„Andor“ bei Disney+: Eine neue Hoffnung für „Star Wars“

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Diego Luna und Stellan Skarsgard in
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„Star Wars“ drohte nach mäßigen Film- und Serienauskopplungen vollends zum Ramschladen zu werden – nun hat sich Disney+ mit „Andor“ endlich ein Herz gefasst und widmet sich dem wirklich wichtigen Thema der SciFi-Saga: Der Rebellion. Und die Rechnung geht auf.

Zu sagen, dass „Star Wars“ mit „Andor“ zu alten Stärken zurückkehrt, entspricht eigentlich nicht der Wahrheit. Denn obwohl die Weltraumoper-Trilogie aus den Siebziger und Achtziger Jahren wegweisend-starke Kino-Unterhaltung war, ist „Andor“ deutlich ernster und erwachsener als selbst der düsterste und wohl beste Film der Leinwand-Saga: „Das Imperium schlägt zurück“.

Und die mutige, stimmungsvolle und hervorragend besetzte Geschichte von „Andor“ kommt keine Sekunde zu früh. Schließlich hat sich schon so mancher glühende „Star Wars“-Fan nach – man muss es so drastisch sagen – Jahrzehnten der Mittelmäßigkeit und Enttäuschungen vom Kult-Franchise abgewandt. Oder sich schlichtweg nur noch wenig daraus gemacht, weil eben nicht mehr viel dahinter war außer seichter Content.

„Star Wars“: Fast 40 Jahre Abwärtstrend

Die Prequel-Trilogie um den tragischen Auserwählten Anakin und Obi-Wan Kenobi war bereits vor rund 20 Jahren ein ordentlicher Satz abwärts, die letzten drei Filme der Skywalker-Saga dann nahezu völlig ideenloser Edeltrash. „The Mandalorian“ begeisterte als erste Live-Action-Serie des Franchises zwar zu Beginn der Ära von Disney+ zunächst, entpuppte sich dann aber doch als eine etwas zu kalkuliert abgeschmeckte Merchandising-Orgie. Erwachsene Fans mit einem Overkill an quietschigen Knuddel-Momenten zu irritieren, war schlicht etwas zu viel des Guten.

Mit „Das Buch von Boba Fett“ kündigten sich dann härtere Bandagen an, doch seine Vorschusslorbeeren löste das inkonsequent geschrieben Format leider nicht ansatzweise ein. „Obi-Wan Kenobi“ versündigte sich dann an den beliebtesten Figuren des Originals und machte dabei fast gar nichts mehr richtig. Ein klarer Abwärtsrend zeichnete sich nun auch bei den „Star Wars“-Serienproduktionen auf Disney+ ab.

„Andor“ bei Disney+: Überraschend überragend

Nun, wo die Erwartungen selbst hartgesottener „Star Wars“-Fans auf einem absoluten Tiefpunkt angelangt waren, landet der Streamingdienst mit „Andor“ plötzlich einen absoluten Volltreffer – und ist im Herbst der Mega-Serien zumindest qualitativ der unerwartete Gewinner. Das liegt zwar auch daran, dass die Blockbuster-Produktionen „House of the Dragon“ und „Die Ringe der Macht“ sich mittlerweile als Enttäuschungen herausgestellt haben. Doch die erste wirklich erwachsene „Star Wars“-Serie punktet auch ausgiebig mit ganz eigenen und neuen Stärken.

Der Bösewicht Syril Karn in "Andor" auf Disney+
Ein kleines Licht, da wo die Sonne nicht scheint: Der ehrgeizige Offizier Syril Karn ist nicht mal Teil des Imperiums – sondern eines privaten Sicherheitsunternehmens im Dienste der Diktatur. Die Figur wird mit einer Zweischneidigkeit aus Geltungsdrang und Unsicherheit dargestellt und bricht erfolgreich mit der Tradition von Karrikaturen und Charakterschablonen im Amt böser Unterbosse. © 2022 Disney and its related entities

Der deutsche Netflix-Regisseur und „Star Wars“-Experte Shawn Bu brachte es nach der Premiere von „Andor“ auf den Punkt: „Endlich mal richtig gut geschriebener Star Wars Serien Content mit richtig guter Regie! Jede einzelne Figur hat Persönlichkeit und ist super gespielt. Erwachsen, anspruchsvoll, anders. Nimmt sich Zeit. Wahnsinns Look! Gänsehautmomente ohne Fanservice. Ich bin begeistert!“

Die Rebellion ist größer als ihre Helden

Dabei hatte bereits Standalone-Film „Rogue One“ für einen Moment 2016 frischen Wind in das Franchise gebracht, auch weil sich „Star Wars“ endlich mal wirklich etwas traute. So (er)löste man das Kult-Franchise erstmals von seinen großen Figuren und Namen, den Jedi und ihren Lichtschwertern: Darth Vader bekommt zwar einen Gastauftritt, im wesentlichen ist die Bühne aber frei für Menschen ohne Superkräfte, stellvertretend für die zahllosen namentlich unbesungenen Märtyrern der Rebellion. Als solcher begegnete das Publikum auch zum ersten und einzigen Mal Cassian Andor, dessen Vorgeschichte in der nach ihm benannten Serie bei Disney+ erzählt wird. Der einzigartige Ton und die weitgehende Freiheit von „Star Wars“-Klischees und zu viel CGI-Alien-Nonsens des Vorgängerfilms kommen hier wieder zum Tragen – und das sogar deutlich konsequenter als in „Rogue One“.

Mon Mothma in "Andor" auf Disney+
Es gibt auch ein wenig Prominenz in „Andor“: Die Politikerin und Rebellenführerin Mon Mothma ist trotz nur geringer Leinwandzeit in „Die Rückkehr der Jedi-Ritter“ eine Ikone des „Star Wars“-Universums – und eine der wichtigsten Köpfe der Rebellion. © 2022 Disney and its related entities

Wer der mit Diego Luna („Narcos: Mexico“) und Stellan Skarsgard („Dune“) prominent besetzte, düstere neue Serienauskopplung aus dem „Star Wars“-Universum also noch keine Chance gegeben hat, sollte seine nach diversen unreifen Gehversuchen von Disney+ berechtigten Vorurteile beiseite räumen – denn es gibt für das von George Lucas erdachte SciFi-Franchise eine neue Hoffnung. Ob sich die durch die ersten drei zusammen veröffentlichten Folgen gesteckten erfreulich-hohen Erwartungen dann auch erfüllen, werden die nächsten Wochen zeigen.

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Bildquelle:

  • syril-karn: © 2022 Disney and its related entities
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