Filmfestival: Wer gewinnt in Locarno den Goldenen Leoparden?

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Bild: © Romolo Tavani - Fotolia.com
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Am Samstag endet das 64. Internationale Filmfestival von Locarno. Die Bilanz fällt gut aus: Die Zuschauer kommen selbst bei Regen, und die Qualität des Angebots überzeugt. Beiträge mit deutscher Beteiligung haben Außenseiterchancen auf den Goldenen Leoparden.

Wenn am Samstag mit der Verleihung der Goldenen Leoparden das 64. Internationale Filmfestival von Locarno zu Ende geht, kann Olivier Père zufrieden sein: Dem künstlerischen Direktor ist es gelungen, das Filmfest am Lago Maggiore weiter aufzuwerten. Mit einem hochwertigen Angebot ist er dem Ziel  näher gekommen, Locarno aus der Außenseiterrolle zu holen und als gleichberechtigt neben den drei wichtigsten europäischen Filmfestivals in Berlin, Cannes und Venedig zu etablieren.
 
Eine Vielzahl an Favoriten spricht für die Qualität des „Concorso Internazionale“, des Hauptwettbewerbs, in dem 20 Filme um den Goldenen Leoparden konkurrieren. Die drei mit deutscher Beteiligung gedrehten Wettbewerbsbeiträge haben Chancen als Außenseiter: „Un Amour du Jeunesse“ („Eine Jugendliebe“) wegen der Poesie und wegen Hauptdarsteller Sebastian Urzendowsky, die Lovestory „The Loneliest Planet“ wegen des Mutes zu verstörenden, archaischen Bildern, und „Tanathur (Last Days in Jerusalem)“ für den ungeschminkten Blick auf das Leben von Palästinensern in Israel.

Père, im zweiten Jahr Chef des Festivals im Touristenzentrum am Schweizer Ufer des Lago Maggiore, löste sein Versprechen ein, „ebenso faszinierende wie reizvolle Facetten des Filmschaffens dieser Welt, einer vielgestaltigen Kreativität und lebendigen Geschichte des Kinos aufzuzeigen“. Und anders als bei manch anderem Filmfestival kamen die angekündigten Stars wirklich – Claudia Cardinale, Leslie Caron, Isabelle Huppert, Gérard Depardieu, Harrison Ford und Daniel Craig sorgten für Glamour.
 
Setzt die Jury mit dem portugiesischen Produzenten Paulo Branco an der Spitze vor allem auf Sozialkritik, könnte das japanisch-portugiesisch-thailändische Jugenddrama „Saudade“ das Rennen um den Goldenen Leoparden machen. Auch das israelische Gesellschaftsdrama „Hashoter (The Policeman)“ oder die Schweizer Dokumentation „Vol spécial“ („Spezialflug“) über die Angst von illegalen Auswanderern vor der Zwangsausweisung haben dann Chancen.
 
Wenn die Jury, in der auch die deutsche Schauspielerin Sandra Hüller mitarbeitet, den Mut zu großen Gefühlen honorieren möchte, gehören „Terri“ und „Another Earth“ (beide USA) sowie „Din dragoste cu cele mai bune intentii“ („Beste Absichten“) aus Rumänien/Ungarn zu den Favoriten. Das sind Filme, die anhand von bewegenden Einzelschicksalen den fragilen Zustand der bürgerlichen Gesellschaft spiegeln.
 
Es ist aber ebenso denkbar, dass die Jury ungewöhnliche künstlerische Mittel honoriert. Dann gelten der Animationsfilm „Crulic“ (Rumänien/Polen) und der Spielfilm „El año del tigre“ (Das Jahr des Tigers) aus Chile als aussichtsreiche Kandidaten. Beide Filme beleuchten sehr kritisch das Leid von Gefängnisinsassen in Industriestaaten. Die Auswahl ist also groß und die Spannung vor der Abschlussgala entsprechend.
 
Auch für den begehrten Publikumspreis gibt es viele Anwärter. Ihn bekommt ein Film, der außerhalb des Wettbewerbs auf der Piazza Grande zu sehen war. Hier liegen einige der Filme, die mit deutschem Geld realisiert wurden, gut im Rennen: das Märchen „Le Havre“ (Finnland/Frankreich/Deutschland), das Endzeitdrama „Hell“, eine Ko-Produktion Deutschland-Schweiz, und „4 Tage im Mai“, das Anti-Kriegs-Drama, das als deutsch-russisch-ukrainische Gemeinschaftsproduktion realisiert wurde.
 
Gut denkbar aber auch, dass sich das Publikum für puren Spaß und damit für den Science-Fiction-Western „Cowboys & Aliens“ entscheidet. Genau diese Vielfalt der Möglichkeiten spricht für die gute Qualität des diesjährigen Festivals von Locarno. [Peter Claus]

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