Kommentar: HDTV-Irrsinn bei Kabel Deutschland – Letzter Ausweg „Kündigung“

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Kabel-TV Bild: © soupstock - Fotolia.com
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Leipzig – Der HDTV-Verweigerer Kabel Deutschland hat seit Montag ein Riesenproblem: Die Deutsche Telekom. War bis jetzt für die Kabel Deutschland noch alles in Butter, ist für den größten deutschen Verweigerer der HDTV-Einspeisung von ARD und ZDF im Kabelnetz Schluss mit lustig.

Denn während die wenigsten Kabelkunden in der Stadt „mal eben“ auf Sat-Direktempfang umstellen können, da sie auf drahtgebundenen Fernsehempfang angewiesen sind, ticken die Uhren ab heute anders. Die KDG, die heftigst in den Telefongefilden der Telekom wildert, sieht sich plötzlich einem um Welten besseren HDTV-Angebot von T-Home Entertain gegenüber – das es zu allem Überdruss seit kurzem ja auch noch „pur“ gibt. Jetzt haben gefrustete Kabel-Deutschland-Kunden endlich die Möglichkeit, auch in den traditionell starken Kabelgebieten in den Städten sinnvoll zu kündigen. Zugegeben, Entertain gibt es noch nicht überall, aber eben häufig da, wo auch die Kabel Deutschland ihre Kunden hat – und umgekehrt. Und der Kunde will HDTV sehen, auch im Kabel, ganz gleich welches kommunikative Luftschloss Kabel Deutschland versuchte aufzubauen.
 
Dem Fernsehzuschauer ist es doch letztlich völlig schnurz, mit welcher Begründung ihr Kabelnetzbetreiber die HDTV-Einspeisung von ARD und ZDF hinauszögert oder verweigert. Fakt ist für diesen nur eines: HDTV von ARD und ZDF gibt es nicht bei der Kabel Deutschland. Noch nicht mal als Ankündigung. Trotz GEZ-Gebühren, die wir alle mehr oder weniger gerne für den HDTV-Ausbau der öffentlich-rechtlichen Sender zahlen. Alle. Eben auch die Kabel-Deutschland-Kunden. Statt für eine schnelle, kundenfreundliche Lösung zu sorgen, pokerte die KDG lieber mit einem miesen Blatt und versuchte sich im Bluffen. Das geht mit der grandiosen Kommunikation der Kabel Deutschland so: Noch bis zum Sommer hieß es bei KDG mantraartig, dass die Nachfrage der eigenen Kunden nach HDTV-Angeboten „sehr gering“ sei. HDTV sei ja auch „kein entscheidendes Argument für die Wahl einer TV-Infrastruktur“. Aha.
 
Nur wenige Monate später hat selbst die Kommunikation des Kabelnetzbetreibers ein Einsehen und meint dann doch, dass HDTV ein „ganz wichtiger Digitalisierungstreiber sei“. Trotz dieser späten Erkenntnis fühlte sich Kabel Deutschland nicht in der Lage, den HD-Showcase von ARD und ZDF einzuspeisen. Natürlich liege das, wie auch das drohende Scheitern der Einspeisung des Regelbetriebes an den bösen Sendern, die sich ja nicht an den Verbreitungskosten beteiligen wöllten. Nochmal Aha.
 
Wenn dieses miese Hin-und-Her für Millionen Kabelkunden nicht so bitter wäre, könnte man die kommunikative Bruchlandung der Kabel Deutschland ja noch mit Humor nehmen. KDG-Chef Hammerstein wäre jedoch schlecht beraten, auf ein „Weiter so“ zu setzen, dessen einzige Essenz wäre: Die anderen sind schuld. Immer. Die bösen Sender, weil sie ihre HDTV-Ausstrahlung nicht extra bezahlen wollen, der Kunde, weil er HDTV jetzt doch haben will und der Satellit ja sowieso, weil der ja bezahlt werden wird. Mir kommen gleich die Tränen. Diese Kommunikationsstrategie der beleidigten Leberwurst ist unprofessionell und durchschaubar. Denn der Seitenhieb auf den Satelliten liegt völlig neben der Sache. Der Satellit kassiert vom Kunden keinen Cent für das TV-Programm von ARD und ZDF – weder in SD, noch in HD. Vielleicht haben das die Kommunikationsstrategen in Unterföhring nicht so ganz verstanden, also will ich ihren grundsätzlichen Irrtum aufklären: Kabel Deutschland kassiert mit dem guten Programm Dritter beim Fernsehzuschauer UND verlangt zusätzlich Einspeisegebühren von den Sendern. Ein tolles Modell, das bitte auch so bleiben soll, wie es einmal war. Denn, so die Begründung der KDG für diesen Wunsch in freier Übersetzung: Dies war ja schon immer so. Nochmal Aha.
 
Doch hier liegt meiner Meinung nach der eigentliche Hase im Pfeffer. Willigt die KDG jetzt ein, das HDTV-Programm von ARD und ZDF ohne eine Einspeisevergütung von den Sendern zu verlangen zum Kunden zu bringen, wäre dies so etwas wie der erste Sündenfall wider dem Doppelt-Kassieren und damit kein gutes Omen für 2012. Da stehen nämlich die Verhandlungen der KDG mit ARD und ZDF über die weitere Einspeisung der Sender ins KDG-Netz an – in SD. Und dafür will die KDG keinen kostenlosen Präzedenzfall schaffen. Statt mit diesen Fakten zu punkten, vertraute Hammerstein lieber auf Durchhalteparolen. Meines Erachtens sollte er unter dieses PR-Desaster endlich einen Schlussstrich ziehen. Ein Stück mehr Ehrlichkeit würde ihm dabei helfen. Zudem die ganze Kabelbranche unter dieser sturen Haltung leidet. Das Kabel kann es schließlich anders – das zeigt allen voran wieder einmal in vorbildlicher Weise Kabel BW. Doch letztlich kann es vielen KDG-Kunden jetzt auch egal sein, was sich die KDG-Presse als nächstes ausdenkt. Viele Kunden haben jetzt eine Alternative. Ob nun Satellit oder Entertain – beide haben das, was Hammerstein nicht haben kann oder will. ARD und ZDF in HDTV.
 
Stefan Goedecke[fp]

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84 Kommentare im Forum

  1. AW: Kommentar: HDTV-Irrsinn bei Kabel Deutschland - Letzter Ausweg "Kündigung" Wenn die T die Preise -spürbar- senkt bin ich dabei. Zur Zeit zahle ich zusammen knapp 30€ (Versatel / KDG+). Bei der T läge ich bei mind. 54€, sollte VDSL bei mir laufen. Also - 25€/Monat mehr, nur damit ich Teile des Programms (aus 4 Metern Sitzabstand) in HD sehen könnte. Nö!
  2. AW: Kommentar: HDTV-Irrsinn bei Kabel Deutschland - Letzter Ausweg "Kündigung" Ein sehr guter Kommentar von Stefan! Endlich wird mal Front gemacht gegen einen ach so mächtigen Monopolist, dem es an Selbstherrlichkeit und Geldgier nicht zu fehlen scheint. BWL ist wichtig, aber auch nicht alles. Ich hätte mir aber genau so ein eindeutiges Vorgehen der DF gegen HD+ gewünscht, ist doch das selbe in grün, oder?
  3. AW: Kommentar: HDTV-Irrsinn bei Kabel Deutschland - Letzter Ausweg "Kündigung" Ist mir schon klar, habe nur das Smiley vergessen, bitte schön: Und es gibt doch auch noch einen Unterschied zwischen "zurückhalten" und "hochjubeln".
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