Strong: „Rechtsstreit mit deutschen Finanzbehörden“

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Bild: © Phongphan Supphakank - Fotolia.com
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Leipzig – Im August 2009 wurde das Insolvenzverfahren für die Strong Deutschland eröffnet. Die Steuerschuld soll sich auf über eine Million Euro belaufen und die Geschäfte nun von der Strong-Zentrale in Wien aus geleitet werden. DF sprach dazu mit Martin Kogler, Sales Director Europe der Strong Ges.m.b.H.

DIGITAL FERNSEHEN: Herr Kogler, die deutsche Strong GmbH ist insolvent. Was sind die Ursachen?
 
DF: Ursachen mag es mehrere gegeben haben, letztendlich war der Hauptgrund für die Insolvenz aber ein jahrelanger Rechtsstreit mit den deutschen Finanzbehörden, in dem es leider bis zuletzt keine Einigung gab.
 
Martin Kogler: Warum kam es zu keiner Einigung mit den deutschen Finanzbehörden?
Es konnte keine definitive Entscheidung getroffen und Zuständigkeiten nicht geklärt werden. Das Insolvenzverfahren ist noch nicht abgeschlossen, mehr möchten wir darüber nicht in der Öffentlichkeit kommunizieren.
 
DF: Sie sprechen von einer „sauberen Insolvenz“ – heißt das keiner bleibt auf seinen Forderungen „sitzen“?
 
Kogler: Strong bemüht sich um eine faire Abwicklung seiner deutschen Tochter. Außer den Finanzbehörden und der Muttergesellschaft als Hauptgläubiger sollte es nicht mehr viele weitere Gläubiger geben.
 
DF: Strong bedient den deutschen Markt künftig aus Österreich. Kehren Sie Deutschland endgültig den Rücken?
 
Kogler: Strong kehrt Deutschland keineswegs den Rücken. Wir sind in Deutschland schlanker und effizienter und die Produktevaluierung, der Vertrieb, auch Service und Logistik wird weiterhin lokal organisiert. Unser Key Account Manager Carsten Quandt betreut nach wie vor die bundesweiten Retailer und Kooperationen, wie ElectronicPartner und Expert, und andere Großhandelsformen. Und unser Service- und After Sales Partner in Deutschland, die Firma Arvato, wickelt für Strong den kompletten Versand ab. Zudem haben wir mit der Firma Doebis einen kompetenten Distributionspartner, der die Betreuung der dezentral organisierten Händler, wie Conrad Electronic oder MSH, sicher stellt. Damit können wir unseren Handelspartnern und letztendlich den Konsumenten attraktive Produkte anbieten.
 
DF: Unternehmer in Deutschland klagen häufig über die knallharte Bürokratie in diesem Lande. Klagen Sie mit?
 
Kogler: Wir wollen hier nicht den Verwaltungsaufwand generell kritisieren. Dass wir nicht besonders glücklich über die Rolle der Finanzbehörden bei der Insolvenz der deutschen Niederlassung sind, ist anzunehmen.
 
DF: Wie ist Strong weltweit aufgestellt?
 
Kogler: Strong wurde 1869 als Handelsunternehmen gegründet und die auf Fernsehtechnik spezialisierte Division besteht seit mittlerweile 25 Jahren. Aktuell hat Strong Niederlassungen in Frankreich, Holland, Dänemark, Österreich, Ungarn, Bulgarien und der Ukraine sowie Distributionspartner in fast allen Ländern Europas.
 
DF: Welche Auswirkungen hat die Insolvenz einer Tochter auf Strong International?
 
Kogler: Als Hauptlieferant der Strong Deutschland GmbH ist Strong International auch der Hauptgeschädigte dieser Insolvenz. Doch konnten diese Verluste zum Großteil mit positiven Ergebnissen anderer Tochterunternehmen aufgefangen werden.
 
DF: Werden Sie für Deutschland einen neuen Außendienst aus Österreich steuern?
 
Kogler: Neben unserem Distributionspartner Doebis haben wir mit Herrn Carsten Quandt auch einen erfahrenen Key Account Manager in Deutschland. Die Aufnahme eines oder zweier weiterer Key Account Manager ist bereits angedacht.
 
DF: Mit welchen Produkten wollen Sie das Vertrauen der deutschen Kunden zurückgewinnen?
 
Kogler: Strong hat in den letzten Monaten bereits sein gesamtes DVB-T und DVB-S Portfolio für Deutschland auf low power consumption Geräte umgestellt, die der EU-Richtlinie für niedrigen Stromverbrauch im Standby entsprechen. Im Frühjahr 2010 sollen zwei neue HDTV-Modelle, ein Free-to-Air und ein Modell mit Common Interface, auf den Markt kommen, die durch ein gutes Preis-/Leistungsverhältnis bestechen werden.
 
DF: HD Plus Receiver sind von Ihnen nicht angekündigt – haben Sie einen Trend verschlafen?
 
Kogler: Wir haben nicht sofort auf die Ankündigung von HD-Plus-Softwareupdates unserer bestehenden Receiver oder das Bild eines geplanten Receivers präsentiert. Das heißt jedoch nicht, dass wir diese Entwicklung nicht von Anfang an beobachtet haben und entsprechende Produkte entwickeln.
 
DF: Wie stehen Sie zu CI Plus?
 
Kogler: Ich sehe ein großes Potential für CI Plus auch in Deutschland, vielleicht weniger für Set-Top-Boxen, sondern eher für Fernseher mit eingebauten Tunern und CI-Plus-Slots. Strong bietet beispielsweise bereits in Frankreich oder Skandinavien entsprechenden CA-Module im CI-Plus-Standard sehr erfolgreich an.
 
DF: Wie sehen Sie den deutschen HDTV-Markt mit HD-Start der großen privaten Sender und demnächst von ARD und ZDF?
 
Kogler: Sieht man das HD Angebot in anderen Ländern Europas, war diese Entwicklung in Deutschland nur logisch. Für Endkunden wird es jedoch schwer nachvollziehbar sein, dass mit SKY, HD Plus und dem frei zugänglichen HD Angeboten von ARD und ZDF noch kein einheitliches System gefunden wurde.
 
DF: Welche Produkte sind von Strong außerhalb klassischer DVB-Technik zu erwarten?
 
Kogler: Sicherlich wird der digitale Fernsehbereich auch in Zukunft das Hauptaugenmerk von Strong bleiben. Wir sehen uns jedoch sehen wir uns auch neue Produkte in anderen Bereich der Consumer Electronic an, die für uns interessant werden können. Details dazu können wir dazu jedoch noch nicht bekannt geben.
 
DF: An welchen Messen planen Sie in diesem Jahr teilzunehmen?
 
Kogler: Strong wird auch diese Jahr bei den EP Messen vertreten sein. Die Teilnahme an anderen Messen, direkt oder gemeinsam mit Partnern, wird derzeit noch evaluiert.
 
DF: Planen Sie Ihre Receiver auch direkt an Großkunden wie Sky oder Kabelnetzbetreiber zu vertreiben?
 
Kogler: Derartige Pläne bestehen selbstverständlich immer. Natürlich ist es auch ein sehr umkämpfter Markt. Auf Grund unserer Erfahrungen mit Programmanbietern in anderen europäischen Ländern sind wir aber zuversichtlich, dass wir auch bald in Deutschland den einen oder anderen Netzbetreiber direkt beliefern werden können.
 
DF: Vielen Dank für das Gespräch. [fp]

Das Interview gibt die Meinung des Interviewpartners wieder. Diese muss nicht der Meinung des Verlages entsprechen. Für die Aussagen des Interviewpartners wird keine Haftung übernommen.

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