Blindenverband: „ORF ist noch lange nicht barrierefrei“

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Bild: © Phongphan Supphakank - Fotolia.com
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Wien – Kritik am ORF gab es heute bei einer Diskussion zum Thema „Barrierefreier Film?“ in der UCI-Kinowelt in der Millennium-City in Wien.

Bei der Diskussion ging es darum, ob der öffentlich-rechtliche Rundfunk seinem gesetzlichen Programmauftrag nachkommt und ausreichend Programme für die mehr als eine halbe Million dauerhaft seh- bzw. hörgeschädigten Österreicher anbietet, berichtet der Österreichische Blinden- und Sehbehindertenverband (ÖBSV).

„Nach meinem Dafürhalten wird diesen Aufträgen nach dem ORF-Gesetz – auch im Vergleich zu anderen Ländern Europas – viel zu wenig entsprochen“, analysierte laut ÖBSV Dr. Alfred Grinschgl, Geschäftsführer für den Fachbereich Rundfunk der Rundfunk und Telekom Regulierungs-GmbH (RTR) bzw. des Fernsehfonds Austria.
 
In dieselbe Kerbe stieß dem Verband zufolge Behindertenanwalt Herbert Haupt: „Der ORF als öffentlich-rechtlicher Sender kommt noch immer nicht seinem gesetzlichen Auftrag nach. Das Angebot von barrierefreien Filmen und Fernsehsendungen ist nach wie vor zu gering.“
 
Kritik gab es demnach auch von den Vertretern der seh- bzw. hörgeschädigten Menschen.Gerhard Höllerer, Präsident des Österreichischen Blinden- und Sehbehindertenverbandes (ÖBSV), schlug vor, nur noch jene Filme zu fördern, die mit Audiodeskription (zwischen den Dialogen werden stumme Szenen eines Filmes auf einem eigenen Tonkanal für sehbeeinträchtigte Konsumenten kommentiert) versehen sind.
 
Höllerer forderte dem Blinden- und Sehbehindertenverband zufolge eine Befreiung der blinden- und sehbehinderten Menschen von der Rundfunkgebühr: „Wo keine Leistung, da kein Geld!“ Lukas Huber, Vorstandsmitglied des Österreichischen Gehörlosenbundes (ÖGLB), bemängelte die geringe Untertitelung des ORF-Angebotes: „Obwohl gehörlose Menschen in Österreich sehr wohl Rundfunkgebühren bezahlen müssen, bleibt ihnen der Großteil des Fernsehprogrammes vorenthalten.“
 
Peter Schöber, Social Broadcasting-Beauftragter des ORF, verteidigte laut ÖBSV die Bemühungen des öffentlich-rechtlichen Rundfunks, vermehrt Angebote für seh- und hörgeschädigte Kunden anzubieten: „Wir haben uns verpflichtet, im Laufe der nächsten Jahre eine Untertitelungsquote von 50 Prozent zu erreichen.“ Auch das Angebot von TV-Spielfilmen und Serien, die mit Audiodeskription versehen sind, soll in Zusammenarbeit mit anderen deutschsprachigen Sendern ausgeweitet werden. Schöber kritisierte die Mitbewerber des ORF: „Das barrierefreie Angebot von privatem Rundfunk und Medienplattformen ist für Menschen mit Behinderung praktisch inexistent.“
 
RTR-Geschäftsführer Grinschgl hakte hier ein, möchte künftig für Produzenten einen Anreiz geben und griff eine Forderung des Österreichischen Blinden- und Sehbehindertenverbandes auf: „Für den Fernsehfonds Austria planen wir im Rahmen unserer Richtlinien auch vorzusehen, dass z.B. Filme, die Übersetzungshilfen wie Audiodeskription für Sehbehinderte oder Untertitelung für hörbeeinträchtigte Menschen aufweisen, eine höhere Fernsehfilm-Förderung bekommen können als Fernsehfilme, die diese Aspekte nicht aufweisen.“
 
Dem ersten barrierefreien Kinofilm „Echte Wiener – Die Sackbauer-Saga“, der heute um 14 Uhr in der UCI-Kinowelt/Millennium-City aufgeführt wird, möchte Produzent Robert Winkler von der Bonusfilm GmbH noch weitere Projekte folgen lassen – bis hin zu einem Archiv an Filmen für hör- und sehbehinderte Menschen. [ar]

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  • Medien_Maerkte_Artikelbild: © Phongphan Supphakank - Fotolia.com

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