TV-Tipp: ZDF beleuchtet Siemens-Korruptionsskandal

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Bild: Destina - Fotolia.com
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Mainz – Es ist der größte Korruptionsskandal der deutschen Wirtschaftsgeschichte: 1,3 Milliarden Euro sind bei Siemens in Schwarze Kassen geflossen.

Der einstige Vorzeigekonzern verfügte über ein ausgeklügeltes Schmiergeldsystem, um im Ausland Aufträge zu ergattern. Siemens-Manager fuhren mit Koffern voller Bargeld ins Ausland oder schleusten Millionenbeträge über Tarnfirmen und Scheinkonten um die ganze Welt.

Reinhard Siekaczek hat dieses System mit Wissen seiner Vorgesetzten aufgebaut. Der mittlerweile verurteilte Manager berichtet in seinem ersten und bisher einzigen Fernsehinterview, wie das Korruptionssystem funktionierte: „Bei Siemens war es flächendeckend in fast allen Bereichen üblich, Schmiergeld zu bezahlen.“ Das sei im Konzern bekannt gewesen – auch im Vorstand. „Die Zentralvorstände kamen fast alle aus dem eigenen Haus und waren in ihrer Karriere mit dem Thema beschäftigt“, sagt Siekaczek.
 
Besonders hohe Wellen schlägt der Fall Siemens in Griechenland. In Athen hat der Konzern Politiker und Parteien bestochen, um bei lukrativen Geschäften zum Zuge zu kommen – zum Beispiel beim griechischen Telefonkonzern OTE. Ein ehemaliger hochrangiger OTE-Manager schildert in der Dokumentation, wie Siemens bestochen hat, um Aufträge zu völlig überhöhten Preisen abrechnen zu können. Als der Insider das System aufdecken wollte, wurde er gefeuert.
 
Das Geld aus den Schwarzen Kassen hat Siemens auch im eigenen Konzern eingesetzt. 50 Millionen Euro sollen an die Betriebsräteorganisation AUB geflossen sein. Mit der heimlichen Finanzierung wollte der Konzern ein arbeitgeberfreundliches Gegengewicht zur IG Metall schaffen. Um unbequeme Gewerkschafter unter Druck zu setzten, nutzte Siemens auch andere Methoden: Der Konzern ließ 2003 die beiden führenden Betriebsräte der Telefon-Sparte überwachen. Erstmals äußert sich der von Siemens beauftragte Detektiv vor der Kamera.
 
Um die Korruptionsaffäre aufzuklären, durchkämmen derzeit hunderte Siemens-Anwälte die Geschäfte des Konzerns. Die internen Ermittler kosten eine Million Dollar pro Tag und kommen aus New York. Denn in den USA droht Siemens die größte Gefahr, sagt Peter Eigen, Gründer der Anti-Korruptionsorganisation Transparency International. „Die US-Börsenaufsicht SEC kann Siemens auf eine Schwarze Liste setzten und so von öffentlichen Aufträgen ausschließen.“
 
Das wäre verheerend für den Konzern, der einen Großteil seiner Geschäfte in den USA macht. Dann stünden auch Arbeitsplätze in Deutschland auf dem Spiel. Der US-amerikanische Korruptionsexperte Michael Hershman fürchtet, dass Siemens zudem Milliardenstrafen zahlen muss. Im schlimmsten Falle drohe dem Traditionskonzern dann die Zerschlagung.
 
Die Siemens-Führung unter dem neuen Vorstandschef Peter Löscher versucht die Firma nun aus dem Korruptionssumpf zu ziehen – durch radikale Anti-Korruptionsmaßnahmen und Schadenersatzforderungen an frühere Top-Manager wie Heinrich von Pierer. Der Fall Siemens hat Auswirkungen auf die gesamte deutsche Wirtschaft. Viele Konzerne rüsten sich gegen Korruption. Doch wie nachhaltig sind diese Bemühungen? Können Unternehmen, die ohne Bestechung arbeiten, in korrupten Regionen der Welt überhaupt noch Geschäfte machen?
 
Das ZDF zeigt „Der Fall Siemens: Der Konzern und die Korruption“, einen Dokumentarfilm von Michael Haselrieder und Karl Hinterleitner, am Mittwoch (1. Oktober) um 0.35 Uhr. [cg]

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