Waitz: „Mit einem Sponsoringverzicht können ARD und ZDF an Glaubwürdigkeit gewinnen“

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Bild: © Phongphan Supphakank - Fotolia.com
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Leipzig – Die Bundestagsfraktion der FDP spricht sich für einen kompletten Verzicht von Werbung und Sponsoring im Programm der Öffentlich-Rechtlichen aus.

Der medienpolitische Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion, Christoph Waitz, stand DIGITAL FERNSEHEN Rede und Antwort. Andere Finanzierungsmodelle zu finden, ist für Waitz jedoch kein Thema: „Ich mache mir keine Gedanken über Finanzierungsmodelle“.

DIGITAL FERNSEHEN: Auf dem Symposium der Landesmedienanstalten kündigte Martin Stadelmaier, der Chef der rheinland-pfälzischen Staatskanzlei und Mitglied der Rundfunkkommission der Länder, an, das Sponsoring im Programm von ARD und ZDF ab der nächsten Gebührenperiode 2013 werktags ab 20 Uhr und an Sonn- und Feiertagen ganz verbieten zu wollen. Wie ist Ihre Auffassung zum Thema Sponsoring bei den öffentlich-rechtlichen Sendern?
 
Christoph Waitz: Die FDP-Bundestagsfraktion tritt für den kompletten Verzicht von Werbung und Sponsoring im Programm der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten ein. Mit diesem Verzicht können ARD und ZDF nur an Glaubwürdigkeit gewinnen. Die Nähe zu einem Sponsor schafft Abhängigkeiten. Die Schleichwerbeskandale um „Marienhof“ und andere Formate haben die Anfälligkeit der Öffentlich-Rechtlichen aufgezeigt.
 
ARD und ZDF betonen immer wieder, wie wenig Geld sie mit Werbung und Sponsoring verdienen würden. Die Auswirkungen eines Werbe- und Sponsoringverzichts wären verschmerzbar.
 
DF: Die Verbote würden bei den Sendern zu geringeren Einnahmen führen. Gleichzeitig laufen derzeit Kostenrechnungen für die ab 1. Juni gesetzlich vorgeschriebenen Drei-Stufen-Tests, die die Öffentlich-Rechtlichen laut Informationen von DIGITAL FERNSEHEN rund zehn Millionen Euro kosten dürften. Denken Sie, dass die ARD und das ZDF diesen finanziellen Belastungen gewachsen sind?
 
Waitz: Das ist eine hypothetische Frage. Niemand kann zum derzeitigen Zeitpunkt die Kostenbelastung kalkulieren. Auch ARD und ZDF müssen sich an dem Gebot der Sparsamkeit und effektiven Mittelverwendung messen lassen. In Zeiten, in denen die gesamtwirtschaftliche Entwicklung hinter den Einnahmesteigerungen der öffentlich-rechtlichen Anstalten zurück bleibt, müssen auch ARD und ZDF lernen, dass Gürtel enger geschnallt werden müssen.
 
Wie die Gesamtwirtschaft müssen auch ARD und ZDF ihre Effektivität steigern. Durch Umstrukturierungen im Budget können die zehn Millionen Euro für den Drei-Stufen-Test finanziert werden. Zumal das Gesamtvolumen der den Öffentlich-Rechtlichen zur Verfügung stehenden Gebühreneinnahmen über acht Milliarden Euro beträgt. Hinzu kommt, dass die Kostenbelastung der Rundfunkanstalten abgewogen werden muss gegen den wirtschaftlichen Schaden, der durch die gebührenfinanzierte Marktverzerrung verursacht werden könnte.
 
DF: Welche alternativen Finanzierungsmodelle können Sie sich für die öffentlich-rechtlichen Sender statt Sponsoring vorstellen?
 
Waitz: Der öffentlich-rechtliche Rundfunk hat konkrete Aufgaben, die seinen Anspruch auf Gebührenfinanzierung begründen. Ich mache mir keine Gedanken über Finanzierungsmodelle. Mich beschäftigt, wie durch Restrukturierungen, Fusionen von Sendeanstalten und echter Kontrolle und Pooling des Beschaffungswesens Kosten nachhaltig reduziert werden können.
 
DF: Medienberichten zufolge fordert das ZDF, die Verluste durch eine entsprechende Gebührenerhöhung auszugleichen. Halten Sie dies für politisch und gesellschaftlich vermittelbar?
 
Waitz: Die Wirtschafts- und Finanzkrise hält Deutschland fest in ihrem Griff. Die Menschen in unserem Land müssen mit harten Einschnitten rechnen oder erleben diese bereits. Vor diesem Hintergrund halte ich weitere Gebührenerhöhungen nicht für vermittelbar. Der öffentlich-rechtliche Rundfunk ist in Deutschland in die Jahre gekommen. Die Wirtschaftskrise und die zu erwartenden Gebührenausfälle sind auch eine Chance, bislang unantastbare Organisationsstrukturen und Produktionsverfahren zu überdenken.
 
DF: Herr Waitz, vielen Dank für das Gespräch. [ar]

Das Interview gibt die Meinung des Interviewpartners wieder. Diese muss nicht der Meinung des Verlages entsprechen. Für die Aussagen des Interviewpartners wird keine Haftung übernommen.

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