Südafrika als neues Hollywood? Filmbranche boomt

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Bild: © Romolo Tavani - Fotolia.com
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Erst war Südafrika ein Geheimtipp der internationalen Werbebranche. Dann entdeckten Filmemacher das Land als attraktiven Drehort. Deutsche Produzenten kommen besonders gerne. Auch die einheimische Filmindustrie blüht. Südafrika träumt von noch mehr Bedeutung.

Die Filmwelt schätzt Südafrika schon seit vielen Jahren. Unzählige deutsche Fernsehfilme wurde am Kap gedreht. Die wachsende Bedeutung des Drehorts Südafrika unterstreicht auch das jüngste Filmprojekt des ZDF: „Die Löwin“ wird in diesen Wochen nahe Johannesburg gedreht, das Drama einer jungen Ärztin, die nach langen Jahren in Deutschland wieder in ihre Heimat Südafrika zurückkehrt. 
 
Doch nicht nur wegen der Handlung wollte Produzent Oliver Berben den Film tatsächlich machen: „In Südafrika hat sich eine irrsinnig gute Filminfrastruktur entwickelt, nicht nur in technischer, sondern auch in kreativer Hinsicht. Ob Kameraleute oder Kostümbildner, alle arbeiten hier auf höchstem Niveau“, schwärmt er.Kapstadt als Zentrum der florierenden Filmbranche

 
Als das neue Filmzentrum des südlichen Afrikas kristallisiert sich vor allem Kapstadt heraus. Weiße Strände, spektakuläre Landschaften und Gebirgsmassive wie der Tafelberg sowie eine facettenreiche, ungemein quirlige Stadt bieten attraktive Kulissen. Früher galt die „Mutterstadt“ als internationaler Geheimtipp vor allem der Werbe- und Modebranche. Längst fühlen sich auch die Filmemacher aus aller Welt hier zu Hause.
 
Sie finden seit knapp einem Jahr in den neuen Cape Town Film Studios einen hochmodernen Studiokomplex, der sich mit amerikanischen und europäischen Standorten messen kann. Das Unternehmen spricht vom „modernsten Produktionszentrum des Kontinents“. Auch der britische Schauspieler Stephen Fry zeigt sich während des Drehs zu seinem neuen Film „The Borrowers“ begeistert. „Ich bin von den nagelneuen Cape Town Studios tief beeindruckt“, twitterte Fry im Juli seinen Fans.
 
Südafrika funktioniert als Magnet der Filmbranche natürlich auch wegen der vergleichsweise geringen Produktionskosten und manchen staatlichen Subventionen. Davon profitieren auch die knapp 90 Produktionsfirmen in Kapstadt und Umgebung. „Die staatlichen Unterstützungen sind fantastisch, vor allem während der Wirtschaftskrise konnten wir damit noch mehr Produktionen anlocken“, betonte die Produktionschefin von „Film Afrika“, Vlokkie Gordon.„Nollywood“: Nigeria als Traumfabrik des Kontinents

 
Subventionen verbilligen ausländischen Filmemachern die Produktionskosten ohne dass die Qualität schlechter wäre als in Europa oder den USA. In Südafrika sei es möglich, einen Film für weniger als 50 Millionen US-Dollar zu produzieren, der aber trotzdem „nach 100 Millionen US-Dollar aussieht“, sagte der britische Produzent Andrew MacDonald dem US-Magazin „Time“.
Afrikas eigentliche Traumfabrik befindet sich zwar in Nigeria, das sich inzwischen den Namen „Nollywood“ verdient hat. In dem westafrikanischen Staat aber werden vor allem Billigfilme für den einheimischen Markt gedreht, die vor allem auf VHS oder DVD vertrieben werden. Denn in Afrika gibt es wenig Kinos, und für viele sind Eintrittskarten auch kaum bezahlbar. Nigerianische Filmemacher produzieren am Fließband: 2009 machten sie einer Unesco-Studie zufolge etwa doppelt so viele Filme wie die Filmbranche der USA. Weltweit entstehen nur noch im indischen „Bollywood“ noch mehr Filme.
Südafrikas Filmwelt hat nicht den Kontinent, sondern die Märkte der reichen Staaten im Visier – im besten Fall als Konkurrenz zu Hollywood. Die Ergebnisse können sich sehen lassen. In Südafrika produzierte Filme wie „Blood Diamond“, „Invictus“ oder „District 9“ wurden alle für den Oscar nominiert.

Bürokratie als Hemmschuh für südafrikanische Filmproduktionen

 
Südafrikas Filmindustrie boomt: Seit 2004 hat sich der Umsatz der Branche nach eigenen Angaben auf mehr als 550 Millionen Euro im Jahr 2009 verdoppelt. Für 2010 liegen die endgültigen Zahlen noch nicht vor, aber es werde mit einem weiteren Zuwachs gerechnet, so die Gauteng Film-Kommission.
Auch in Südafrika gibt es für Filmemacher Schattenseiten. Manche Produzenten beklagen eine undurchsichtige, zähe Bürokratie. Oft verzögerten sich Drehgenehmigungen oder die Zusicherung staatlicher Zuschüsse. „Letztendlich sind mit den staatlichen Unterstützungen auch Kosten verbunden. Denn die staatliche Bürokratie verträgt sich nicht immer mit der Kreativität und Spontanität der Filmindustrie“, schrieb der südafrikanische Filmexperte Kevin Kriedemann im Online-Medienmagazin „Balancing Act“. Südafrika steht international durchaus in der Konkurrenz mit anderen aufstrebenden Filmländern wie Argentinien, Brasilien oder Thailand. Auch diese Länder locken mit niedrigen Kosten und staatlichen Subventionen.
Südafrikanische Filmemacher glauben, gut für die Zukunft gewappnet zu sein. Die Branche habe mit den vielen internationalen Produktionen der letzten Jahre viele Erfahrungen sammeln können, die nun auch für rein südafrikanische Produktionen genutzt werden sollen. „In der ganzen Filmbranche herrscht nun ein großer Wille, der Welt und uns selbst zu zeigen, dass wir mit den ganz Großen mithalten können“, betonte Filmdozent Jared Borkum (Cape Peninsula University of Technology Kapstadt). 
Einmal konnte Südafrika schon einen Oscar erringen. 2006 gewann „Tsotsi“, ein Film über einen Jugendlichen in einem Ghetto in Johannesburg, die begehrte Hollywood-Auszeichnung als den besten ausländischen Film. Borkum ist sich sicher, dass das nicht der letzte Academy Award für einen südafrikanischen Film sein wird.

[Mario Maurer/ar]

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