme sind Free-To-Air, also unverschlüssel. Brautmeier sagt: Auch im Kabel werden ja die TV-Signale verschlüsselt, aber eben ohne dass es Gebühren gibt. Das ist für mich eine dreiste Falschaussage! Richtig ist, dass für den Empfang der Privaten, Kosten in Höhe von 3,90 Euro monatlich extra fällig werden. Das gilt auf jeden Fall für Hausanlagen der NE4 Betreiber. Entweder hat Brautmeier wirklich keinen Plan von der Technik oder er versucht die aktuelle Lage schön zu reden. 'n schönen Gruß aus dem Bergischen Land Watz
  3. AW: Anstalt: "Für uns ist nicht die Verschlüsselung entscheidend, sondern die Kosten" Mein Kabelnetzbetreiber gehört auch der Netzebene 4 an, hier sind aber alle Programme unverschlüsselt zu empfangen - außer die Pay-TV Programme von Kabelkiosk, Premiere & Premiere Star natürlich . Ich bezahle im Monat ein bißchen mehr als 10 €. Die Summe gilt sowohl für analoges wie digitales fernsehen, d.h. wenn bei einem digitalen Sender wetterbedingt die Qualität schlechter wird, kann ich sofern das Programm auch analog verfügbar ist umschalten. Habe momentan im digitalen Bereich 240 TV Sender und 110 Radioprogramme. Liegt wahrscheinlich daran das es ein städtischer Anbieter ist, also nichts mit Unity Media, Kabel Deutschland oder einem anderen Anbieter zu tun hat.
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