SPD für „behutsame Abkehr der Rundfunkgebührenpflicht von Geräteabhängigkeit“

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Bild: © Phongphan Supphakank - Fotolia.com
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Berlin – Die SPD-Medienkommission hat ein Eckpunkte-Papier für die Neuordnung der Rundfunkgebührenfinanzierung vorgestellt.

Der Vorsitzende der SPD-Medienkommission, Marc Jan Eumann, hat die Eckpunkte vorgestellt. „Die ausschließlich gerätebezogene Rundfunkgebühr wird den Anforderungen an eine moderne Kommunikationsgesellschaft nicht mehr gerecht“, argumentiert die SPD. Immer mehr Multifunktionsgeräte, die für ganz andere Zwecke angeschafft würden, seien technisch auch zum Empfang von Rundfunk geeignet sind (Computer, Handy etc.). „Industriepolitische Erwägungen und eine schwindende Akzeptanz der Gebührenpflichtigen machen eine Neuorientierung notwendig“, schlussfolgert die Kommission.
 
Deshalb spreche sich die SPD für eine „behutsame Abkehr der Rundfunkgebührenpflicht von der Geräteabhängigkeit unter Berücksichtigung europarechtlicher (beihilferechtlicher) und abgabenrechtlicher Vorgaben“ aus. Grundsätzlich misst die SPD die Gebührenfinanzierung an den Einflussgrößen „langfristige Sicherheit“, „Aufkommensneutralität“, „Verringerung des Kontrollbedarfs“, „Einheitlichkeit der Rundfunkgebühr“ sowie „angemessener Finanzausgleich“.
 
Unter langfristiger Sicherheit versteht die SPD, dass die neue Gebühr eine breite gesellschaftliche und politische Akzeptanz haben sollte, „die die verfassungsrechtliche Grundfrage der ausreichenden Gebührenfinanzierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks für eine möglichst lange Zeit aus einer ständigen aktuellen politischen Diskussion heraushalten kann“.
 
Der durch die Kommission zur Ermittlung des Finanzbedarfs (KEF) festgestellte Finanzbedarf und damit die Höhe der Rundfunkgebühr, die zur Erfüllung des öffentlichen Auftrags notwendig ist, gilt als verfassungsrechtlich abgesichert. „Dies enthebt den öffentlich-rechtlichen Rundfunk jedoch nicht der Verpflichtung zur weiteren Optimierung seiner Wirtschaftlichkeitsbemühungen“, so die SPD zum Thema „Aufkommensneutralität“.
 
Diese sieht Eumann auch in der Verteilung privater versus öffentlich-rechtlicher Rundfunk: „Die Sicherung von Bestand und Entwicklung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks ist eine gesamtstaatliche Aufgabe, an der sich bislang die Wirtschaft (Industrie, Gewerbe, Handel, Dienstleistungs- und sonstige Einrichtungen) mit fast einem Zehntel des Gebührenaufkommens beteiligt hat“. An dieser Lastenaufteilung sei festzuhalten, „das heißt die privaten Haushalte dürfen unter dem Strich nicht stärker in die Pflicht genommen werden als bisher“.
 
Zudem stellt die SPD zur „Verringerung des Kontrollbedarfs“ fest: „Das jetzige System zeichnet sich u.a. dadurch aus, dass die zur Sicherstellung der Gebührengerechtigkeit eingesetzten Kontrollmechanismen aufwendig und in Einzelfällen unverhältnismäßig erscheinen“. Die Akzeptanz der reformierten Gebührenfinanzierung werde wesentlich davon abhängen, die Methoden des Gebühreneinzugs ebenfalls einer kritischen Überprüfung zu unterziehen.
 
Zudem müsse am Grundsatz der bundesweit einheitlichen Rundfunkgebühr festgehalten werden. Darüber hinaus konstatiert die SPD: „Die Medienkommission plädiert nachdrücklich für eine entsprechende Anhebung des prozentualen Finanzausgleichs von derzeit einem Prozent des Gebührenaufkommens“. Unabhängig davon halte es die Medienkommission für unverzichtbar, im Sinne sparsamer und wirtschaftlicher Vorgehensweise die Kooperationsbemühungen zwischen den Landesrundfunkanstalten fortzusetzen und auszubauen.
 
Derzeit werden zwei Gebührenmodelle diskutiert, das bisherige „gerätebezogene Modell“, das modernisiert werden soll und die als „Haushaltsabgabe“ bekannte geräteunabhängige Medienabgabe. „Sowohl bei der fortgeschriebenen gerätebezogenen Rundfunkgebühr als auch bei geräteunabhängigen Medienabgabe wäre nur noch eine Gebühr/Abgabe pro Haushalt/Betriebsstätte zu leisten“, sagte Kurt Beck, dem Vorsitzenden der Rundfunkkommission der Länder und Ministerpräsident von Rheinland-Pfalz, Ende November 2009 gegenüber DIGITAL FERNSEHEN im Interview.
 
„Zudem könnte die Unterscheidung zwischen neuartigen und herkömmlichen Empfangsgeräten aufgegeben werden. Beide Modelle würden auch nicht länger zwischen Grund- und Fernsehgebühr differenzieren. Schließlich könnte auch die mobile Nutzung im Kfz von der Gebühr/Abgabe für einen Haushalt/Betriebsstätte mit erfasst werden“, so Beck weiter.
 
Die kursierenden Überlegungen der Ministerpräsidenten waren dabei auf Ablehnung gestoßen. Besonders die angedachte Erhöhung der Rundfunkgebühr für internetfähige Handys und Computer von derzeit 5,76 Euro auf den TV- Gebührensatz von 17,98 Euro standen in der Kritik (DF berichtete). [ar]

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20 Kommentare im Forum

  1. AW: SPD für "behutsame Abkehr der Rundfunkgebührenpflicht von Geräteabhängigkeit" an alle die denken die gebühr würde in zukunft günstiger, da man ja bald "alle" kriegen will, weiterträumen...
  2. AW: SPD für "behutsame Abkehr der Rundfunkgebührenpflicht von Geräteabhängigkeit" Und beides wäre kein echter Fortschritt. Eine gerätebezogene Abgabe, ganz gleich wie sehr sie "modernisiert" würde, gilt es ja durch die Reform gerade zu beseitigen, eben weil sie angesichts der technischen Entwicklung absurd erscheint. Das Problem der Kontrollen bei nicht-gemeldeten Leuten/Haushalten wäre dadurch auch nicht wegzukriegen. Eine haushaltsbezogene Abgabe wird an der Definition des Begriffs "Haushalt" scheitern. Was ist, wenn die Oma in ihrem Zimmer ein eigenes Klo mit Dusche hat; gilt das dann schon als eigener Haushalt, obwohl die Oma den ganzen Tag bei der Familie lebt? Oder was ist, wenn eine große Familie zwei baulich getrennte Wohnungen in einem Mietshaus bewohnt; gelten die dann trotz der Trennung als ein großer Haushalt, oder müssen sie doppelt Gebühren zahlen? Und was passiert mit Ferienwohnungen, Hotelzimmern, Wohnmobilen, gewerblich genutzen Fahrzeugen etc.? All diese Fragen müssten in einem komplexen Regelwerk geklärt werden. Ich glaube also, dass die haushaltsbezogene Abgabe, selbst wenn man die Beweispflicht umkehren würde, den Bedarf an Kontrollen noch erhöhen würde. Die einzig sinnvolle Reform der Rundfunkgebühr geht meiner Meinung nach in Richtung personenbezogener Medienabgabe. Man könnte überlegen, ob man es einkommensabhängig gestaltet (z. B. nach dem Vorbild der Kirchensteuer), oder ob stur jeder volljährige Bürger zur Kasse gebeten wird (was aber wieder Ausnahmen für Sozialfälle erfordern würde). Ein Mittelding wäre ein fester Betrag, der grundsätzlich von Personen gezahlt werden muss, die ein bestimmtes Mindesteinkommen haben. Vorteil dieses Verfahrens wäre, dass der Gebühreneinzug ohne großen Aufwand vom Finanzamt übernommen würde und man den Verwaltungsapparat GEZ abschaffen könnte. In dem Zusammenhang könnte durchaus auch eine Steuerfinanzierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks diskutiert werden; schließlich bewegen wir uns ohnehin auf die Denkweise zu, dass die Finazierung des öffentlich-rechtliche Rundfunks eine gesamtstaatliche Aufgabe ist und nicht Sache einzelner Gerätebesitzer. All die verfahrenstechnischen Aspekte könnte man dadurch bequem umgehen. Das Argument, hierdurch hätte die Politik zu viel Einfluss auf die Sender, kann ich überhaupt nicht gelten lassen; die Unabhängigkeit der Sender kann man ja gesetzlich festschreiben (was dann vielleicht für weniger Einfluss der Politik sorgt als wir ihn heute trotz eigenständiger Gebühreneintreibung haben).
  3. AW: SPD für "behutsame Abkehr der Rundfunkgebührenpflicht von Geräteabhängigkeit" Ob die angedachte Vereinfachung wirklich Sinn macht und vor allem zu weniger Kontrollen führt erscheint zweifelhaft. Die Definition des Haushalts wirft auch so schon oft genug Schwierigkeiten auf. Und während man sonst gern Personen als gemeinsamen Haushalt zusammenwirft um sie für einander verantwortlich zu machen, steht umgedreht zu befürchten, daß sie anderweitig aufgrund von bestimmten Einkommen als selbstständige Haushalte auseinandergedröselt werden. So wie man das jetzt z.B. schon bei zu Hause wohnenden Studenten macht, die kein Bafög bekommen und durch Jobs ein Einkommen von 290 EUR im Monat haben. Vergessen darf man auch nicht, daß die Betriebsstätten ebenso weiterhin mehrfach zahlen dürfen und ab 2013 ja auch die ermässigte Gebühr abgeschafft werden soll - immerhin eine Verdreifachung. Die Steuerlösung wird gern als nicht als nicht staatsfern genug hingestellt, aber das ist zumindest nicht ganz unumstritten. Was argumentativ durchaus in die Waage fallen könnte, ist, daß die GEZ derzeit die Rundfunkgebühren preiswerter eintreibt, als sie das Finanzamt angeblich könnte. So zumindest wird es gern von Politikern hingestellt. Allerdings könnte das auch daran liegen, daß in den Berechnungen Äpfel mit Birnen verglichen werden. Z.B. laufen die sogenannten Rundfunkgebührenbeauftragten meines Wissens nicht über die Bücher der GEZ , sondern sind im Auftrag der Rundfunkanstalten unterwegs und werden meistens auf Provisionsbasis bezahlt. Eine personengebundene und allein privat zu zu zahlende Rundfunkgebühr würde ich persönlich auch als die gerechteste ansehen. Warum sollten bestimmte Personengruppen mehrfach zahlen? Ansonsten müste vor allem in Zeiten schwindender Bevölkerung über Sparmaßnahmen und echte Programmreduzierungen nachgedacht werden, die jedoch nicht zu Lasten der Qualität gehen dürfen. Nach meiner Ansicht versuchen die Rundfunkanstalten derzeit jedoch vor allem durch Quantität und Omnipräsenz ihre Wichtigkeit aufzuzeigen und vergessen dabei zunehmend die Qualität. Insofern wäre es vielleicht nicht schlecht, noch einmal zu den Wurzeln des Öffentlich-rechtlichen Rundfunks zurückzukehren und wirklich zu schauen, was wir heute brauchen und was nicht. Z.B. wäre es angesichts der Bildungsmisere im Land nicht schlecht, wieder mehr Bildungsprogramme anzubieten. Ich vermute auf jeden Fall, daß es - solange das Gebührenmodell ungerecht ist und auf der anderen Seite das Angebot der Sender selbst immer schlechter wird - auch mit der Gebührenakzeptanz nicht besser werden wird.
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