Rundfunkexperte: „Drei-Stufen-Tests zu schwach“

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Bild: © Phongphan Supphakank - Fotolia.com
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Leipzig – Die Verlage kritisieren das ungebremste Wachstum der Öffentlich-Rechtlichen im Internet. Der Staats- und Medienrechtler Christoph Degenhart, Professor an der Universität Leipzig, sieht die angekündigten EU-Beschwerden keineswegs als aussichtslos an.

Die Verlage haben mit jedem abgeschlossenen Drei-Stufen-Test gemahnt, dass mit Gebühren bezahlte Angebote, wietagesschau.de , ihren werbefinanzierten Nachrichtenportalen das Wasser abgraben könnten.“Die Online-Expansion des öffentlich-rechtlichen Rundfunks findet, da durch Gebühren finanziert, nicht zu gleichen Bedingungen statt“ , sagte Medienrechtler Christoph Degenhart DIGITAL FERNSEHEN. Entsprechende Angebote der Verlage würden durch die gebührenfinanzierte Konkurrenz des öffentlich-rechtlichen Rundfunks erschwert.
 
Es sei nun an den Verlagen, ihre juristischen und medienpolitischen Möglichkeiten auszuschöpfen. Eine, durch die Verleger angekündigte, Beschwerde bei der EU (DIGITAL FERNSEHEN berichtete) könnte laut Degenhart Erfolg haben, wenn sich herausstellt, dass der Drei-Stufen-Test tatsächlich nicht zu einer nennenswerten Konkretisierung des Online-Auftrags des öffentlich-rechtlichen Rundfunks führt. Das aber war Gegenstand des sogenannten Beihilfekompromisses, nach dem „nicht sendungsbezogene presseähnliche Angebote“ unzulässig sind. 2003 reichte der Verband Privater Rundfunk und Telekommunikation (VPRT) eine Beschwerde bei der EU-Kommission ein, was zu dem Kompromiss führte. Eine Beschwerde der Verleger bei der EU Kommission würde zu einem Prüfverfahren führen, an dessen Ende die Einleitung eines Vertragsverletzungsverfahrens stehen könnte. Sofern man sich nicht vorher – wie beim Beihilfekompromiss – einig wird.
 
Nach Ansicht des Medienexperten haben sich mit den jüngst abgeschlossenen Drei-Stufen-Tests schon lange von Kritikern monierte Schwächen bestätigt. In Deutschland sind es die Rundfunkräte selbst, die testen.“Die Anstaltsgremien neigen im Zweifel dazu, sich für und nicht gegen die Tätigkeit der eigenen Anstalt auszusprechen“ , kritisierte Degenhart. Mit den Tests wurden ausnahmslos alle Online-Angebote der Öffentlich-Rechtlichen nur mit kleinen Änderungen abgesegnet. Mit diesenschwachenTests würden einer Expansion der Programmtätigkeit der Rundfunkanstalten im Zweifel keine Hindernisse in den Weg gelegt werden.“Der Wert der Tests ist daher gering“ , urteilt der Professor für Rundfunkrecht.
 
Der Rundfunkstaatsvertrag aber hat presseähnliche Angebote vom Funktionsbereich der Öffentlich-Rechtlichen ausgeschlossen. Doch in einem Gutachten für die ARD argumentiert der ehemalige Verfassungsgerichtspräsidenten Hans-Jürgen Papier, dass Web-Publikationen Rundfunk seien. Laut dem Gutachten sind es die Printmedien, die ihr Kerngeschäft überschreiten, wenn sie sich mit eigenen Online-Angeboten präsentieren. Die Öffentlich-Rechtlichen hätten auch im Internet die Pflicht zur „Grundversorgung“. Mit diesem von den öffentlich-rechtlichen Sendern in Auftrag gegebenen Rechtsgutachten versuchen die Anstalten nach Ansicht Degenharts die Regelungen des Beihilfekompromisses nun zu unterlaufen.
 
Bis Ende August müssen die Öffentlich-Rechtlichen ihre Online-Angebote den Tests unterzogen haben, damit werden unter anderem die Auswirkungen auf die private Konkurrenz, die Finanzierbarkeit und die publizistische Relevanz prüft. Das letzte Wort hat in allen Fällen noch die Rechtsaufsicht der jeweiligen Bundesländer. [cg]

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  • Medien_Maerkte_Artikelbild: © Phongphan Supphakank - Fotolia.com

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