Bertelsmann-Chef sieht Talsohle im Medienbereich erreicht

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Bild: © Phongphan Supphakank - Fotolia.com
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Gütersloh – Bertelsmann-Chef Hartmut Ostrowski will nichts vom Krisengerede in seiner Branche wissen – trotz eines harten Jahres mit schweren Rückschlägen.

Er könne einen Gewinn für 2009 nicht ausschließen, sagte Ostrowski der Welt am Sonntag. Damit verbessert er bisherige Einschätzungen. Bisher war damit gerechnet worden, dass Bertelsmann im laufenden Jahr ins Minus gerät. Der Schuldenstand von Bertelsmann sei zum Jahresende zudem niedriger als zu Jahresbeginn. Die Verbindlichkeiten würden derzeit auf dem Stand von 2005 liegen. Ostrowski weiter: „Unsere Branche hat besser als erwartet auf die Krise reagiert. Und die Renditen sind auch immer noch höher als in manch anderen Industriezweigen. Medienunternehmen werden wieder sexy sein.“
 
Beim Fernsehgeschäft geht Ostrowski „im Prinzip“ davon aus, dass die Talsohle erreicht sei. Die RTL Group sei führend im klassischen Programmfernsehen und in der Produktion. Im TV-Bereich habe es in Sachen Werbung eine kleine Jahresend-Rallye gegeben. Womöglich resultiert daraus auch die leicht verbesserte Prognose in Bezug auf das Ergebnis. Der oberste Bertelsmann begründet das in der Wams so: „Fernsehen beispielsweise wird immer mehr geschaut, nur die technische Verbreitung ändert sich. TV kommt nicht mehr nur über Kabel und Satellit, sondern auch über Internet und Mobilfunk. Die Bereitschaft ist hier höher, sich Werbung anzusehen, als dafür zu bezahlen. Wer bei den Inhalten führend ist, und das sind wir mit RTL, wird gute Geschäfte machen“. Die Werbung werde sich im TV-Segment eher erholen als bei den Zeitschriften.
 
Bei der Zeitschriftentochter Gruner + Jahr gab Ostrowski Schwierigkeiten zu, schwächte dies jedoch gleich wieder ab: „Wir werden auch in Zukunft mit Zeitschriften ein ordentliches Ergebnis erwirtschaften, wenn wir uns auf das Kerngeschäft besinnen, qualitative hochwertige journalistische Inhalte. Den einen oder anderen Randtitel mussten wir einstellen, das ist ja in anderen Häusern nicht anders. Wir werden uns also auf die starken Produkte konzentrieren, in einer Kombination von On- und Offline“. Als Beispiel führte er die Fusion der Wirtschaftsredaktionen bei der Printtochter an: „Sparen heißt nicht immer Qualitätsverlust. Schauen Sie sich die G+J-Wirtschaftsmedien an: Wir machen mit wesentlich weniger Redakteuren heute Zeitschriften, die nach wie vor als Qualitätsprodukte gelten, meines Erachtens sogar besser geworden sind.“ Die Frage, ob die Wirtschaftspresse von Gruner+Jahr zum Verkauf stehe, verneinte Ostrowski.
 
Über das Buch- und Dienstleistungsgeschäft fasste sich der Bertelsmann-Chef sehr kurz: „Unser Verlagsgeschäft Random House liegt vorne bei der Entwicklung junger Autoren und im stark wachsenden E-Book-Segment. Bei unserem Dienstleister Arvato ist Wachstum Bestandteil der DNA.“
 
Zum Video-on-demand-Angebot rtl.now im Internet fand Ostrowski nur lobende Worte. Dies sei ein vielversprechender Kanal. Außerdem nannte er den Erfolg des Sozialen Netzwerks wer-kennt-wen.de, von RTL.de und von der iPhone-App von „Wer wird Millionär?“. Starre Werbevorschriften sollten seiner Meinung nach gelockert werden. Zum Verkauf von Zeitungsinhalten im Netz erklärte Ostrowski: „Was die Anwendungen für mobile Endgeräte betrifft, ist das ein guter Versuch, da hier die Zahlungsbereitschaft am größten ist. Aber ich bin skeptisch, dass wir flächendeckend für etwas Geld verlangen können, das es fast unbegrenzt im Netz umsonst gibt.“ Letztlich gehe es darum, „einzigartige Inhalte zu schaffen“.
 
Zu seinen Vorbildern befragt nannte der Vorstandsvorsitzender Bertelsmann-Gründer Reinhard Mohn. Desweiteren seien ihm „grundsätzlich (…) Manager und Unternehmer sympathisch, die langfristig erfolgreich sind, und nicht die, die sich mit kurzfristigen Erfolgen tüchtig feiern lassen und dann abtauchen.“ Er selbst fühle sich weder als Visionär noch als Sanierer sondern als Unternehmer. Auf den Einwurf der WamS, dass er aber kein Unternehmer, sondern angestellter Manager sei, entgegnet Ostrowski: „Ich fühle mich als Unternehmer, das zählt.“ Bertelsmann sei immer ein Haus von Unternehmern gewesen. „Diese Bereitschaft unserer Manager, verantwortungsvoll Risiken zu übernehmen, hat Bertelsmann geprägt und zum Erfolg geführt“, ist Ostrowski überzeugt. [mth]

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