BBC steht nach schweren Fehlern vor grundsätzlicher Reform

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Bild: © Phongphan Supphakank - Fotolia.com
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Die britische BBC berichtet über Krisen in aller Welt – zurzeit auch über ihre eigene. In einer Affäre um den Umgang mit Missbrauchsfällen musste Generaldirektor George Entwistle nach nur zwei Monaten im Amt seinen Hut nehmen.

Die britische BBC ist wegen schwerer Fehler im Umgang mit der Berichterstattung über Kindesmissbrauch in eine der größten Krisen ihrer Geschichte gestürzt. Generaldirektor George Entwistle trat am Samstag nach nur zwei Monaten im Amt zurück.
 
Er übernahm damit die journalistische Verantwortung für einen Film in der Sendung „Newsnight“, der den früheren Schatzmeister der britischen Konservativen, Alistair McAlpine, fälschlicherweise als Kinderschänder darstellte. Das war ein schwerer Recherchefehler. „Der Film hätte nie ausgestrahlt werden dürfen“, sagte Entwistle.

Zuvor war bekannt geworden, dass die BBC 2011 eine Sendung mit Vorwürfen gegen ihren eigenen Musikmoderator Jimmy Savile unter den Teppich gekehrt hatte. Erst der Konkurrenzsender ITV strahlte die Vorwürfe gegen den im vergangenen Jahr im Alter von 84 Jahren gestorbenen Savile vor wenigen Wochen aus.
 
„Es waren zwei Fehler innerhalb sehr kurzer Zeit“, sagte die britische Medienexpertin Claire Enders der Nachrichtenagentur dpa in London. „Man hat das Gefühl eines systematischen Versagens“, sagte sie. „Die BBC muss sehr ernste Fragen beantworten.“
 
Der Vorsitzende des BBC-Rundfunkrates, Chris Patten, verlangte am Sonntag grundlegende Reformen. „Es bedarf einer sorgfältigen, radikalen, strukturellen Überarbeitung“, sagte Patten, Präsident des BBC Trust. Ein neuer Generaldirektor werde in den nächsten Wochen bestimmt, sagte Patten. In der britischen Politik und der Medienwelt wurden Rufe nach einem Kandidaten von außen laut. Kommissarisch hat Hörfunk-Chef Tim Davie auf dem BBC-Chefsessel Platz genommen.
 
Patten und Davie wollten noch am Sonntag darüber diskutieren, ob die Sendung „Newsnight“ – seit mehr als 30 Jahren eines der wichtigsten Politikmagazine der BBC, nach den beiden schweren Fehlern weiter ausgestrahlt werden soll. Patten räumte ein, auch seine eigene Position als Vorsitzender des Rundfunkrates stehe unter Beobachtung. Er sehe es jedoch als seine Aufgabe an, das Vertrauen in die Sendeanstalt zurückzugewinnen.
 
Kritik wurde am Sonntag an den Führungsstrukturen laut. Der Generaldirektor einer großen Anstalt wie der BBC dürfe nicht länger journalistisch verantwortlich für die Nachrichtenprogramme sein.
 
Die BBC hat mit zehn Fernsehsendern und der weitaus größten Reichweite bei Nachrichten- und Informationsprogrammen eine beherrschende Stellung auf dem Fernsehsektor in Großbritannien. „Für die Menschen von diesem Land ist diese Thema von immenser Wichtigkeit“, sagte Medienexpertin Enders. „Es handelt sich um die größte Kultur-Organisation Großbritanniens.“ Die Zahlen zeigten, dass die Zuschauer dem Sender bisher nicht den Rücken gekehrt hätten. [dpa]

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14 Kommentare im Forum

  1. AW: BBC steht nach schweren Fehlern vor grundsätzlicher Reform Nun sind auch Helen Boaden und Stephen Mitchell gegangen. Naja, lassen ihre Aemter ruhen...
  2. AW: BBC steht nach schweren Fehlern vor grundsätzlicher Reform Wo das noch hinführt? Man reibt sich verwundert die Augen...
  3. AW: BBC steht nach schweren Fehlern vor grundsätzlicher Reform Irgendwie ist man zur Zeit in einem Strudel der Hysterie gefangen. Wobei ich den Ruecktritt von Entwistle fuer richtig halte. Das haette schon viel frueher passieren muessen... nach dem Auftritt vor'm Culture and Select Committee
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