Insolvenz der Primacom AG war „gezieltes Instrument“

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Kabel-TV Bild: © soupstock - Fotolia.com
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Leipzig – Der ostdeutsche Kabelnetzbetreiber schickte seine Holding in die Insolvenz, um einen Gesellschafterwechsel zu erreichen. Kleinaktionäre der ersten deutschen Kabel-TV-Aktie blieben jedoch bei dem Manöver auf der Strecke.

Bei der Insolvenz der Primacom AG kommen immer mehr Details zu Tage, die den Verdacht schüren, dass die Holding gezielt und von langer Hand insolvent gemacht wurde, um sie los zu werden. Quasi um „die Firmenstruktur zu restrukturieren und zu vereinfachen“, wie ein Beteiligter aus der Führungsriege jetzt DIGITAL INSIDER inoffiziell bestätigte. Bei einer an der Börse gehandelten Aktiengesellschaft können Mehrheitsgesellschafter nicht so frei handeln wie bei der nun an der Spitze der Primacom-Gruppe stehenden Primacom Management GmbH, da sie ständig auch auf die Gleichbehandlung der restlichen Aktionäre achten und sich an das deutsche Aktiengesetz halten mussten.

Dr. Hans Peter Leube, Geschäftsführer der inzwischen von der AG abgespaltenen operativen Einheit Primacom Management GmbH (PMG), beschrieb diesen Vorgang erstaunlich offen vor einigen Tagen in einem Interview mit der Illustrierten „SuperIllu“ (30/2010) so: „Die Insolvenz einer Holding-Gesellschaft wird als ein gezieltes Instrument eingesetzt, um einen Gesellschafterwechsel von den Alteigentümern zu den kreditgebenden Banken oder neuen Geldgebern zu erreichen. Korrekt durchgeführt – wie im Fall der Primacom – berührt sie das Tagesgeschäft nicht. Vielmehr führt sie dann zu einer finanziell gestärkten Unternehmensgruppe.“

Die hier stattgefundene Enteignung der Alteigentümer klappte jedoch nur deshalb so gut, weil die operativen Einheiten – quasi das Tafelsilber des Unternehmens – nicht innerhalb der AG, sondern unterhalb in der PMG gebündelt waren. Gleichzeitig waren die Kredite der AG mit Pfandrechten an der PMG besichert. Nur so konnte die Kredit gebende holländische ING-Bank durch plötzliche Fälligstellung eines Kredits Anfang Juni den Kabelnetzbetreiber an sich reißen und verwerten. Anstelle „den Pfand“ am 5. Juli zu versteigern, verkaufte der Insolvenzverwalter mit dem Segen der ING-Bank die PMG für einen zweistelligen Millionenbetrag samt Schuldenübernahme an das luxemburger Unternehmen Medfort S.a.r.l.. Hinter Medfort steckt die Quebec Nominees Ltd. mit so gut wie nicht recherchierbaren Eigentümern auf den Britischen Jungferninseln. Medfort betont stets, dass lediglich private Investoren hinter dem Unternehmen stecken würden. Doch selbst Primacom-Mitarbeiter vermuten inzwischen immer mehr, dass dahinter die kreditgebenden Banken stecken, die mit der Insolvenz lediglich die lästigen Altaktionäre los werden und sich das „hochprofitable Unternehmen mit einer Gewinnmarge von über 40 Prozent“ selbst unter den Nagel reißen wollten.

An einer öffentlichen Aufarbeitung hat der inzwischen einzige verbliebene Vorstand der AG und Geschäftsführer der PMG, Michael Dorn, anscheinend kein Interesse. Angesprochen auf Ungereimtheiten ließ er vor einigen Tagen einen Interviewtermin platzen und über die Primacom-Pressestelle lapidar mitteilen: „Wir werden keine Aussagen zur AG machen.“ DIGITAL INSIDER nimmt dies zum Ansporn, in der Angelegenheit weiter zu recherchieren. [sh]

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6 Kommentare im Forum

  1. AW: Insolvenz der Primacom AG war "gezieltes Instrument" jaja...die tollen AGs immer wieder...alles nur verbrecher!
  2. AW: Insolvenz der Primacom AG war "gezieltes Instrument" 1. wie naiv seid ihr eigentlich? 2. "DIGITAL INSIDER nimmt dies zum Ansporn, in der Angelegenheit weiter zu recherchieren." - das ist aber toll. und peinlich, sowas in meldungen auch noch aufzuschreiben.
  3. AW: Insolvenz der Primacom AG war "gezieltes Instrument" Die Frage ist doch: Wo bleibt der Staatsanwalt, wenn das tatsächlich nicht mit rechten Dingen dort gelaufen ist?
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