London – „Dinner for One?“ Die freundliche Dame in der BBC- Programmredaktion ist ratlos. „Vielleicht suchen Sie mal in einem Restaurantführer.“ Eine Fernsehsendung? Nie gehört. Auch der Wirt im Londoner Pub „Red Lion“ kann nicht helfen.
„The same procedure as last year?“ Mag ja sein, dass in Deutschland so gut wie jeder diesen englischen Satz anwenden kann, aber ihm sage er nichts besonderes. Wo einst die Wiege des inzwischen populärsten TV-Sketches aller Zeiten stand, kennt das Varieté-Stück scheinbar niemand mehr.
Erstaunen löst im Gemeindeamt des Nordsee-Hafenstädtchens Grimsby die Frage nach Butler James alias Freddie Frinton aus, der dort geboren wurde. „Den Schauspieler kennt jeder in Deutschland? Aber der ist doch schon so lange tot – und gab es denn bei Euch im Fernsehen auch „Meet The Wife“?“ Dank dieser 40-teiligen Serie, in der Frinton einen trottligen Klempner spielte, können sich einige Briten noch an ihn erinnern. Wohl auch, weil John Lennon die Serie in dem Song „Good Morning, Good Morning“ verewigt hat.
Doch als volltrunkener Butler, der die Alkohol-Rationen von Miss Sophies nicht mehr auf Erden weilenden Freunden Sir Toby, Admiral von Schneider, Mr. Pommeroy und Mr. Winterbottom vertilgen muss, ist der 1968 gestorbene Schauspieler in Großbritannien heute so gut wie unbekannt. Das gilt erst recht für Miss-Sophie-Darstellerin May Warden, die 1978 starb.
Dabei wurde „Dinner for One“ bereits 1988 offiziell in das Guinness-Buch der Rekorde aufgenommen – als die weltweit am häufigsten wiederholte Fernsehsendung. Nur dass sie zwar in Deutschland, Österreich, der Schweiz, in Norwegen, Schweden, Dänemark, ja selbst in Südafrika und Australien zum alljährlichen TV- Kult-Ereignis wurde, jedoch in Großbritannien nicht zu sehen war. Dabei sei dies nun wirklich typischer britischer Humor, fand die Londoner Zeitung „The Daily Telegraph“, die sich den TV-Sketch im vergangenen Jahr angeschaut und ebenso dringend wie vergeblich zur Sendung auch im britischen Königreich empfohlen hatte. Ein Sketch, der mit Sätzen wie „Same procedure as every year.“ zum Bestandteil des Sprachwissens von Millionen Deutschen wurde, verdient nach Ansicht des Blattes die wohlwollende Beachtung der Briten.
Seine Popularität außerhalb der Insel verdankt der Sketch, den der britische Autor Lauri Wylie in den zwanziger Jahren schrieb, vor allem seiner Wiederentdeckung durch den Moderator Peter Frankenfeld und Regisseur Heinz Dunkhase vom Norddeutschen Rundfunk (NDR). Sie holten Frinton und May, die mit dem Sketch Jahre zuvor auf Londoner Bühnen und inzwischen im Seebad Blackpool erfolgreich auftraten, in die Live-Sendung „Guten Abend, Peter Frankenfeld“. Am 8. Juli 1963 wurde die Lachnummer dabei vom NDR aufgezeichnet.
Inzwischen gibt es vorsichtige Anzeichen dafür, dass „Dinner for One“ im Herkunftsland neu entdeckt werden und dass May und Frinton, der übrigens im wirklichen Leben nie Alkohol angerührt hat, damit zu Hause späten Ruhm erlangen könnten. Im Sommer 2006 habe immerhin bereits eine Amateur-Varietétruppe in der Hafenstadt Portsmouth den Sketch inszeniert, berichtete der „Daily Telegraph“. Und das Publikum sei von der ur-britischen Klamotte begeistert gewesen. Inzwischen wird das Stück auch im Internet von Briten angesehen. Nun muss nur noch ein TV-Sender der Insel nachziehen.
Im deutschen Fernsehen senden viele dritte Programme den Sketch am Silvestertag, das NDR Fernsehen gleich drei Mal (16.05, 17.55 und 19.40 Uhr).
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