Analogabschaltung: „Niemand kann sagen, er hätte nichts gewusst“

248
439
Satellit, Bild: © twobee - Fotolia.com
Bild: © twobee - Fotolia.com

Am Montag (30. April) geht nach 25 Jahren das Zeitalter der analogen Satellitenausstrahlungen zuende. Jörg-Peter Jost von der Deutschen TV-Plattform hat als eine der treibenden Personen hinter der Analogabschaltung mit DIGITALFERNSEHEN.de über das bevorstehende digitale TV-Zeitalter gesprochen.

Jetzt sind es nur noch wenige Tage bis zur Abschaltung. Denken Sie, dass Handwerk, Handel und Verbraucher ausreichend informiert wurden?
 
Jörg-Peter Jost: In jedem Fall, denn die Vorbereitung dieses Projektes laufen schon seit über zwei Jahren und zwar im Schulterschluss aller Beteiligten. Neben dem Satellitenbetreiber Astra hat insbesondere Klardigital, eine Initiative der Landesmedienanstalten in Zusammenarbeit mit ARD, Mediengruppe RTL Deutschland, ProSiebenSat.1 Media AG, VPRT und ZDF, umfangreiche Aufklärung betrieben. Zuletzt haben die großen TV-Sendergruppen mit Laufschriften, Info-Trailern und redaktioneller Berichterstattung dafür gesorgt, dass sich niemand dem Thema entziehen konnte.
 
Bereits seit Herbst 2009 hat die Branchenorganisation Deutsche TV-Plattform mit einem Arbeitskreis unter meiner Leitung ihrerseits Aufklärung und Information für Handel, Handwerk und Verbraucher betrieben. So haben wir mehrere Broschüren und Merkblätter für den Umstieg der verschiedenen Zielgruppen veröffentlicht, darunter Privathaushalte, Eigentümergemeinschaften und gewerbliche Immobilien.

Und das genügt?
 
Jost: Sämtliche Informationen haben wir in unserem Webauftritt in einem Special gebündelt und zum Download angeboten. Auf der Einstiegsseite tickt schon seit über zwei Jahren unser Countdownzähler, um auf die verbleibende Zeit für den Umstieg aufmerksam zu machen. Auf diversen Auftritten bei Messen und Branchentreffen haben wir die Notwendigkeit für die Wohnungswirtschaft, Hotels und Krankenhäuser hervorgehoben, sich rechtzeitig auf die Umstellung vorzubereiten. 
 
In diesem Zusammenhang haben wir eine Studie in Auftrag gegeben, aus der hervor ging, dass kleinere Hotels und Pensionen mit der Umrüstung ins Hintertreffen zu geraten drohen. Mit diesen Ergebnissen haben wir die betroffene Branche konfrontiert, um sie zum Handeln zu bewegen. Übrigens ist auch der verbrauchfreundliche Analog-Digital-Check auf der Videotextseite 198 in der Deutschen TV-Plattform entstanden. 
 
Selbstverständlich waren auch Handel und Handwerk sehr aktiv und haben die Kunden auf die Umstellung von langer Hand hingewiesen. So kann sich wirklich niemand „herausreden“, er hätte nicht Bescheid gewusst! 
 
Die Abschaltung der analogen Satellitenverbreitung wurde stets als kleines Konjunkturprogramm bezeichnet. Haben Sie gesicherte Zahlen darüber, wie sich die Abschaltung im Handel bislang ausgewirkt hat?
 
Jost: Der Absatz von digitalen Receivern hat im letzten Jahr, insbesondere im Dezember, laut Angaben der GfK Retail & Technology massiv angezogen. Im ersten Quartal 2012 konnte noch einmal eine starke Steigerung beim Verkauf von Set-Top-Boxen und integrierten Fernsehgeräten verzeichnet werden. Aus dem allseits positiven Feedback der Branche schließe ich, dass die Bezeichnung „Konjunkturprogramm“ nicht ganz falsch ist. 

Sicherlich wird es einige Haushalte geben, die – aus welchen Gründen auch immer – am 1. Mai auf einen schwarzen Bildschirm schauen werden. Wie groß schätzen Sie deren Zahl ein?
Jost: Es stehen hier die unterschiedlichsten Zahlen im Raum, die letztendlich niemand absichern oder wiederlegen kann. Ich gehe davon aus, dass die zum Jahresende 2011 von TNS Infratest/Astra ermittelte Zahl von 1,8 Mio. analogen Satelliten-Haushalte im Endspurt auf eine Restgröße von unter einer halben Million Haushalten in Deutschland gesunken ist. Dies wird sich aus den Rückmeldungen an unseren Hotlines am 30.4. hochrechnen lassen. Ich traue mich aber zu prophezeien: Die Umstellung wird am 30. April ohne größere Probleme vonstatten gehen! 
Wie geht es für die AG Digitalisierung der Deutschen TV-Plattform nach dem 30. April weiter?
Jost: Mit Beendigung der analogen Satellitenverbreitung ist die zentrale Aufgabe der AG Digitalisierung abgeschlossen. Sicherlich werden wir die Beobachtungen und „Messwerte“ dieses Meilensteins in der Digitalisierung des Fernsehens noch auswerten und die notwendigen Rückschlüsse ziehen: Was haben wir richtig gemacht, und welche Dinge, sind in der künftigen Arbeit der Plattform in ähnlichen Projekten noch zu verbessern – die vollständige Digitalisierung im Breitbandkabel steht ja noch an… 
Klar ist, die Deutsche TV-Plattform wird sich auch weiter mit den Themen des digitalen Fernsehens befassen – in welcher konkreten Form ist noch zu beschließen. Lassen Sie sich überraschen!
Vielen Dank für das Gespräch.

[mh]

Das Interview gibt die Meinung des Interviewpartners wieder. Diese muss nicht der Meinung des Verlages entsprechen. Für die Aussagen des Interviewpartners wird keine Haftung übernommen.

Bildquelle:

  • Empfang_Satellit_Artikelbild: © twobee - Fotolia.com

248 Kommentare im Forum

  1. AW: Analogabschaltung: "Niemand kann sagen, er hätte nichts gewusst" Es wird immer jemanden geben, der davon nichts wusste.
  2. AW: Analogabschaltung: "Niemand kann sagen, er hätte nichts gewusst" ... ich find´s sowieso manchmal echt lustig. Analog & Digitalfernsehen über SAT haben nun mehr seit mehr als 15 Jahren im Simulcast gelaufen und trotzdem beschweren sich die Leute - wie kann man analog einfach mal so abschalten?!?!? Das kommt dann zumeist von Leuten, die auch heute noch mit Wählscheibentelefon usw. leben können...
Alle Kommentare 248 im Forum anzeigen

Kommentieren Sie den Artikel im Forum