Ende der Roaminggebühren: Die wichtigsten Fragen und Antworten

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Bild: © Phongphan Supphakank - Fotolia.com
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Wo gilt die neue Regelung der Roaminggebühren? Gibt es versteckte Kosten? Kann ich jetzt einfach einen ausländischen Billigtarif in Deutschland nutzen? Diese und viele weitere Fragen, beantwortet Rechtsanwalt Christian Solmecke.

Am 15. Juni fallen die Roaminggebühren weg. Die Medienrechtskanzlei „Wilde Beuger Solmecke“ hat zum Thema ein ausführliches Interview zu den wichtigsten Verbraucherfragen mit Rechtsanwalt Christian Solmecke geführt. Hier eine Kurzfassung.

Wo gilt die neue Regelung – und wo nicht?
Neben den 28 EU-Ländern nehmen auch Island, Liechtenstein und Norwegen an den neuen Regeln teil. Offen ist, wie es in Großbritannien nach dem Brexit aussehen wird.
Damit gilt die Regelung nicht für die Schweiz, Andorra, San Marino und Monaco. Wer durch diese Länder reist, sollte sein Handy besser auf Flugmodus stellen oder ausschalten.
Bei Reisen per Schiff oder Flugzeug in der EU gilt die neue Regel nur am (Flug-)hafen. Auf offener See oder in der Luft wählt sich das Handy in das Satellitensystem ein. Dann gilt das Roaming zu Inlandspreisen nicht mehr. Es kann also sehr teuer werden, denn es gelten keine Preisobergrenzen.
 
Für welche Telefonate gilt die Flatrate?
„Roam-like-at-home“ ist für Mobilfunknutzer gedacht, die gelegentlich in ein anderes Land reisen als das, in dem sie ihren Lebensmittelpunkt (Arbeit, Studium usw.) haben.
Die Roaming-Regelung gilt damit explizit nicht für Anrufe, die vom Heimatland aus ins Ausland getätigt werden. Die Preise für solche Anrufe sind weiterhin nicht reguliert und können recht hoch sein.
 
Muss der Kunde etwas tun, um in den neuen Tarif zu kommen?
Grundsätzlich muss man nichts weiter unternehmen, um in den Genuss der neuen Regelung zu kommen. Sie gilt automatisch für alle Tarife, seien es Prepaid- oder Vertragstarife.
Eine Ausnahme bilden aber bislang noch bestehende alte EU-Roaming-Flatrates, für die Kunden noch extra bezahlen. Hier müssen die Mobilfunkanbieter die Kunden nur über die Möglichkeit, in den neuen Tarif zu wechseln, informieren. Kunden müssen dann selbst entscheiden, was sie tun wollen.
 
Wer zahlt denn jetzt die Roaminggebühren?
Die europäischen Anbieter können sich für die Auslandsnutzung ihrer Kunden gegenseitig die Kosten in Rechnung stellen, die tatsächlich entstehen. Die Anbieter bleiben damit auf den Mehrausgaben sitzen.
Allerdings etabliert die EU dafür nun Obergrenzen. Diese dienen dazu, die Kosten für die Anbieter zu deckeln. Sie liegen derzeit bei 3,2 Cent pro Minute für Anrufe und ein Cent für SMS. Für Datenvolumen sinken die Obergrenzen ab dem 15. Juni zunächst auf 7,70 Euro pro Gigabyte. Ab dem 1. Januar 2022 sollen sie auf 2,50 Euro pro Gigabyte festgeschrieben werden. Die EU-Kommission soll die Obergrenzen alle zwei Jahre kontrollieren und gegebenenfalls anpassen.
Eine Ausnahme sieht die EU-Verordnung allerdings vor, wenn die Anbieter die Kosten für Roaming nicht decken können und ihr inländisches Entgeltmodell bedroht ist. Dann kann die nationale Regulierungsbehörde – also hier die Bundesnetzagentur – dem Anbieter auf Antrag gestatten, ausnahmsweise zur Kostendeckung entsprechende Roamingaufschläge zunächst über einen Zeitraum von 12 Monaten zu erheben. Pauschale Preiserhöhungen erlaubt diese Ausnahme aber auch nicht.
 
Gibt es versteckte Kosten?
Nutzer, die sogenannte Community-Flatrates, also netzinterne Tarife nutzen (wie beispielsweise bei Aldi, Rossmann oder auch O2/Base häufig üblich), müssen evtl. mehr zahlen. Hier können alle Roamingminuten wie ein Telefonat in ein anderes Netz abgerechnet werden – auch, wenn man beim selben nationalen Betreiber ist. Gesprächsminuten werden dann deutlich teurer abgerechnet.
 
Was hat es mit den neuen National-Tarifen auf sich?
Manche Anbieter sind inzwischen auch dazu übergegangen, reine National-Tarife anzubieten. Damit lässt sich die SIM- Karte nur innerhalb Deutschlands nutzen. Solche Tarife sind günstiger als EU-weite. Das ist nach der EU-Verordnung auch zulässig. Dann muss die SIM-Karte automatisch bei Grenzübertritt deaktiviert sein. Die Nutzung von kostenfreien WLAN-Netzen im Hotel oder auf Flughäfen bleibt aber möglich.
 
Gibt es eine Obergrenze für Datenvolumen im Ausland?
Für Telefon und SMS kann der Anbieter keine Obergrenzen festlegen. Anders bei der Internet-Nutzung. Mobilfunkanbieter können hier die Datennutzung im europäischen Ausland nach der sog. Fair-use-Regelung begrenzen. Dafür gibt es genaue Regelungen und festgelegte Datenobergrenzen. Diese variieren zum einen danach, ob der Kunde eine Prepaid-Karte, einen Vertrag mit unbegrenztem oder einen Vertrag mit begrenztem Datenvolumen nutzt. Weiterhin ist der Preis pro Gigabyte für die Berechnung relevant. Wer ein Paket mit unbegrenztem Volumen gebucht hat, hat z.B. einen Anspruch auf eine höhere Datenmenge. Hier sollte man dringend beim eigenen Anbieter erfragen, was konkret für einen selbst gilt. Überschreitet man dann die Datenmenge im Ausland, muss man doch extra zahlen.
 
Kann ich jetzt einfach einen ausländischen Billigtarif in Deutschland nutzen?
Die Idee klingt gut: Einfach zu einem ausländischen Mobilanbieter wechseln und den günstigen Tarif im Heimatland nutzen. So leicht ist es nach den neuen Regelungen dann doch nicht. Um einem Missbrauch entgegenzuwirken, wurde eine sogenannte Fair-Use-Regelung eingeführt. Die Fair-Use-Regelung beschränkt die Handynutzung im EU-Ausland auf vier Monate im Jahr. Einen ausländischen Billiganbieter in Deutschland zu nutzen, funktioniert somit maximal vier Monate. Ständiges Roaming ist daher nicht möglich.
 
Was ist mit Personen, die an einer Grenze wohnen?
Sollten Wohnsitz und die Arbeitsstelle in unterschiedlichen EU-Ländern liegen, so kann man sich für einen Mobilfunkbetreiber aus einem der beiden Länder entscheiden. Roaming zu Inlandspreisen ist dann mit einer SIM-Karte aus dem Wohnsitzland oder aus dem Land, in dem man arbeitet, möglich. Die Fair-Use-Regelung beim Roaming zu Inlandspreisen gilt dabei, solange man sich mindestens einmal täglich in das Netz des „heimischen“ Anbieters einwählt.
 
Was kann ich tun, wenn sich die Anbieter nicht an die Regelungen halten?
Wenn Kunden der Überzeugung sind, dass der Mobilfunkanbieter die Kundenrechte in Bezug auf Roaming zu Inlandspreisen missachtet und ihnen in der EU Kosten für Roamingdienste berechnet hat, können ihn Kunden zur Rede stellen und diese zusätzlichen Gebühren im Zuge des eines Beschwerdeverfahrens anfechten, denn für Streitfälle sind Mobilfunkanbieter verpflichtet, die Möglichkeit eines Beschwerdeverfahren einzurichten und vorzuhalten.
 
Falls dies nicht zu einem befriedigenden Ergebnis führt, können deutsche Kunden die Bundesnetzagentur kontaktieren, die für die Regelung des Falles sorgen wird. [tk]

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2 Kommentare im Forum

  1. Die deutschen Anbieter haben sich bei der Roamingregulierung leider nicht gerade mit Ruhm bekleckert. Bei dem meisten Anbietern sind wirklich nur die "Pflichtländer" inklusive, da muss man schon froh sein wenn bei der Telekom wenigstens die Schweiz dabei ist. Anbieter aus anderen Ländern sind da schob grosszügiger, da ist nicht nur die Schweiz, sondern oft auch Bosnien-Herzegowina und Türkei inklusive.
  2. Immer auch das kleingedruckte lesen: Kostenfallen im EU-Ausland: Roaming-Gebühren wurden abgeschafft, ein Wermutstropfen bleibt aber.
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