Landesmedienanstalten mahnen moralische Grenzen bei Casting- und Dokushows an

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Bild: Destina - Fotolia.com
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Berlin – Vor dem Hintergrund zunehmender Casting- und Dokushows im deutschen Fernsehen, bei denen die Gefahr besteht, dass moralische Grenzen überschritten werden, warnen die Landesmedienanstalten die Programmveranstalter davor, ihren Rang als Leitmedium in einer demokratischen Gesellschaft aufs Spiel zu setzen.

„Auch wenn viele Inhalte keine konkreten Rechtsverletzungen darstellen, werden doch Toleranzgrenzen von einzelnen Zuschauern und Zuschauergruppen strapaziert und Gefühle verletzt. Wenn weiterhin die Grenzen der Rundfunkfreiheit bis zum Letzten ausgereizt werden, drohen die Programme massivan Glaubwürdigkeit zu verlieren und tragen zu einem Verlust gesamtgesellschaftlicher Werte bei“, konstatiert Thomas Langheinrich, Vorsitzender der Direktorenkonferenz der Landesmedienanstalten (DLM).

In einem Beratungspapier, das sich mit der Praxis und der Bedeutung von Programmgrenzen für private Fernsehprogramme beschäftigt, stellen die Landesmedienanstalten fest, dass durch Casting- und Dokuformate „das Anstößige und Provokante, das Sensationelle oder auch Monströse (…) einen unangemessenen Rang“ erhält.
 
In diesen Sendungen „sind von den Medienprofis gelenkte Medienlaien die Hauptdarsteller“, die nicht abschätzen können, worauf sie sich eingelassen haben. Auch wenn die Sender auf gültige Verträge mit den Teilnehmern verweisen, liegt ein moralisches Versagen vor, „die Schwächen von medienunerfahrenen Laien zum Zweck der Unterhaltung auszustellen und auszunutzen“.
 
Ein Publikum interessiert sich nicht dafür, ob ein Programm legal, sondern ob es legitim ist. Darum ist auch das moralische Argument für einen dauerhaften wirtschaftlichen Erfolg der Sender unverzichtbar.
 
Kritisch wird in dem Papier auch das Sterben vor laufenden Kameras hinterfragt, wo nach Ansicht der Landesmedienanstaltendie Gefahr besteht, gegen die Unantastbarkeit der menschlichen Würde zu verstoßen. Das gilt auch dann, wenn für die Bilder des eigenen Sterbens Geld verlangt wird, wie im Fall der Britin Jane Goody.
 
Programmverantwortliche sollten auf die Ausstrahlung solcher Sendungen verzichten.

„Gerade, weil die Gewinnmaximierung durch Quotenoptimierung für den privaten Rundfunk systemspezifisch ist, scheint in den wirtschaftlich schwierigen Zeiten die Versuchung groß, die Grenzen der Rundfunkfreiheit im Interesse der Einschaltquote auszutesten. Dabei darf aber nicht aus den Augen verloren werden, dass die Veranstalter auch die Verpflichtung haben, sich an der Erfüllung einer öffentlichen Aufgabe zu beteiligen und mit den Gefühlen des Publikums sorgfältig umzugehen“, mahnt Prof. Dr. Norbert Schneider, ZAK-Beauftragter für Programm und Werbung.
 
Die Landesmedienanstalten wollen eine öffentliche Debatte über Grenzen der Programme anstoßen. Dazu sollen in den nächsten Monaten auch Gespräche mit den Veranstaltern geführt werden. „Wenn wir am Ende, ähnlich wie bei den Talkshows, zu einer Selbstverpflichtung der Programmmacher kämen, in denen sie die moralischen Grenzen in Bezug auf ihre Formate selbst bestimmen, dann wäre das schon ein wichtiger Schritt“, so der DLM-Vorsitzende Thomas Langheinrich. [mg]

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