Harner: „MHP-Markt wird durch Lizenzforderungen geschädigt“

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Bild: © Phongphan Supphakank - Fotolia.com
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Karl Harner, Leiter für Geschäftsentwicklung und Verkauf der Alticast GmbH, ist einer der anerkannten Experten für interaktive Dienste wie MHP.

Harner sprach im DIGITAL FERNSEHEN-Interview über das Problem der Lizenzgebühren für die weitere Entwicklung des MHP-Standards und erklärte, warum MHP keine tote Technologie ist.

DF: Herr Harner: Inwiefern ist es berechtigt, für MHP Lizenzgebühren zu verlangen? Ist dies nicht ein Wettbewerbsnachteil?
 
Karl Harner: Offensichtlich gibt es Unternehmen, die im Rahmen der MHP Spezifizierung im DVB Ihre eigenen Technologien in den Standard eingebracht haben. Für diese Technologien verlangen verschiedene Firmen jetzt Lizenzgebühren. Obwohl der DVB bereits im Jahr 2000 alle Firmen, die an der MHP Spezifikation mit gearbeitet haben, aufgefordert hat, eventuelle Patente anzuzeigen, ist dies erst jetzt erfolgt.
 
Dementsprechend vehement waren die Reaktionen aller betroffenen Marktteilnehmer auf die Forderungen von ViaLicencing. Da der MHP-Markt sich gerade erst entwickelt, wird er durch diese Forderungen zum jetzigen Zeitpunkt geschädigt. Andererseits gewinnt MHP in Europa immer mehr an Bedeutung und das weckt natürlich auch Begehrlichkeiten. Alle Beteiligten befinden sich deshalb in Gesprächen, um die bestmögliche Lösung für alle Seiten zu finden.
 
DF: Welche Vorteile bietet MHP gegenüber konkurrierenden Technologien?
 
Harner: Stellen Sie sich vor, Sie haben fünf verschiedene Videorekorder und sollen diese programmieren. Ein ziemlich schwieriges unterfangen, denn Sie werden feststellen, dass alle unterschiedlich funktionieren. Das Gleiche passiert bei Set-Top-Boxen: Selbst wenn man den Herstellern eine Spezifikation an die Hand geben würde, wie das programmieren funktionieren soll, wird jeder Hersteller diese Spezifikation ein wenig anders umsetzten. MHP sorgt nun dafür, dass sich alle Geräte immer gleich verhalten (vergleichbar mit Windows bei PC’s). Außerdem ist es in der Lage interaktive Applikationen auf dem Bildschirm darzustellen und zu kontrollieren.
 
MHP und beispielsweise Blucom konkurrieren nicht, sondern können sich ergänzen. Bei MHP ist der Vorteil, dass die Interaktivität auf dem Bildschirm stattfindet und nicht auf dem kleinen Display von Handys. Bei MHP kann der Zuschauer beim interaktiven Fernsehen seine Fernbedienung nutzen, während Blucom auf das Handy setzt, das parallel zum Fernseher im Einsatz ist.
 
Darüber hinaus ist MHP für Inhalteanbieter interessanter. Alticast bietet Tools, mit denen Kabelnetzbetreiber oder Programmanbieter eigene MHP-Anwendungen entwickeln und ausstrahlen können. Damit bieten wir end-to-end Lösungen, die MHP-Anbietern alle Möglichkeiten offen lassen und zugleich in die Lage versetzen MHP aus eigener Hand anzubieten.

DF: Wo liegen die Grenzen von MHP?
 
Harner: Auf technischer Seite sehe ich keine Grenzen, ganz im Gegenteil. MHP ist ein offener Standard und wird von vielen Set-Top-Boxen und Inhalteanbietern unterstützt. Jedoch steht und fällt die Verbreitung von MHP mit der Boxenpopulation im Markt. Allein mit MHP-Middleware von Alticast sind über 2,5 Millionen Boxen im Markt. Damit sind wir sehr gut aufgestellt.
 
DF: Wie groß ist die Marktdurchdringung von MHP heute in Deutschland und Europa?
 
Harner: Der MHP-Markt ist ein Wachstumsmarkt. In Europa bereiten zur Zeit TV-Sender in Spanien, Österreich und Dänemark die Ausstrahlung von MHP vor, und die ARD in Deutschland bietet regelmäßig attraktive interaktive Zusatzdienste an. Bezüglich verkaufter Set-Top-Boxen kann ich nicht für die Mitbewerber sprechen, aber Alticast hatte bis Juli 2006 bereits 2,5 Millionen MHP-Receiver im Markt, bis Jahresende werden wir die Drei-Millionen-Grenze weltweit überschreiten. Insgesamt sind sicher fünf bis sechs Millionen MHP Geräte im Markt.
 
DF: Wie sehen Sie die Zukunft von MHP?
 
Harner: Wir haben gelernt, dass MHP nicht von heute auf morgen kommt. Jedoch basieren weltweit drei Standards auf MHP: GEM, OCAP und natürlich MHP selbst. Selbstverständlich unterstützen wir alle diese Standards. In den USA führen alle großen Netzbetreiber, wie z. B. Comcast oder Time Warner OCAP-Dienste ein, und die neuen Blu-ray-Disk Rekorder für Hochauflösendes Fernsehen in HDTV kommen mit GEM. Die Zukunft für offene Standards wie MHP sieht also sehr gut aus.
 
DF: Vielen Dank für das Interview.
 
Sollten Sie mehr über das Thema MHP wissen wollen, dann besuchen Sie doch einfach den MHP-Spezialbereich auf www.digitalfernsehen.de. [lf]

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