Medientage München: HDTV vorerst nur kurzer Hype?

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Bild: © Phongphan Supphakank - Fotolia.com
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München – High Definition Television wird erst ab 2010 TV-Sendern und -Produktionsunternehmen echte Geschäftsperspektiven eröffnen.

Diese Meinung teilten die Diskussionsteilnehmer des Diskussionsforums zum Thema ‚Internationale Vermarktungschancen von HD-Produktionen – High Definition: Nur ein kurzer „Hype“ zur Fußball-WM?‘. Zur Fußballweltmeisterschaft 2006 wird es nur einen kurzen HD-Hype geben. Bei den Diskussionsteilnehmern herrschte Einigkeit darüber, dass sich HD durchsetzen werde. Sie wiesen aber auch darauf hin, dass zur erfolgreichen HD-Einführung noch manche Hindernisse aus dem Weg geräumt werden müssten.
 
„HD ist für die gesamte TV-Industrie ein wichtiger Entwicklungsschritt“, erklärte Dr. Patrick Hörl, Geschäftsführer von Discovery Communications Deutschland. Die Einführung des neuen Standards sei wichtig, weil sie dazu beitrage, dass die Fernsehtechnik im sich verschärfenden Wettbewerb mit dem Internet Boden gutmachen könnte. „HDTV trägt zur Zuschauerbindung bei“, betonte Hörl. Er gehe davon aus, dass 2010 in Europa elf Millionen HD-Haushalte existieren werden, allein 4,4 Millionen davon in Deutschland. „Deshalb startet Discovery seinen ersten HD-Kanal außerhalb der USA auch zuerst in Deutschland“, betonte er. Im Laufe des nächsten Jahres plane Discovery HD-Kanäle auch in anderen europäischen Ländern.
 
Ein funktionierendes Business-Modell biete HDTV in den nächsten Jahren nur im Pay-TV-Bereich. Discovery werde sein Angebot nur auf Original-HD-Produktionen stützen und – anders als dieProSiebenSat.1 Media AG – kein Material zeigen, das vom normalen Standard aus „hochkonvertiert“ worden sei.
 
„Um eine langfristige Vermarktbarkeit von TV-Produktionen zu sichern, muss heute alles in HD produziert werden“, sagte Dr. Susanne Dönitz, Geschäftsführerin von Ottonia Media. Allerdings müsse man davon ausgehen, dass TV-Produktionen mangels HD-Abspielstationen noch über viele Jahre hinweg auch in der SD-Norm (Standard Definition) vermarktbar seien. „Man kann heute wirklich nicht davon reden, dass mit brillanten Bildern gute Geschäfte zu machen sind“, dämpfte Dönitz die HDTV-Euphorie. Dies sei höchstens in kleinen Nischenmärkten der Fall. Neue Distributionswege und Business-Modelle seien nötig. Ottonia setze dabei auf die Vermarktung von HD-Material über HD-DVDs und versuche entsprechende Vermarktungsrechte beim Programmverkauf zu behalten statt sie den Sendern zu überlassen. „HD-DVD ist eine kleine Nische, aber da kommt Geld zurück.“
 
Als Erfolg versprechende Genres für HD-Produktionen bezeichnete die Ottonia-Geschäftsführerin die Sparten Sport, Konzerte und Dokumentationen, insbesondere Tierfilme. Der Start der HD-Produktion bei Ottonia vor fünf Jahren sei der Türöffner gewesen, um mit Japan ins Geschäft zu kommen. „Letztlich lassen sich Produktionen aber nur über Inhalte verkaufen“, warnte Dönitz. Die Tatsache, dass ein Film in HD vorliegt, reiche nicht.

Dass die Fußballweltmeisterschaft 2006 den großen Durchbruch für HD bringt, daran glaubt Susanne Dönitz übrigens nicht: „Das wird frühestens zur Olympiade in Peking 2008 der Fall sein. Die Fußball-WM 2006 bringt nur einen HD-Hype für vier Wochen.“ Auch Patrick Hörl gab sich skeptisch: „Die Leute werden vor der Fußball-Weltmeisterschaft 2006 nicht massenweise HD-ready-Displays kaufen.“ Die WM biete jedoch die Chance, HDTV im Bewusstsein der Menschen stärker zu verankern.
 
Scharfe Kritik äußerte der Discovery-Geschäftsführer an der ARD, deren Geschäftsgebaren in Sachen Rechteverwertung „sehr destruktiv“ sei. „Die ARD versucht möglichst viele Rechte aufzukaufen und im Keller wegzuschließen, damit sie kein anderer nutzen kann“, klagte Hörl. Das ZDF verfolge eine ganz andere Strategie und arbeite gut mit Discovery zusammen. Wie Ottonia-Chefin Dönitz wies auch Lothar Kerestedjian, Geschäftsführer von High-Def Technology in Hamburg, darauf hin, dass es mittlerweile auch HD-Produktionen auf DVD zu kaufen gebe. Kritik übte Kerestedjian auch an der „Räuber-Hotzenplotz-Strategie“ von Premiere-Chef Georg Kofler. „Auf der IFA hat Premiere den HD-Start zum 19. November angekündigt, auf den Medientagen München nun für Dezember, und am Ende wird es dann doch Januar oder Februar, bis es tatsächlich losgeht“, erklärte er. Die TV-Zuschauer würden durch solche Aktionen hochgradig verunsichert.
 
Kerestedjian äußerte Zweifelt daran, ob die von Hörl prognostizierten 4,4 Millionen HD-Haushalte 2010 ausreichen würden, um die öffentlich-rechtlichen und die privaten Free-TV-Programmanbieter in Deutschland zum HD-Engagement zu bewegen. „Wir brauchen mindestens zwanzig Millionen HD-Haushalte“, meinte er und schätzte, zur WM 2006 werde es in deutschen Haushalten höchstens 600 000 Endgeräte mit dem Zertifikat „HD ready“ geben. „Das ist viel zu wenig, um etwas zu bewegen“, kommentierte Kerestedjian.
 
 
Schauen Sie auf www.hdplustv.de – dort erfahren Sie Interessantes zum neuen Fernsehstandard. [mg]

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  • Medien_Maerkte_Artikelbild: © Phongphan Supphakank - Fotolia.com

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